MoR 02 - Eine Krone aus Gras
und in sein Land einmarschieren? Die Legion der Provinz Asia war kampfbereit, die zwischen Smyrna und Pergamon stationierten Milizen waren ebenfalls in einem guten Zustand, und Gaius Cassius war außerdem auf eine glänzende Idee gekommen.
»Wir könnten zu unseren Streitkräften noch zwei weitere Legionen hinzufügen, wenn Quintus Oppius von Kilikien noch mit von der Partie wäre. Ich werde nach Tarsos schicken und Quintus Oppius zu einer Beratung über das zukünftige Schicksal Kappadokiens nach Pergamon kommen lassen. Oppius ist nur ein Proprätor, ich bin immerhin ein Prokonsul. Er muß mir gehorchen. Ich werde ihm sagen, daß wir Mithridates von hinten überraschen wollen und nicht in Kappadokien einmarschieren müssen.«
»Man erzählt sich«, sagte Aquillius träumerisch, »daß in KleinArmenien über siebzig befestigte Speicher bis unter das Dach mit Mithridates’ Gold gefüllt sind.«
Cassius, ein kriegerischer Mann aus einer kriegerischen Familie, ließ sich von solchen Träumereien nicht ablenken. Eifrig erläuterte er: »Wir marschieren von vier verschiedenen Stellen am Halys in Pontos ein. Die bithynische Armee kann sich um Sinope und Amisos am Schwarzen Meer kümmern und dann am Halys entlang landeinwärts ziehen — da werden die Soldaten reiche Beute machen, aber immerhin haben sie auch die meisten Pferde und Lasttiere. Aquillius, du ziehst mit meiner Hilfslegion nach Galatien und schlägst dort los. Ich selbst führe meine Milizen den Mäander hinauf und stoße nach Phrygien vor. Quintus Oppius kann in Attaleia landen und nach Pisidien marschieren. Wir stoßen dann zwischen dir und den Bithyniern auf den Halys. Mit vier getrennt schlagenden Armeen werden wir Mithridates zur Verzweiflung bringen. Er wird nicht mehr wissen, wo ihm der Kopf steht und was er noch unternehmen soll. Er ist ein unbedeutender, kleiner König, mein lieber Manius Aquillius! Ein König, der mehr Gold als Soldaten hat.«
»Es wird keinen Ausweg mehr für ihn geben«, sagte Aquillius lächelnd. Er träumte immer noch von den siebzig goldgefüllten Speichern.
Cassius räusperte sich hörbar. »In einem Punkt müssen wir allerdings vorsichtig sein«, sagte er mit veränderter Stimme.
Manius Aquillius horchte auf. »Und das wäre?«
»Quintus Oppius ist ein Mann vom alten Schlag — das ewige Rom und die Ehre gehen ihm über alles, und der bloße Gedanke, sich etwas Geld durch außerplanmäßige, >unseriöse< Aktivitäten verschaffen zu wollen, ist für ihn verdammungswürdig. Wir dürfen nichts unternehmen oder sagen, was ihn vermuten lassen könnte, das eigentliche Ziel unseres Feldzugs sei etwas anderes als Kappadokien Gerechtigkeit zu verschaffen.«
Aquillius kicherte. »Um so besser für uns!«
»Der Meinung bin ich auch«, erwiderte Gaius Cassius zufrieden.
Pelopidas versuchte, die Schweißtropfen, die ihm von der Stirn in die Augenbrauen liefen, zu ignorieren und das Zittern seiner Hände zu verbergen. »Und dann, großer König, entließ mich der Prokonsul Aquillius«, schloß er seinen Bericht.
Der König zeigte keinerlei Regung, und sein Gesichtsausdruck hatte sich während der Audienz nicht verändert. Er sah ruhig, teilnahmslos, fast gelangweilt aus. König Mithridates VI., genannt Eupator, war jetzt vierzig Jahre alt und seit dreiundzwanzig Jahren auf dem Thron. Von Augenblicken heftigster Verstimmung abgesehen, wußte er sich zu beherrschen. Sicher, die Nachrichten Pelopidas’ hatten ihn außerordentlich verstimmt, aber er hatte nichts anderes erwartet.
Seit jenem Tag vor zwei Jahren, als er erfahren hatte, daß Rom seine italischen Verbündeten bekriegte, war er in einem Zustand hoffnungsvoller Erwartung. Instinktiv hatte er seine Chance erkannt, er hatte sogar an Tigranes geschrieben und den Schwiegersohn aufgefordert, sich bereit zu halten. Nachdem Tigranes ihm blinde Loyalität versprochen hatte, hatte er beschlossen, zunächst einmal den Römern den Krieg in Italien so schwer wie möglich zu machen. Er hatte eine Abordnung in die neue italische Hauptstadt entsandt und den Italikern Quintus Poppaedius Silo und Gaius Papius Mutilus Geld, Schiffe und sogar zusätzliche Truppen angeboten. Zu seinem Erstaunen kehrten seine Gesandten unverrichteter Dinge zurück. Silo und Mutilus hatten das Angebot aus Pontos empört zurückgewiesen.
Gekränkt hatte sich der König von Pontos in seinen Palast zurückgezogen und Tigranes von Armenien angewiesen zu warten, bis die Zeit reif sei. Natürlich fragte er sich,
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