MoR 03 - Günstlinge der Götter
Antistia nicht einmal diese Freude vergönnt gewesen war.
Wenn Pompeius gerne verheiratet war, dann deshalb, weil er wußte, wie man eine Frau für sich einnimmt. Er machte Aemilia Komplimente in rauhen Mengen, kümmerte sich nicht darum, wie lächerlich seine Zärtlichkeiten klingen mochten — er vergewisserte sich lediglich, daß der Pontifex Maximus Metellus Pius ihn nicht hören konnte —, und war ihr gegenüber immer fröhlich und gutgelaunt. Und bei alledem — kluger Pompeius! — gestand er ihr Launen zu und nahm es hin, wenn sie weinte, wegen Kleinigkeiten nörgelte und ihn beschimpfte. Und da Aemilia Scaura ebensowenig wie Antistia vor ihr ahnte, daß nicht sie ihren Mann lenkte, sondern vielmehr er sie, stand alles zum besten. Die Beteiligten waren zufrieden, und es gab keinen tiefergehenden Streit.
Pompeius’ Dankbarkeit gegenüber Sulla dafür, daß dieser ihm die Tochter des Senatsvorsitzenden Scaurus verschafft hatte, war grenzenlos. Zwar war er selbst überzeugt, daß er für Scaurus’ Tochter mehr als gut genug war, aber wenn ein Mann wie Sulla seine Überzeugung teilte, bestärkte ihn das in seiner hohen Meinung von sich selbst. Natürlich wußte er auch, daß Sulla ihn durch die Heirat an sich binden wollte, aber das gab seinem Selbstbewußtsein noch mehr Auftrieb. Der Diktator fegte einen römischen Aristokraten wie Glabrio beiseite, aber Gnaeus Pompeius Magnus war ihm so wichtig, daß er ihm gab, was er Glabrio genommen hatte. Sulla hätte Scaurus’ Tochter ja auch seinem Neffen Publius Sulla geben können oder seinem großen Günstling Lucullus.
Pompeius hatte sich beharrlich geweigert, in den Senat einzutreten, aber er wollte sich keineswegs dem Kreis um den Diktator entfremden. Er träumte vielmehr von neuen Zielen: Er wollte der einzige Feldherr in der Geschichte der Republik werden, der ein prokonsularisches Imperium hatte, aber nicht einmal Senator war. Angeblich war das unmöglich, und man hatte ihn ausgelacht und verspottet. Aber einen Mann wie Gnaeus Pompeius Magnus zur Zielscheibe des Spottes zu machen, war gefährlich! Er würde es sie büßen lassen in den kommenden Jahren, jeden einzelnen von ihnen; er würde sie weder töten, wie Marius es getan hätte, noch sie ächten, wie es Sullas Methode war. Nein, er wollte sie demütigen und erniedrigen, bis sie ihn auf den Knien um Erlösung anflehen würden. Das war weitaus süßer, als sie sterben zu sehen!
Pompeius zügelte also sein Verlangen nach dem begehrenswerten Sproß aus dem Geschlecht der Aemilier; er entschädigte sich vorerst mit zahlreichen Besuchen bei Praecia und tröstete sich mit Blicken auf Aemilia Scauras Bauch, in dem hinfort nur noch seine eigene Nachkommenschaft heranwachsen würde.
Aemilias Kind sollte Anfang Dezember zur Welt kommen, doch setzten Ende Oktober plötzlich heftige Wehen ein. Da die Schwangerschaft bisher ohne Komplikationen verlaufen war, überraschte die Frühgeburt alle, auch die Ärzte. Das magere Knäblein, das so früh zur Welt gekommen war, starb am Tag nach der Geburt, wenig später gefolgt von Aemilia Scaura, die unter großen Schmerzen verblutete.
Pompeius überkam abgrundtiefe Verzweiflung. Er hatte Aemilia Scaura auf seine besitzergreifende, wenig wählerische Art aufrichtig geliebt. Wenn Sulla in der bewußten Absicht, Pompeius einen Gefallen zu tun, in ganz Rom nach der richtigen Braut gesucht hätte, so hätte er keine geeignetere finden können als die ständig kichernde, etwas begriffsstutzige und naive Aemilia Scaura. Pompeius, dessen Vater den Beinamen der Schlächter getragen hatte und der selbst der kleine Schlächter genannt wurde, war mit dem Tod zeit seines Lebens in Berührung gekommen, ohne Anwandlungen von Mitleid oder Gnade zu verspüren. Ein Mann lebte, ein Mann starb. Eine Frau lebte, eine Frau starb. Nichts war sicher. Als seine Mutter gestorben war, hatte er etwas geweint, aber bis zum Tod Aemilia Scauras hatte ihn nur der Tod seines Vaters wirklich berührt.
Und nun schmerzte ihn der Tod seiner Frau so sehr, daß er ihr fast auf den Scheiterhaufen gefolgt wäre. Man mußte ihn gewaltsam zurückhalten, als er sich in die Flammen stürzen wollte, und Varro und Sulla wußten nicht, ob es ihm mit seiner rasenden Verzweiflung ganz oder nur zum Teil ernst war. In Wahrheit wußte es nicht einmal Pompeius. Er wußte lediglich, daß Fortuna ihm Scaurus’ Tochter gegeben und ihm das Geschenk wieder entrissen hatte, bevor er es genießen konnte.
Noch immer verzweifelt
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