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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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er heraus. »Ich kann den Oberbefehl führen.«
    »Ja, natürlich kannst du das«, beschwichtigte ihn Marius. »Für eine gewisse Zeit sicher, das streite ich gar nicht ab. Aber du hast das Befehlen nicht in den Knochen, Lucius Cornelius.«
    »Gutes Befehlen kann man lernen«, sagte Sulla trotzig.
    »Gutes Befehlen kann man lernen, und du hast es gelernt. Aber wenn du es nicht in den Knochen hast, Lucius Cornelius, dann kannst du nie mehr als gut befehlen.« Marius war sich nicht bewußt, wieviel Geringschätzung seine Worte ausdrückten. »Manchmal reicht es nicht, wenn man gut befiehlt. Man muß hervorragend befehlen können. Und das hat man in den Knochen oder nicht.«
    »Eines Tages«, sagte Sulla nachdenklich, »muß die römische Wölfin ohne dich auskommen, Gaius Marius. Und dann — nun, wir werden sehen! Dann führe ich den Oberbefehl!«
    Marius begriff noch immer nicht, ahnte nicht einmal, was Sulla dachte. Statt dessen gluckste er fröhlich: »Nun, Lucius Cornelius, wenn der Tag da ist, hoffen wir, daß Rom nur einen guten Oberbefehlshaber braucht. Nicht wahr?«
    »Wie du meinst«, sagte Lucius Cornelius Sulla.

    Das Ärgerliche war, daß Marius’ Plan — natürlich! — wieder vollkommen aufging. Sulla rückte mit seinen Legionen ohne Feindberührung bis Sora vor, dann schlug er in einer Schlacht, die nicht mehr als ein Scharmützel war, eine kleine Armee Picenter unter Titus Herennius. Von Sora bis zur Quelle des Liri traf er nur latinische und sabinische Bauern, und sie begrüßten ihn mit so offenkundiger Freude, daß er sie entgegen Marius’ Befehl am Leben ließ. Viel eher würden ihn die Picenter verraten, die bei Sora hatten entkommen können, aber er hatte es so aussehen lassen, als sei er im Auftrag des Lucius Caesar zu dieser Stadt marschiert und wolle östlich der Melfa-Schlucht wieder zu ihm stoßen.
    Es blieb zu hoffen, daß die restlichen Picenter des Titus Herennius und die Paeligner Sulla genau am falschen Platz auflauerten.
    Sulla blieb in ständigem Kontakt mit Marius und erfuhr, daß alles glatt verlaufen war und die Truppen an der Via Valeria hinter Carseoli in Stellung gegangen waren. Herius Asinius und seine Marrukiner hatten die Straße an der Stelle freizukämpfen versucht und eine vernichtende Niederlage erlitten: Marius hatte sie überlistet und ein Ausweichmanöver vorgetäuscht. Herius Asinius kam mit dem Großteil seiner Armee ums Leben. Marius marschierte daraufhin völlig unbehelligt weiter nach Westen in Richtung Alba Fucentia, mit seinen vier Legionen aus siegesgewissen Soldaten — wie hätten sie unter der Führung des arpinischen Fuchses auch unterliegen sollen? Ihre Feuertaufe hatten sie bestens bestanden.
    Sulla marschierte parallel zu Marius den Flußlauf hinauf, bis die trennende Wasserscheide des Hochlandes in das flache marsische Becken um den Lacus Ficinus auslief. Aber auch jetzt hielt Sulla noch zehn Meilen Abstand zu Marius und verbarg sich in einer Deckung, die wie gerufen kam. Die Deckung verdankte er der Liebe der Marser zu selbstgekeltertem Wein. Trotz der ungünstigen Verhältnisse bauten sie ihren eigenen Wein an. Das Land südlich der Via Valeria war ein befestigter Weingarten, weithin erstreckten sich Reben zwischen hohen Mauern gegen die eisigen Winde, die gerade zu der Jahreszeit aus den Bergen herabpfiffen, wenn die zarten Weinblüten sich öffneten und die Insekten zur Bestäubung ruhige Luft benötigten. Jetzt tötete Sulla jeden, der ihm begegnete, vor allem Frauen und Kinder. Außer den Alten dienten alle Männer in den Dörfern und auf den Höfen um den See herum in der Armee.
    Sulla bekam genau mit, wann sich Marius den Marsern zum Kampf stellte. An jenem Tag blies der Wind aus dem Norden und trug ihm über die ummauerten Weingärten den Lärm der Schlacht so deutlich zu, daß seine Männer fast glaubten, sie fände mitten in den Reben statt. Durch einen Kurier hatte Sulla im Morgengrauen erfahren, daß die Schlacht wahrscheinlich an diesem Tag stattfinden würde. Er ließ seine Truppen deshalb in einer acht Mann tiefen Linie hinter den drei Meter hohen Einfriedungen der Weingärten Stellung beziehen und wartete ab.
    Tatsächlich stolperten etwa vier Stunden nach Beginn der Schlacht die flüchtenden Marser durch die Steinwälle hindurch — direkt in die gezückten Schwerter von Sullas kampfeslustigen Legionären. An einigen Stellen setzten sich die Marser erbittert zur Wehr, doch nirgends geriet Sulla in ernste Bedrängnis.
    Wie immer

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