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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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sie auch sein mochten. Keiner wollte Krieg, solange die beiden alten Konsuln kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit standen und die beiden neuen sich noch nach möglichen Verbündeten im Senat umsahen.
    Senat und Forum beschäftigten sich also im Dezember vorwiegend mit inneren Angelegenheiten. Man maß den trivialsten Dingen, die konkret mit Rom zu tun hatten, mehr Gewicht bei als der Kriegserklärung der Marser. Hierzu gehörte auch das vakante Priesteramt des Marcus Livius Drusus. Der Pontifex Maximus Ahenobarbus hatte auch jetzt noch, nach so vielen Jahren, nicht verwunden, daß das Amt damals an Drusus gegangen war statt an ihn, und setzte deshalb rasch den Namen seines ältesten Sohnes Gnaeus auf die Kandidatenliste, den er erst vor kurzem mit Cornelia Cinna, der ältesten Tochter des Patriziers Lucius Cornelius Cinna, verlobt hatte. Das Priesteramt stand freilich den Plebejern zu, wie auch Drusus Plebejer gewesen war. So mutete die Kandidatenliste nach Eingang aller Nominierungen denn auch wie ein plebejisches Ehrenverzeichnis an. Auf ihr stand Metellus Pius das Ferkel, der damit haderte, daß man Gaius Aurelius Cotta auf den Platz seines Vaters gewählt hatte. Der Princeps Senatus Scaurus verblüffte dann alle in letzter Minute, indem er einen Patrizier zum Kandidaten kürte: Drusus’ Bruder Mamercus Aemilius Lepidus Livianus.
    »Das ist gesetzeswidrig in zweierlei Hinsicht!« schäumte der Pontifex Maximus Ahenobarbus. »Zum einen ist er Patrizier. Zum anderen ist er ein Aemilius, und du bist schon Pontifex, Marcus Aemilius. Das Amt kann nicht an einen zweiten Aemilius gehen.«
    »Unsinn!« wies Scaurus ihn zurecht. »Ich nominiere ihn nicht als adoptierten Aemilius, sondern als Blutsbruder des verstorbenen Priesters. Er ist ein Livius Drusus, und ich sage, er muß aufgestellt werden.«
    Das Priesterkollegium stimmte schließlich zu, daß Mamercus in diesem Zusammenhang als Livius Drusus behandelt werden müsse, und sein Name wurde auf die Kandidatenliste gesetzt. Wie sich bald herausstellte, hatten die Wähler Drusus sehr gemocht: Mamercus erhielt die Stimmen aller siebzehn Tribus und folgte dem Bruder ins Priesteramt.
    Bedenklicher, so schien es damals zumindest, waren die Umtriebe des Quintus Varius Severus Hybrida Sucronensis. Als das neue Kollegium der Volkstribunen am zehnten Dezember die Arbeit aufnahm, sorgte Quintus Varius sofort dafür, daß ein neues Gesetz eingebracht wurde: Jeder, von dem bekannt war, daß er für die Ausdehnung der Bürgerrechte auf alle italischen Stämme eingetreten war, sollte wegen Hochverrats angeklagt werden. Sofort verhinderten Varius’ neun Kollegen mit ihren Vetos, daß das Gesetz überhaupt erörtert wurde. Nach dem Vorbild des Saturninus füllte Varius daraufhin die Comitia mit gekauften Schlägern und setzte seine Kollegen so stark unter Druck, daß sie ihr Veto zurückzogen. Nachdem er jede weitere Opposition im Keim erstickt hatte, wurde im neuen Jahr ein neuer Gerichtshof ins Leben gerufen, den die Römer bald nur noch die Kommission des Varius nannten. Er hatte sich speziell mit Hochverrat zu befassen und machte denjenigen den Prozeß, die dafür eingetreten waren, den Italikern die Bürgerrechte zu verleihen. Das Gericht, dessen Geschworene nur aus Rittern bestanden, verfuhr freilich nach so unbestimmten und dehnbaren Richtlinien, daß fast jeder vorgeladen werden konnte.
    »Er wird den Gerichtshof dazu benutzen, seine Feinde auszumerzen — und die Feinde des Philippus und des Caepio«, sagte Scaurus, der aus seiner Meinung keinen Hehl machte. »Das werden wir bald sehen! Jedenfalls ist dies das unseligste Gesetz, daß uns je aufgezwungen worden ist.«
    Daß Scaurus recht hatte, zeigte sich an Varius’ erstem Opfer, dem steifen, förmlichen und ultrakonservativen Lucius Aurelius Cotta, der vor fünf Jahren Prätor gewesen war. Cotta war über seinen Vater ein Halbbruder Aurelias. Obwohl er sich nie begeistert dafür eingesetzt hatte, den Italikern die Bürgerrechte zu verleihen, hatte er sich auf Drusus’ Seite geschlagen, als dieser im Senat dafür gekämpft hatte. Ein triftiger Grund für seinen Meinungsumschwung war gewesen, daß er Philippus und Caepio nicht leiden konnte. Und dann hatte er den Fehler gemacht, Quin- tus Varius zu schneiden.
    Dieser Cotta, der älteste Cotta seiner Generation, eignete sich vorzüglich als erstes Opfer der Kommission des Varius. Er war kein Konsular, aber auch kein Hinterbänkler im Senat. Wenn Varius seine Verurteilung

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