MoR 02 - Eine Krone aus Gras
schien es, nicht einmal Sextus Caesar. Scaurus setzte sich zwischen Marius und Catulus Caesar. Lucius Caesar sah die drei an und ließ seinen Blick dann weiter durch die Reihe in Richtung Portal schweifen, zu Sullas Platz. Sein Blick traf Sullas Blick. Lucius Caesar fühlte, daß sein Herz schneller pochte. Was sagten Sullas Augen? Unsäglich viele Dinge.
»Publius Rutilius Lupus, ich biete dir die Gelegenheit, Gaius Marius freiwillig zu deinem ersten Legaten zu ernennen. Wenn du ablehnst, lasse ich den Senat über die Sache abstimmen.«
»Schon gut, schon gut!« schrie Lupus. »Aber nicht als mein einziger erster Legat! Er soll den Posten mit Quintus Servilius Caepio teilen!«
Marius warf den Kopf zurück und lachte schallend los. »Abgemacht!« rief er. »Ein Streitroß, zusammengespannt mit einem Esel!«
Julia wartete natürlich auf Marius, sehnsüchtig, wie nur die treusorgende Frau eines Politikers wartet. Marius hatte schon immer fasziniert, daß sie offenbar instinktiv wußte, wann im Senat etwas ganz Besonderes zur Diskussion stand. Er selbst hatte es nicht einmal geahnt, als er sich heute in die Curia Hostilia aufgemacht hatte. Und sie wußte es!
»Haben wir Krieg?« fragte sie.
»Ja.«
»Steht es sehr schlecht? Nur die Marser oder noch andere?«
»Wohl ungefähr die Hälfte der italischen Bundesgenossen, vielleicht stoßen noch weitere dazu. Ich hätte es schon lange wissen müssen! Scaurus hatte recht. Gefühle vernebeln den Verstand. Drusus wußte es. Wäre er doch noch am Leben, Julia! Dann hätten die Italiker ihr Bügerrecht bekommen. Und wir hätten jetzt keinen Krieg.«
»Marcus Livius mußte sterben, weil es Männer gibt, die den Italikern das Bürgerrecht unter keinen Umständen gönnen.«
»Ja, du hast recht. Natürlich hast du recht.« Er wechselte das Thema. »Meinst du, der Koch bekommt einen Schwächeanfall, wenn wir ihn bitten, morgen abend ein Festessen für eine ganze Sippe zu machen?«
»Ich würde sagen, er gerät in Verzückung. Er beklagt sich immer, daß wir nicht oft genug Gäste empfangen.«
»Gut! Ich habe für morgen nämlich eine ganze Heerschar zum Abendessen eingeladen.«
»Warum, Gaius Marius?«
Er schüttelte den Kopf und blickte sie finster an. »Weil ich das dumpfe Gefühl habe, daß es für viele von uns das letzte Mal ist, mein Schatz. Ich liebe dich, Julia.«
»Und ich liebe dich«, erwiderte sie ruhig. »Wer kommt denn zum Abendessen?«
»Quintus Mucius Scaevola. Ich hoffe doch, daß er der Schwiegervater unseres Jungen wird. Außerdem kommen Marcus Aemilius Scaurus, Lucius Cornelius Sulla, Sextus Julius Caesar, Gaius Julius Caesar und Lucius Julius Caesar.«
Julia schaute ihn ratlos an. »Und die Frauen?«
»Die kommen auch.«
»Oh Schreck!«
»Wieso?«
»Scaurus’ Frau Delmatica! Und Lucius Cornelius!«
»Ach, das ist doch schon Jahre her«, sagte Marius geringschätzig. »Wir lassen die Männer genau nach der Rangordnung auf den Speisesofas Platz nehmen. Dann kannst du die Frauen dort hinsetzen, wo sie am wenigsten Schaden anrichten können. Wie wäre das?«
»Gut, in Ordnung.« Ganz überzeugt wirkte Julia nicht. »Delmatica und Aurelia setze ich wohl besser Lucius und Sextus Julius gegenüber und Aelia und Licinia gegenüber dem Speisesofa in der Mitte. Claudia und ich sitzen Gaius Julius und Lucius Cornelius gegenüber.« Julia kicherte. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Lucius Cornelius mit Claudia geschlafen hat!«
Marius Augenbrauen tanzten heftig auf und ab. »Willst du damit sagen, daß er mit Aurelia geschlafen hat?«
»Nein! Ehrlich, Gaius Marius, manchmal übertreibst du!«
»Und manchmal du«, konterte Marius. »Wo setzt du unseren Sohn hin? Er ist immerhin schon neunzehn.«
Marius’ Sohn saß ganz außen auf dem niedrigsten Sofa, dem untersten Platz, der einem Mann zugewiesen werden konnte. Er beklagte sich nicht. Der Mann mit dem zweitniedrigsten Rang, sein Onkel Gaius Julius, war Stadtprätor gewesen, und über ihm war ein weiterer Stadtprätor, sein Onkel Lucius Cornelius. Die übrigen Männer waren Konsulare, und sein Vater hatte zwei Konsulate mehr als alle anderen zusammen hinter sich. Für den Sohn war das ein angenehmes Gefühl, aber wie konnte er hoffen, einmal den Rekord seines Vaters zu übertreffen? Es gab nur einen Weg: Er mußte noch sehr jung Konsul werden, jünger als Scipio Africanus oder Scipio Aemilius gewesen waren.
Marius wußte, daß er heiraten sollte, und zwar Scaevolas Mädchen. Er kannte Mucia
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