MoR 02 - Eine Krone aus Gras
hatte. Angeführt wurde die Delegation von einem Vetter des Königs namens Pelopidas.
»Mein Vetter König Mithridates ersucht den Prokonsul Manius Aquillius unterwürfigst, König Nikomedes zu befehlen, sich mit seiner Armee nach Bithynien zurückzuziehen«, sagte Pelopidas, der wie ein griechischer Bürger gekleidet und ohne jegliche militärische Begleitung nach Pergamon gekommen war.
»Das ist unmöglich, Pelopidas«, erwiderte Manius Aquillius. Er saß auf einem Thron und hielt als Zeichen seiner Macht das Elfenbeinzepter in der Hand. Um ihn stand ein Dutzend rotgekleideter Liktoren, aus deren fasces Äxte ragten. »Bithynien ist ein selbständiger Staat — mit Rom befreundet und verbündet, zugegeben, aber dennoch völlig eigenständig. Ich kann König Nikomedes keine Befehle erteilen.«
»In diesem Fall, Prokonsul, bittet mein Vetter König Mithridates unterwürfigst um Erlaubnis, sich und sein Reich gegen die Verwüstungen durch die bithynischen Truppen verteidigen zu dürfen.«
»Weder König Nikomedes noch die bithynische Armee bewegen sich auf pontischem Boden«, sagte Manius Aquillius. »Daher untersage ich deinem Vetter König Mithridates aufs schärfste, auch nur einen Finger gegen König Nikomedes und seine Armee zu erheben. Unter gar keinen Umständen, richte das deinem König aus, Pelopidas! Unter gar keinen Umständen.«
Pelopidas seufzte, zog die Schultern hoch und breitete die Hände in einer ganz unrömischen Geste aus. Dann sagte er: »Unter diesen Umständen habe ich den Auftrag, Prokonsul, dir folgende Botschaft von König Mithridates zu überbringen: Auch ein Mann, der weiß, daß er verliert, wehrt sich!«
»Sollte dein königlicher Vetter zurückschlagen, wird er allerdings verlieren«, sagte Aquillius und gab den Liktoren mit einem Kopfnicken zu verstehen, daß sie Pelopidas hinausgeleiten sollten.
Nachdem der pontische Adlige gegangen war, verfielen die Anwesenden in Schweigen, das erst von Gaius Cassius gebrochen wurde, der mißbilligend bemerkte: »Ein pontischer Würdenträger aus der Abordnung des Pelopidas hat mir verraten, daß Mithridates beabsichtigt, sich mit einem Protestschreiben direkt an Rom zu wenden.«
Erstaunt sah Aquillius auf. »Was kann ihm das nützen? In Rom hat niemand Zeit, ihm zuzuhören.«
Als Pelopidas einen Monat später wiederkam, mußten freilich wenigstens die Römer in Pergamon ihm wieder zuhören.
»Mein Vetter König Mithridates schickt mich mit der erneuten Bitte, sein Land verteidigen zu dürfen.«
»Sein Land wird nicht bedroht, Pelopidas, meine Antwort ist also immer noch Nein«, sagte Manius Aquillius.
»Dann hat mein Vetter leider keine andere Wahl, als dich, den Prokonsul, zu übergehen und sich offiziell beim Senat und dem Volk von Rom zu beschweren, daß eine römische Delegation in Kleinasien die bithynische Aggression unterstützt und gleichzeitig dem Volk von Pontos verweigert, sich dagegen zu wehren.«
»Dein edler König und Vetter sollte lieber seine Finger davon lassen, verstanden?« zischte Aquillius verärgert. »Und was Pontos und Kleinasien anbetrifft, so vertrete ich hier den Senat und das Volk von Rom! Und jetzt entferne dich und lasse dich hier nicht mehr blicken!«
Pelopidas hielt sich noch einige Zeit in Pergamon auf, um herauszufinden, was es mit den geheimnisvollen Truppenbewegungen auf sich hatte, die Gaius Cassius in Gang gesetzt hatte. Noch während er in Pergamon weilte, wurde bekannt, daß Mithridates von Pontos und Tigranes von Armenien die kappadokischen Grenzen verletzt und ein Sohn des Mithridates namens Ariarathes — niemand wußte, um welchen der vielen Söhne namens Ariarathes es sich handelte — zum wiederholten Male versuchte, den kappadokischen Thron zu besteigen. Unverzüglich schickte Manius Aquillius nach Pelopidas und sagte ihm, sowohl Pontos als auch Armenien müßten sich aus Kappadokien zurückziehen.
»Sie werden tun, was man ihnen sagt, weil sie Angst vor römischen Vergeltungsmaßnahmen haben«, sagte Aquillius selbstsicher zu Gaius Cassius. Er fror. »Es ist kalt hier, Gaius Cassius! Gibt es in der Provinz Asia nicht genügend Holz, um ein anständiges Feuer im Palast zu machen?«
Als es Februar wurde, war die Stimmung im Palast des Statthalters von Pergamon so zuversichtlich geworden, daß Aquillius und Cassius immer kühnere Pläne schmiedeten. Warum sollten sie an der Grenze von Pontos haltmachen? Warum sollten sie nicht dem König von Pontos eine längst fällige Lektion erteilen
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