MoR 02 - Eine Krone aus Gras
mußte Pompeius Rufus Rom verlassen, wo der Anblick der Soldaten seine zartes Gemüt verstörte.
Sulla beobachtete selbst fasziniert, wie er sich angesichts seiner ungeheuren Machtfülle veränderte, und die Veränderung verschaffte ihm Genugtuung. Es befriedigte ihn und erleichterte seine inneren Qualen, daß er jetzt Menschen durch Gesetze vernichten konnte statt durch Mord, der früher sein letztes Mittel gewesen war. Das gesamte Staatswesen einzusetzen, um Gaius Marius zu vernichten, verschaffte Sulla höheren Genuß, als wenn er Gaius Marius eine Dosis langsam wirkenden Giftes verabreicht hätte, ja mehr sogar, als wenn er Gaius Marius beim Sterben die Hand hätte halten können. Mit diesem Verständnis der Staatskunst stieß Sulla in ganz neue Dimensionen vor. Aus einer schwindelerregenden Höhe, die nur wenige erklommen, blickte er auf seine verzweifelt zappelnden Marionetten herunter wie ein Gott auf dem Olymp, frei von jeglichen moralischen wie ethischen Bedenken.
Und so machte er sich daran, Quintus Pompeius Rufus mit neuen, raffinierten Mitteln zu beseitigen, und damit schulte er gleichzeitig seinen Verstand und ersparte sich viel Ärger. Warum sollte er das Risiko eingehen, bei einem Mord erwischt zu werden, wenn er andere in seinem Auftrag morden lassen konnte?
»Mein lieber Quintus Pompeius, du solltest eine Weile ins Feld gehen«, sagte Sulla ernsthaft und liebevoll zu seinem Kollegen. »Es ist mir nicht entgangen, daß du seit dem Tod unseres lieben Sohnes niedergeschlagen und mutlos bist. Du kannst die Ereignisse nicht mehr mit kühlem Verstand einschätzen, und du siehst nicht, was für Umwälzungen des Staatswesens durch uns Wirklichkeit werden. Jede Kleinigkeit wirft dich um! Aber ich glaube nicht, daß du Erholung brauchst. Am besten täte es dir, wenn du eine Weile hart arbeiten müßtest.«
Quintus Pompeius sah voll ehrlicher Zuneigung und Verehrung zu Sulla auf. Was für ein Privileg war es doch, neben einem solchen Mann, der Geschichte machte, Konsul zu sein! Wer hätte das geahnt, als sie damals ihr Bündnis schlossen! »Natürlich hast du recht, Lucius Cornelius«, sagte er. »Wahrscheinlich in allen Punkten. Aber ich kann mich nur schwer damit abfinden, was geschehen ist. Und immer noch geschieht. Wenn du eine Aufgabe hast, wo ich mich nützlich machen kann, erfülle ich sie von Herzen gerne.«
»Es gibt da eine wichtige Sache, die du übernehmen kannst — eine Aufgabe, die nur ein Konsul bewältigen kann«, sagte Sulla eifrig.
»Und zwar?«
»Du kannst Pompeius Strabo als Feldherr ablösen.«
Den Konsul fröstelte plötzlich, und er sah Sulla auf einmal ängstlich an. »Aber Pompeius Strabo will sein Kommando doch ebensowenig abgeben wie du!«
»Im Gegenteil, mein lieber Quintus Pompeius. Ich habe kürzlich einen Brief von ihm erhalten, in dem er anfragt, ob er nicht abgelöst werden könne. Und er bittet darum, daß du ihn ablöst. Als Landsmann aus Picenum und so weiter — du verstehst schon! Seine Truppen wollen keinen Feldherr, der nicht aus Picenum stammt.« Bei Sullas Worten leuchteten die Augen seines Kollegen freudig auf. »Deine Hauptaufgabe wird darin bestehen, die Truppen zu entlassen. Im Norden wird keinerlei Widerstand mehr geleistet, wir brauchen kein Heer mehr dort oben, und Rom kann es sich wirklich nicht leisten, weiterhin eines zu bezahlen.« Sullas Miene wurde ernst. »Ich biete dir damit keinen ruhigen Posten an, Quintus Pompeius. Ich weiß, warum Pompeius Strabo so plötzlich abgelöst werden will. Er will mit der Entlassung seiner Männer nichts zu tun haben. Ein anderer Pompeius soll es tun!«
»Das macht mir nichts aus, Lucius Cornelius.« Pompeius Rufus straffte die Schultern. »Ich bin dankbar für diese Aufgabe.«
Am nächsten Tag verkündete der Senat einen Beschluß: Gnaeus Pompeius Strabo wurde seines Kommandos enthoben, Quintus Pompeius Rufus wurde sein Nachfolger. Wenig später verließ Quintus Pompeius Rufus Rom, mit dem beruhigenden Wissen, daß noch keiner der flüchtigen Verurteilten gefaßt worden und er daher mit dieser faulen Sache auch nicht in Verbindung gebracht werden konnte.
Sulla übergab ihm vor der Abreise ein versiegeltes Dokument, den Senatsbeschluß, und einen Brief. »Du kannst eigentlich gleich dein eigener Kurier sein. Aber tu mir bitte einen Gefallen, Quintus Pompeius — gib Pompeius Strabo diesen Brief von mir, bevor du ihm den Senatsbeschluß überreichst, und bitte ihn, zuerst den Brief zu lesen.«
Da Pompeius Strabo
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