MoR 02 - Eine Krone aus Gras
spielte er die Rolle von Marius’ geschicktem Lakai. Marius, dachte Sulla, während er das Getümmel von einer Anhöhe aus beobachtete. Marius legte die Strategie fest, bestimmte die Taktik und brachte alles erfolgreich zum Abschluß, und er, Sulla, stand auf der falschen Seite einer verdammten Mauer und pickte wie ein Bettler die Krümel auf, die Marius ihm übrigließ. Marius kannte sich selbst und Sulla nur zu gut.
Sulla wünschte inständig, daß man keinen Jubelausbruch von ihm erwartete. Nach erledigter Aufgabe setzte er sich auf seinen Maulesel und ritt den langen Weg an die Via Valeria zu Gaius Marius. Er informierte Marius, alles sei planmäßig verlaufen, er habe die verbliebenen Marser aufgerieben.
»Ich bin Silo persönlich gegenübergestanden!« brüllte Marius im üblichen Ton nach der Schlacht. Er klopfte Sulla auf den Rücken, legte dem geschätzten Stellvertreter den Arm um die Schultern und führte ihn ins Kommandozelt. »Sie waren vollkommen überrumpelt, sie hatten nicht mit uns gerechnet. Ich nehme an, weil die Gegend ihre Heimat ist. Ich bin wie der Blitz in sie hineingefahren, Lucius Cornelius! Das hätten sie sich nie träumen lassen, daß Asinius unterliegt! Keiner hat es ihnen gesagt, sie wußten nur, daß er losmarschiert war, weil ich aus Reate endlich ausgerückt bin. Ich habe sie an einer unübersichtlichen Ecke überrascht und bin geradewegs auf sie zu marschiert. Sie waren zur Verstärkung von Asinius unterwegs. Als ich vor ihnen auftauchte, war ich gerade so weit entfernt, daß sie mich nicht zur Schlacht zwingen konnten. Ich stellte meine Männer im Viereck auf und täuschte eine Abwehrstellung vor, als wäre ich nicht zum Angriff vorbereitet.
>Wenn du ein so großer Feldherr bist, Gaius Marius,< schrie Silo auf dem Pferd, >dann komm und kämpf mit mir!< >Wenn du ein so großer Feldherr bist,< schrie ich zurück, >dann zeig du es mir!< Was er daraufhin hat tun wollen, werden wir nie erfahren. Seine Männer stürmten ohne seinen Befehl wild drauflos. Tja, er hat es mir leichtgemacht. Ich weiß, wie man es anpacken muß, Lucius Cornelius. Und Silo weiß es nicht. Ich sage >weiß<, nicht >wußte<, er ist ungeschoren davongekommen. Als eine Panik unter seinen Leuten ausbrach, sprengte er nach Osten davon. Er wird wohl nicht eher haltmachen, als bis er bei Mutilus ist. Jedenfalls habe ich den Marsern nur einen Rückzugsweg gelassen — den durch die Weingärten. Ich wußte, daß du dort wartest und den Rest erledigst. Und genauso kam es.«
»Sehr gut gemacht, Gaius Marius«, sagte Sulla und meinte es ganz ehrlich.
Sie feierten ihren Sieg, Marius, Sulla und ihre Stellvertreter — und Marius’ Sohn, strahlend vor Stolz auf den Vater, bei dem er als Kadett diente. Aha, der Nachwuchs ist auch da, dachte Sulla und schaute weg.
Erneut wurde eine Schlacht geschlagen, und sie dauerte fast noch länger als die Schlacht gegen die Marser. Als der Spiegel des Weines in der Amphore tiefer sank, wandte sich das Gespräch unvermeidlich wieder der Politik zu, es ging um das geplante Gesetz des Lucius Caesar. Marius’ Leute hörten zum ersten Mal davon und waren schockiert. Sie reagierten unterschiedlich, aber einhellig in der Ablehnung. Es waren Soldaten, Männer, die seit sechs Monaten kämpften und Tausende Kameraden verloren hatten; sie waren im übrigen der Meinung, daß ihnen die Tattergreise und Memmen in Rom wenig Chancen gegeben hätten, richtig in Schwung zu kommen und zu siegen. Der Senat in der sicheren Stadt sei eine Schar vertrockneter, alter vestalischer Jungfrauen. Die rüdeste Kritik erntete Philippus, und Lucius Caesar kam nicht viel besser weg.
»Die ganze Sippe Julius Caesar besteht aus überzüchteten Nervenbündeln«, sagte Marius mit purpurrotem Gesicht. »Leider mußten wir gerade in dieser Krise einen Julius Caesar als ersten Konsul haben. Ich wußte von vornherein, daß er versagen würde.«
»Das hört sich so an, Gaius Marius, als hättest du etwas dagegen, daß wir den Italikern Zugeständnisse machen«, sagte Sulla.
»Ich habe in der Tat etwas dagegen. Vor Ausbruch dieses Krieges war das etwas anderes. Aber wenn sich ein Volk zum Feind Roms erklärt hat, ist es auch mein Feind. Und zwar für immer.«
»So denke ich auch«, stimmte Sulla zu. »Wenn Lucius Caesar sein Gesetz beim Senat und beim Volk durchbekommt, dann wird es jedenfalls wahrscheinlicher, daß Etrurien und Umbrien überlaufen. Ich habe gehört, es habe an beiden Orten neue Aufstände
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