MoR 02 - Eine Krone aus Gras
daß er sich nicht aufregen durfte. Auch jetzt noch, wo er so krank war, sah Julia in Marius ihren Retter in der Not.
»Was ist denn, mein Liebling?«
»Es geht um unseren Sohn!« Sie bemerkte das blanke Entsetzen auf dem Gesicht ihres Mannes und sprach hastig weiter. »Nein, nein, tot ist er nicht, ich sollte dich nicht so ängstigen, aber ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Ich weiß nicht mehr ein noch aus.«
»Dann setz dich, Julia, und komm zu dir. Ich setze mich neben dich, und Gaius Julius nimmt auf der anderen Seite Platz. Und dann erzählst du es uns beiden: ruhig, klar und immer schön eins nach dem anderen.«
Julia setzte sich. Marius und der junge Caesar nahmen rechts und links von ihr Platz. Jeder ergriff eine Hand und tätschelte sie.
»Nun erzähl«, sagte Marius.
»Es hat eine furchtbare Schlacht gegen Quintus Poppaedius Silo und die Marser gegeben. Irgendwo bei Alba Fucentia, glaube ich. Die Marser haben gewonnen. Aber unsere Männern haben sich ohne größere Verluste zurückziehen können«, berichtete Julia.
»Gut, so ist es besser«, sagte Marius mit ernster Stimme. »Weiter. Ich nehme an, das ist noch nicht alles.«
»Der Konsul Lucius Cato ist gefallen, kurz bevor unser Sohn den Rückzug befohlen hat.«
»Unser Sohn hat den Rückzug befohlen?«
»Jawohl.« Julia hielt gewaltsam die Tränen zurück.
»Woher weißt du das alles, Julia?«
»Quintus Lutatius wollte dich heute morgen besuchen. Er hat den marsischen Kriegsschauplatz sozusagen offiziell inspiziert, wahrscheinlich weil Lucius Cato ständig Schwierigkeiten mit den Truppen hat. Ich weiß nicht, ich bin nicht sicher.« Julia faßte Caesars Hand, als er ihr gerade über den Kopf streichen wollte.
»Es ist jetzt egal, warum Quintus Lutatius den marsischen Kriegsschauplatz besucht hat«, sagte Marius streng. »Ich nehme an, er war bei der Schlacht dabei, die Cato verloren hat?«
»Nein, er war in Tibur, wohin sich unsere Armee anschließend zurückgezogen hat. Offenbar war es ein Debakel. Die Soldaten liefen führungslos durcheinander. Als einziger scheint unser Sohn einen klaren Kopf behalten zu haben. Deshalb ließ er zum Rückzug blasen. Er versuchte auf dem Weg nach Tibur, wieder Ordnung in die Reihen zu bringen, was ihm aber nicht gelungen ist. Die armen Kerle waren wie von Sinnen.«
»Und warum... was ist so schlimm, Julia?«
»In Tibur wartete ein Prätor. Ein neuer Legat, der zu Lucius Cato abkommandiert war. Lucius Cornelius Cinna... Das ist der Name, den Quintus Lutatius genannt hat, ganz bestimmt. In Tibur übernahm Lucius Cinna von unserem Sohn das Kommando, und alles schien in Ordnung. Lucius Cinna hat unseren Sohn sogar gelobt für seine Geistesgegenwart.« Julia nahm die Hände von Marius und Caesar und drückte sie aneinander.
»Du sagst >schien<. Was ist dann passiert?«
»Lucius Cinna hat eine Versammlung einberufen, um festzustellen, welche Fehler gemacht worden sind. Es waren nur noch wenige Tribunen und Kadetten übrig, die man verhören konnte, die Legaten sind anscheinend alle gefallen. Es ist jedenfalls keiner nach Tibur zurückgekommen.« Julia bemühte sich verzweifelt, nicht die Fassung zu verlieren. »Als Lucius Cinna dann die näheren Umstände wissen wollte, wie Konsul Cato ums Leben gekommen war, hat ein Kadett behauptet, unser Sohn hätte ihn ermordet!«
»Ich verstehe«, sagte Marius ruhig und mit regloser Miene. »Gut, Julia, du kennst die Angelegenheit, ich nicht. Sprich weiter.«
»Der Kadett behauptete, Marius habe versucht, Lucius Cato zu überreden, er solle den Rückzug befehlen. Lucius Cato soll ihn angefahren und als Sohn eines italischen Verräters beschimpft haben. Er habe sich geweigert, zum Rückzug zu blasen. Angeblich hat er gesagt, lieber sollten alle Römer auf dem Schlachtfeld sterben, als in Schande zu leben. Dann soll er sich voller Verachtung weggedreht haben. Der Kadett behauptet, unser Sohn habe Lucius Cato das Schwert bis zum Schaft in den Rücken gestoßen! Anschließend habe er das Kommando übernommen und den Rückzug befohlen.« Julia brach in Tränen aus.
»Konnte Quintus Lutatius nicht auf mich warten? Was belastet er dich mit solchen Nachrichten?« fragte Marius barsch.
»Er hatte wirklich keine Zeit, Gaius Marius.« Sie wischte sich die Tränen ab und rang um Fassung. »Er ist mit einer dringenden Mission von Capua losgeschickt worden und mußte sofort weiter. Er sagte sogar, er hätte eigentlich gar nicht nach Rom und zu uns kommen dürfen. Wir
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