MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Methoden, auf einen neuen Aspekt im öffentlichen Leben hinzuweisen. Ich glaube, um so etwas geht es bei diesem Gesetz. Ich denke, auf diese Weise soll dem Forum Romanum klargemacht werden, daß es keine Gewalt und keine ungeklärten Todesfälle mehr geben soll, daß keine Magistraten mehr in den Kerker geworfen werden sollen, daß ganz einfach Schluß sein soll mit gesetzeswidrigen Handlungen aller Art.«
»Haben Gnaeus Cornelius Lentulus und Publius Licinius Crassus keine Erläuterung gegeben?«
»Nein. Sie brachten einfach das Gesetz ein, und das Volk nahm es an.«
»Hm!« Damit war das Thema für Marius erledigt. »Was noch?«
»Der jüngere Bruder unseres Pontifex Maximus ist dieses Jahr Prätor und wurde als Statthalter nach Sizilien geschickt. Ob du es glaubst oder nicht: Es gab Gerüchte über einen neuen Sklavenaufstand.«
»Behandeln wir unsere Sklaven in Sizilien so schlecht?«
»Ja und nein«, antwortete Rutilius Rufus nachdenklich. »Es gibt dort einfach zu viele griechische Sklaven. Ein Sklavenbesitzer braucht sie gar nicht schlecht zu behandeln, er bekommt trotzdem Ärger mit ihnen. Sie sind sehr unabhängig. Und soviel ich weiß, wurden alle Piraten, die Marcus Antonius Orator gefangengenommen hat, nach Sizilien gebracht, um als Sklaven auf den Feldern zu arbeiten. Keine Arbeit, die ihnen zusagt, würde ich meinen. Marcus Antonius hat übrigens die Rednerbühne auf dem Forum mit dem Schnabel des größten Schiffes geschmückt, das er bei seinem Feldzug gegen die Piraten zerstörte. Ein imposantes Ding.«
»Ich hätte nicht gedacht, daß dort überhaupt noch Platz war. Die Bühne ist doch mit Schiffsschnäbeln aus den verschiedensten Seeschlachten geradezu überladen. Na ja, erzähl weiter, Publius Rutilius! Was ist noch passiert?«
»Unser Prätor Lucius Ahenobarbus hat in Sizilien einiges Unheil angerichtet, das hat sich sogar bis in die Provinz Asia herumgesprochen. Er ist wie ein Sturm über die Insel gefegt. Kaum war er an Land gegangen, erließ er ein Dekret, daß niemand in Sizilien ein Schwert oder eine andere Waffe besitzen dürfe außer den Soldaten und den bewaffneten Milizionären. Natürlich hat keiner die geringste Notiz davon genommen.«
Marius grinste. »Wie ich die Ahenobarber so kenne, war das ein Fehler.«
»Allerdings. Lucius Domitius griff gnadenlos durch, als sein Dekret ignoriert wurde. Ganz Sizilien leidet. Und ich glaube nicht, daß es noch einmal Aufstände geben wird, weder von Sklaven noch von Freien.«
»Ja, sie sind von der rauhen Sorte, die Ahenobarber, aber sie haben Erfolg«, sagte Marius. »Sonst noch etwas Neues?«
»Kaum. Wir haben neue Zensoren, und sie wollen den seit Jahrzehnten gründlichsten Zensus aller römischen Bürger durchführen.«
»Wird Zeit. Wer sind sie?«
»Marcus Antonius Orator und dein ehemaliger Mitkonsul Lucius Valerius Flaccus.« Rutilius Rufus stand auf. »Wollen wir uns ein wenig die Füße vertreten, alter Freund?«
Pergamon war die vielleicht am sorgfältigsten geplante und gebaute Stadt der Welt. Marius hatte schon davon gehört, und nun sah er sie mit eigenen Augen. Selbst in der Unterstadt, die sich um den Fuß der Akropolis erstreckte, gab es keine schmalen Gäßchen oder baufälligen Wohnblocks. Alles war offenbar strengen Bauvorschriften unterworfen. Alle Häuser waren an ein riesiges Kanalisationssystem angeschlossen, und es gab überall Wasserleitungen für fließendes Wasser. Marmor schien das bevorzugte Baumaterial zu sein. Es gab viele prächtige Säulengänge, auf der weiträumigen Agora standen erlesene Statuen, und in den felsigen Abhang war ein großes Theater gebaut.
Und doch schwebte über Stadt und Akropolis ein Hauch von Verfall. Es war nicht mehr so wie während der Herrschaft der Attaliden, die Pergamon als ihre Hauptstadt aufgebaut und instand gehalten hatten. Auch die Menschen sahen nicht zufrieden aus. Manchen, fiel Marius auf, stand sogar der Hunger ins Gesicht geschrieben, was ihn in einem reichen Land wie der Provinz Asia erstaunte.
»Für das, was du hier siehst, sind unsere römischen Steuerpächter verantwortlich«, sagte Publius Rutilius Rufus grimmig. »Gaius Marius, du kannst dir nicht vorstellen, was Quintus Mucius und ich bei unserer Ankunft hier antrafen! Die Provinz Asia ist dank der Habgier dieser schwachsinnigen Steuerpächter jahrelang ausgebeutet und unterdrückt worden! Schon die Summen, die Rom für seine Staatskasse verlangt, sind zu hoch, und die Steuerpächter überbieten diese
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