MoR 02 - Eine Krone aus Gras
ertrank. Caepio von Arausio und vom Gold von Tolosa erbte und dachte nicht daran, das Vermögen an das kleine Mädchen weiterzugeben. Er verleibte es einfach seinem schon astronomischen Vermögen ein. Später ging das Erbe der armen Servilia Gnaea dann auf jenen Caepio über, den kürzlich der Marser Silo getötet hat.«
»Das ist widerlich«, sagte Mamercus mit finsterer Miene.
»Ich stimme dir zu. Aber so ist das Leben.«
»Was ist aus Servilia Gnaea geworden? Und aus ihrer Mutter?«
»Nun, sie sind natürlich nicht verhungert. Sie leben sehr bescheiden im Haus des Gnaeus Caepio; Caepio der Konsul und sein Sohn haben es den beiden Frauen überlassen. Nicht als Eigentum, nur als Wohnraum. Wenn das Testament des letzten Quintus Caepio eröffnet wird — ich stecke mitten in dieser Aufgabe —, dann wird man auch von diesem Haus sprechen müssen. Wie du weißt, gehen Caepios gesamte Reichtümer außer der verschwenderischen Mitgift seiner beiden Mädchen an den kleinen Buben, den rothaarigen Caepio!« Scaurus lachte. »Und zu meiner großen Überraschung bin ich zum einzigen Vollstrecker eingesetzt! Ich hätte erwartet, diese Aufgabe mit Philippus zu teilen. Ich hätte es besser wissen müssen. Kein Caepio hat es je versäumt, emsig Vorkehrungen für sein Vermögen zu treffen. Unser kürzlich verstorbener Caepio hat offenbar befürchtet, daß mit Philippus oder Varius als Vollstrecker zuviel davon abhanden kommen könnte. Eine begründete Furcht! Mit Philippus hätte er den Bock zum Gärtner gemacht.«
»Das ist alles sehr aufregend, Marcus Aemilius«, sagte Mamercus, der sich für Stammbäume zu interessieren begann, »aber ich verstehe noch nicht, worauf du hinauswillst.«
»Geduld, Geduld, Mamercus. Ich komme schon noch darauf!«
Mamercus erinnerte sich an die Worte seines Bruders. »Ich kann mir übrigens vorstellen, daß Drusus etwas damit zu tun hat, daß du Testamentsvollstrecker geworden bist. Drusus wußte anscheinend etwas von Caepio und drohte damit, es weiterzugeben, wenn Caepio in seinem Testament nicht angemessen für die Kinder sorgen würde. Möglicherweise hat Drusus dich als Vollstrecker bestimmt. Caepio mußte sich wegen irgendeiner Information sehr vor Drusus in acht nehmen.«
»Wieder das Gold von Tolosa«, sagte Scaurus selbstgefällig. »Das ist es, bestimmt. Ich befasse mich erst seit zwei oder drei Tagen mit Caepios Angelegenheiten, aber die Nachforschungen sind schon faszinierend. Soviel Geld! Den beiden Mädchen hat er eine Mitgift von je zweihundert Talenten hinterlassen, und das liegt noch weit unter dem, was sie hätten erben können — selbst nach der lex Voconia. Der rothaarige Caepio ist der reichste Mann von Rom.«
»Bitte, Marcus Aemilius! Komm zum Schluß!«
»Ja, ja natürlich! Die Ungeduld der Jugend! Da der Erbe minderjährig ist, bin ich gesetzlich dazu verpflichtet, mich um so schäbige Dinge wie das Haus zu kümmern, in dem Servilia Gnaea, jetzt siebzehn, und ihre Mutter Porcia Liciniana noch immer wohnen. Ich habe nun keine Ahnung, was für ein Mensch der rothaarige Caepio wird, und ich habe keine Lust, meinem eigenen Sohn testamentarische Kopfschmerzen zu bereiten. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Caepio im Mannesalter danach fragt, warum ich Servilia Gnaea und ihrer Mutter erlaubt habe, weiterhin kostenlos in diesem Haus zu wohnen. Wenn Caepio ein Mann ist, dann liegt die Sache schon so lange zurück, daß er vielleicht nie davon erfährt. Und von Gesetzes wegen gehört das Haus ihm.«
»Ich verstehe, worauf du hinauswillst, Marcus Aemilius«, sagte Mamercus. »Fahre fort! Es interessiert mich brennend.«
Scaurus lehnte sich nach vorn. »Ich schlage vor, Mamercus, daß du Servilia Gnaea — nicht ihrer Mutter! — eine Arbeit anbietest. Das arme Mädchen hat keinerlei Mitgift. Es hat ihr gesamtes spärliches Erbe gekostet, ihr und ihrer Mutter die fünfzehn Jahre seit dem Tod des Vaters ein einigermaßen angenehmes Leben zu ermöglichen. Porcia Licinianas Sippe ist nicht in der Lage, ihr zu helfen, oder sie will es nicht, was auf dasselbe hinausläuft. Zwischen unserem ersten und unserem heutigen Gespräch habe ich Servilia Gnaea und Porcia Licmiana einen kurzen Besuch abgestattet, und zwar vorgeblich als Vollstrecker von Caepios letztem Willen. Nachdem ich ihnen mein Dilemma geschildert hatte, blickten sie voller Verzweiflung in die Zukunft. Ich habe ihnen erklärt, daß ich das Haus verkaufen müsse, damit nicht herauskomme, daß in der Erbmasse die Miete
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