MoR 02 - Eine Krone aus Gras
entschlossen. »Latium ist lang und reicht bis in die nördliche Campania, in jene Hälfte, die wahrscheinlich zu uns halten wird. Ich bezweifle, daß die südliche Campania uns noch treu bleibt, wenn die Aufständischen eine Schlacht gewonnen haben. Es gibt dort zu viele Samniten und Hirpiner. Wir brauchen uns nur Nola anzusehen. Von Latium aus ist der Weg nach Osten durch den Apennin versperrt und nach Süden durch die Pontinischen Sümpfe. Ein Oberkommandierender mit dem Oberbefehl über beide Kriegsschauplätze müßte rasch zwischen zwei weit auseinanderliegenden Gebieten hin und her eilen, zu rasch, um beide Kriegsschauplätze richtig im Auge behalten zu können. Nein, wir müssen an zwei Fronten kämpfen, wenn nicht sogar an dreien. Im Süden kann man wahrscheinlich einen einzelnen Feldzug führen, denn der Apennin ist dort, wo sich Samnium, Apulia und die Campania treffen, am flachsten. Dagegen werden wir am nördlichen und am zentralen Kriegsschauplatz getrennt ms Feld ziehen müssen, denn dort ist der Apennin am höchsten. Die Gebiete der Marser, Paeligner und möglicherweise der Marrukmer bilden einen Kriegsschauplatz, die Länder der Picenter und Vestiner einen zweiten. Mir scheint es unmöglich, daß wir alle Italiker in Schach halten können, wenn wir nur im Zentrum operieren. Wir werden wahrscheinlich ein Heer durch Umbria und das nördliche Picenum auf der adriatischen Seite des Apennin hinab in die aufständischen Gebiete in Picenum schicken müssen. Gleichzeitig stoßen wir von Rom aus nach Osten in das Gebiet der Marser und Paeligner vor.«
Sulla machte eine Pause. Er konnte nicht anders, obwohl er sich diese Schwäche sehr übel nahm. Was dachte Gaius Marius? Wenn ihm nicht gefiel, was Sulla gesagt hatte, konnte er jetzt sprechen. Und Gaius Marius ergriff tatsächlich das Wort. Sulla erstarrte.
»Fahre fort, Lucius Cornelius«, sagte sein alter Lehrmeister. »Bis hierher hätte ich es nicht besser machen können.«
Sullas helle Augen blitzten, ein dünnes Lächeln huschte über seine Lippen. Dann zuckte er mit den Achseln. »Das ist wohl schon alles. Und vergeßt nicht, daß wir davon ausgehen müssen, daß mindestens acht italische Stämme bei dem Aufstand mitmachen. Es ist wohl nicht meine Aufgabe zu bestimmen, wer wo operiert. Allerdings halte ich es für angezeigt, daß zum Kriegsschauplatz im Norden und im Zentrum Männer geschickt werden, die in der Gegend viele Klienten haben. Gnaeus Pompeius Strabo zum Beispiel könnte in Picenum schon auf eine Operationsbasis und auf Tausende von Schutzbefohlenen zurückgreifen, ebenso Quintus Pompeius Rufus, auch wenn mir bekannt ist, daß er dort weniger Einfluß hat. Gaius Marius besitzt in Etruria viel Land mit zahlreichen Schutzbefohlenen, ebenso die Familie von Caecilius Metellus. Quintus Servilius Caepio beherrscht unangefochten Umbria. Diese Männer könnten am nördlichen und mittleren Kriegsschauplatz sehr nützlich sein.«
Sulla beugte leicht den Kopf in die Richtung, wo Lucius Julius Caesar saß, und kehrte an seinen Platz zurück, begleitet von Gemurmel, das er als Bewunderung deutete. Man hatte ihn als ersten nach seiner Meinung gefragt, und das bei einer solchen Gelegenheit. Damit war er schlagartig berühmt. Unglaublich! Ihr Götter, sollte er zuletzt doch noch den richtigen Weg gefunden haben?
»Wir alle haben Lucius Cornelius Sulla für die treffende und scharfsinnige Beruteilung der Lage zu danken«, sagte Lucius Caesar und lächelte vielsagend zu Sulla hinüber. »Ich persönlich stimme ihm zu. Doch was sagt das Haus? Hat jemand andere Gedanken oder Einwände?«
Keiner meldete sich zu Wort.
Der Senatsvorsitzende Scaurus räusperte sich unwirsch. »Du mußt Verfügungen treffen, Lucius Julius«, sagte er. »Wenn die eingeschriebenen Väter nichts dagegen haben, dann bleibe ich selbst lieber in Rom.«
»Ich glaube, du wirst auch in Rom gebraucht, wenn die beiden römischen Konsuln nicht in der Stadt sind«, sagte Lucius Caesar großzügig. »Der Senatsvorsitzende wird unserem Stadtprätor Lucius Cornelius mit dem Beinamen Cinna unschätzbar wertvoll sein.« Er warf einen flüchtigen Blick zur Seite auf seinen Kollegen Lupus. »Publius Rutilius Lupus, würdest du die Bürde auf dich nehmen, im Norden und im Zentrum Roms den Oberbefehl zu führen?« fragte er. »Als erstgewählter Konsul sollte ich doch unbedingt den Kriegsschauplatz befehligen, in dem Capua liegt.«
Lupus’ Augen glühten, seine Brust schwoll. »Mit großem
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