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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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andere Frauen um ihn geweint hatten, waren aus Selbstsucht geflossen. Die Frauen hatten um ihre gebrochenen Herzen geweint, nicht um ihn. Doch sie, die niemals weinte, hatte um ihn geweint.

    Ein anderer Mann wäre vielleicht weich geworden und hätte noch einmal nachgedacht. Nicht Sulla. Als er nach langem Fußmarsch sein Haus erreichte, war die Hochstimmung aus seinem Bewußtsein verschwunden. Er speiste gutgelaunt mit Delmatica zu Abend, zog sie ins Bett und liebte sie, dann schlief er traumlos und wie immer zehn Stunden — wenn er träumte, so erinnerte er sich zumindest nicht daran. Eine Stunde vor Tagesanbruch erwachte er, stand auf, ohne seine Frau zu wecken, nahm ein Stück des knusprigen, frisch gebackenen Brotes und etwas Käse mit in sein Arbeitszimmer und starrte beim Essen abwesend auf eine Kiste, die etwa die Größe eines der Reliquienschreine seiner Vorfahren hatte. Die Kiste stand auf seinem Schreibtisch, und sie enthielt den Kopf des Publius Sulpicius Rufus.
    Die anderen Verurteilten waren entkommen. Nur Sulla und einige wenige Kollegen wußten, daß man auch nicht viel unternommen hatte, um sie zu ergreifen. Sulpicius jedoch mußte beiseite geschafft werden, und deshalb hatte man ihn fangen müssen.
    Mit der Bootsfahrt über den Tiber hatte Sulpicius eine falsche Spur legen wollen. Weiter flußabwärts setzte er wieder über den Fluß und steuerte an Ostia vorbei auf die kleine, wenige Kilometer weiter gelegene Hafenstadt Laurentum zu. Dort versuchte der Fliehende ein Schiff zu bekommen — und dort wurde er unter Mithilfe seiner eigenen Diener zur Strecke gebracht. Die von Sulla gedungenen Männer töteten Sulpicius sofort, kannten Sulla aber gut genug, um zu wissen, daß er nicht zahlen würde, wenn er keine Beweise sah. Also schnitten sie Sulpicius’ Kopf ab, steckten ihn in eine wasserdichte Kiste und brachten diese zu Sulla nach Rom. Dann bekamen sie ihr Geld und Sulla den Kopf, der immer noch relativ frisch war, da man ihn erst zwei Tage zuvor vom Leib getrennt hatte.
    Am Tag seiner Abreise aus Rom, an jenem zweiten Januar, ließ Sulla Cinna zum Forum rufen. An der Wand der Rednerbühne war ein langer Speer mit Sulpicius’ Kopf auf der Spitze befestigt. Sulla packte Cinna grob am Arm.
    »Schau genau hin«, sagte er. »Merk dir, was du siehst. Merk dir den Ausdruck auf seinem Gesicht. Man sagt, die Augen sehen noch, wenn einem Mann der Kopf abgeschnitten wird. Wenn du das früher nicht geglaubt hast, wirst du es jetzt glauben. Dort ist ein Mann, der gesehen hat, wie sein Kopf in den Staub fiel. Merk es dir gut, Lucius Cinna. Ich habe nicht vor, im Osten zu sterben. Ich werde also nach Rom zurückkehren. Wenn du mir die Kur, die ich Rom gegen die derzeitigen Leiden der Stadt verschrieben habe, verpfuschst, wirst auch du deinen Kopf in den Staub fallen sehen.«
    Als Antwort erhielt Sulla einen höhnischen und verächtlichen Blick, aber Cinna hätte sich den Blick sparen können, denn Sulla hatte kaum zu Ende gesprochen, als er schon den Kopf seines Maultiers herumriß und vom Forum Romanum trabte, den breitkrempigen Hut auf dem Kopf und ohne sich noch einmal umzublicken. Sulla sah nicht gerade so aus, wie man sich einen erfolgreichen Feldherrn vorstellte. Aber insgeheim war Cinna von nun an überzeugt, daß der Gott der Rache so aussehen müsse.
    Dann sah er zu dem Kopf hinauf: Die Augen waren weit aufgerissen, der Kiefer hing hinunter. Der Tag brach gerade an, und wenn man den Kopf jetzt abnahm, würde niemand ihn sehen.
    »Nein«, sagte Cinna laut. »Der Kopf bleibt hier. Ganz Rom soll sehen, wie weit der Mann, der in Rom einmarschiert ist, noch gehen kann.«

    In Capua zog sich Sulla mit Lucullus hinter verschlossene Türen zurück, um zu besprechen, wie die Soldaten nach Brundisium gebracht werden konnten. Ursprünglich hatte Sulla die Legionen in Tarentum einschiffen wollen, doch dann erfuhr er, daß es dort nicht genügend Transportschiffe gab. Also mußten sie nach Brundisium.
    »Du fährst als erster mit der gesamten Reiterei und zwei Legionen«, sagte Sulla. »Ich folge mit den restlichen drei Legionen. Warte aber nicht auf mich, wenn du am anderen Ufer des Ionischen Meeres gelandet bist. Sobald du in Elatria oder Buchetium bist, marschiere Richtung Dodona. Plündere jeden Tempel in Epirus und Akarnania — du wirst dort keine Schätze finden, aber vermutlich genug. Schade, daß die Skordisker Dodona erst kürzlich geplündert haben. Vergiß aber niemals, daß die Priester in

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