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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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der Statthalter einer Provinz in einen Krieg verwickelt ist, muß er seine Provinz dann am Jahresende trotzdem abgeben?«
    Sulla verneinte. Er überlegte einen Augenblick und fuhr fort: »Der Senat könnte sogar gezwungen sein, die amtierenden Konsuln ins Ausland in den Krieg zu schicken. Wenn Rom von allen Seiten angegriffen wird, läßt sich das vielleicht nicht vermeiden. Ich bitte den Senat lediglich, sich besonders sorgfältig nach Alternativen umzusehen, bevor er die amtierenden Konsuln ins Ausland schickt oder die Amtszeit eines Statthalters verlängert.«
    Mamercus hob die Hand, und die Senatoren sahen ihn gespannt an. Es war inzwischen bekannt, daß er Fragen in Sullas Auftrag stellte, so daß alle nun eine wichtige Bekanntmachung erwarteten, die der Diktator durch eine Frage eingeführt sehen wollte.
    »Darf ich eine hypothetische Situation erörtern?« fragte Mamercus.
    »Unbedingt!« ermunterte ihn Sulla.
    Mamercus stand auf. Als Prätor für Fremdenrecht saß er mit den übrigen kurulischen Magistraten auf dem Podium am Ende des Saales. Wenn er aufstand, konnte man ihn von überall sehen — anders als die übrigen Senatoren, die nach Sullas neuer Hausordnung beim Reden nicht mehr umhergehen durften.
    »Angenommen, es tritt der Fall ein, daß Rom tatsächlich von allen Seiten angegriffen wird«, begann Mamercus vorsichtig. »Angenommen, die Konsuln und alle entbehrlichen Prätoren ziehen entweder in den Krieg oder haben nicht genug Erfahrung, um am Krieg teilzunehmen. Nehmen wir weiter an, einige Statthalter fallen aus, weil sie von Barbaren getötet wurden oder durch andere Umstände ums Leben gekommen sind. Und im Senat finden sich keine Männer, die ein Kommando oder eine Statthalterschaft übernehmen können oder wollen. Du hast der Volksversammlung jede Entscheidungsbefugnis genommen und diese allein dem Senat übertragen. Was soll der Senat tun?«
    »Eine ausgezeichnete Frage, Mamercus!« rief Sulla, obwohl er die Frage doch selbst formuliert hatte. Er zählte die einzelnen Punkte noch einmal an den Fingern auf: »Rom wird von allen Seiten angegriffen. Es stehen keine kurulischen Magistraten zur Verfügung. Ehemalige Konsuln oder Prätoren sind auch nicht verfügbar. Kein Senator hat genug militärische Erfahrung oder Fähigkeiten. Aber Rom braucht einen Feldherrn oder Statthalter.
    Ist das richtig? Habe ich es richtig zusammengefaßt?«
    »Ja, Lucius Cornelius«, antwortete Mamercus ernst.
    »Dann muß sich der Senat außerhalb der eigenen Reihen nach einem geeigneten Mann umsehen. Du schilderst eine Situation, die nicht mit herkömmlichen Mitteln gelöst werden kann. Also müssen wir zu außergewöhnlichen Mitteln greifen. Der Senat muß einen Mann finden, der über die nötigen Fähigkeiten verfügt, und diesem Mann dann die Befugnisse eines Feldherrn oder Statthalters verleihen.«
    »Kommt dafür auch ein Freigelassener in Frage?« fragte Mamercus erstaunt.
    »Jawohl. Allerdings gehe ich davon aus, daß es eher ein Ritter oder Zenturio sein wird. Ich kannte einen Zenturio, der einmal einen gefährlichen Rückzug befehligt hat. Er wurde mit der Krone aus Gras ausgezeichnet und erhielt anschließend die purpurgesäumte Toga des kurulischen Magistraten. Sein Name war Marcus Petreius. Ohne ihn hätte es große Verluste gegeben, und das betreffende Heer wäre nicht mehr einsatzbereit gewesen. Er wurde in den Senat aufgenommen und starb hochgeehrt während des Bundesgenossenkrieges. Sein Sohn ist unter den von mir neu ernannten Senatoren.«
    »Aber der Senat ist gesetzlich nicht befugt, einem Nichtsenator das Feldherrnimperium oder eine Statthalterschaft zu verleihen!« wandte Mamercus ein.
    »Meine neuen Gesetze ermächtigen, ja verpflichten ihn dazu«, sagte Sulla. »Eine solche Statthalterschaft oder Befehlsgewalt wird auf einer Sondervollmacht basieren, und ich werde den Senat mit der notwendigen Autorität ausstatten, diese Sondervollmacht jedem römischen Bürger, auch einem Freigelassenen, für jedes in Frage stehende Imperium zu verleihen.«
    »Was hat er vor?« sagte Philippus leise zum Senats Vorsitzenden Flaccus. »Das ist ja ganz neu.«
    »Ich weiß es leider auch nicht«, flüsterte Flaccus zurück.
    Aber Sulla wußte es, und Mamercus ahnte es. Sulla wollte Gnaeus Pompeius Magnus noch fester an sich binden, denn Pompeius, der einen Eintritt in den Senat abgelehnt hatte, war wegen der vielen Veteranen seines Vaters noch immer ein militärischer Faktor, mit dem man rechnen mußte. Sulla

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