MoR 03 - Günstlinge der Götter
dich?«
»Jawohl.«
»Und warum willst du mich sprechen? Ich habe zu tun.«
»Ich bringe dir die Flotte, Lucius Licinius.«
»Die Flotte?«
»Der Statthalter hat mich beauftragt, in Bithynien eine Flotte zu beschaffen.«
Die kalten Augen richteten sich starr auf ihn. »Ihr Götter!«
Caesar wartete.
»Eine wahrhaft gute Nachricht!« sagte Lucullus. »Ich wußte allerdings nicht, daß Thermus zwei Tribunen nach Bithynien geschickt hat. Wann hat er dich geschickt? Schon im April?«
»Soweit ich weiß, hat er nur mich geschickt.«
»Caesar... Caesar... Du bist doch nicht der, den er Ende Quintilis geschickt hat!«
»Doch, genau der.«
»Und du bringst schon jetzt eine Flotte?«
»Ja.«
»Dann kannst du gleich wieder umkehren, Tribun. König Nikomedes hat dir sicher nur unbrauchbare Schiffe mitgegeben.«
»Keineswegs. Ich bringe vierzig Schiffe, die ich persönlich auf ihre Seetüchtigkeit hin überprüft habe: zwei Sechzehner, acht Quinqueremen, zehn Triremen und zwanzig umgebaute gedeckte Handelsschiffe, die nach Auskunft des Königs für eine Blockade im Winter geeigneter sind als leichte ungedeckte Kriegsschiffe.« Caesar ließ sich seinen Triumph durch nichts anmerken.
»Ihr Götter!« Lucullus musterte den jungen Tribun so scharf, als sei er ein im Circus auftretendes Ungeheuer. Dann verzog sich sein linker Mundwinkel ganz langsam nach oben, und das Eis in seinen Augen begann zu schmelzen. »Wie hast du das geschafft?«
»Ich kann gut reden.«
»Ich wüßte gerne, was du ihm gesagt hast! Nikomedes ist ein alter Geizhals, der nicht einen Sesterz freiwillig herausrückt.«
»Keine Sorge, Lucius Licinius, ich habe eine Rechnung.«
»Nenne mich Lucullus, es gibt hier noch mindestens sechs Lucius Liciniusse.« Der Feldherr machte ein paar Schritte in Richtung Ufer. »Natürlich hast du eine Rechnung! Was verlangt er denn für die Sechzehner?«
»Nur Verpflegung und Sold für die Mannschaften.«
»Ihr Götter! Und wo ist diese Wunderflotte?«
»Sie ankert ungefähr eine Meile von hier. Ich dachte, ich frage dich lieber zuerst, ob sie hierher oder direkt zur Blockade der Häfen von Mytilene fahren soll.«
Lucullus’ Bewegungen wirkten auf einmal nicht mehr steif. »Ich denke, wir bringen sie sofort zum Einsatz, Tribun.« Er rieb sich die Hände. »Das wird für die Einwohner von Mytilene eine furchtbare Überraschung werden! Sie haben geglaubt, sie könnten sich den ganzen Winter über weiter mit Vorräten eindecken.«
Die beiden Männer erreichten das kleine Schiff, mit dem Caesar gekommen war, und Lucullus sprang behende an Bord. Caesar zögerte.
»Was ist, Tribun? Kommst du nicht?«
»Wenn du es wünschst. Ich weiß noch nicht genau, wie man sich in der Armee gegenüber einem Vorgesetzten verhält, und ich möchte keinen Fehler machen.«
»Komm rein, los!«
Als die zwanzig Ruderer, die zu zehnt aufjeder Seite saßen, das Schiff nach Norden gewendet hatten und es mit langen, gleichmäßigen Ruderschlägen vorantrieben, sprach Lucullus weiter.
»Du weißt nicht, wie man sich gegenüber einem Vorgesetzten verhält? Du bist doch sicher schon über siebzehn, Tribun.«
Caesar unterdrückte einen Seufzer, denn er sah die ermüdenden, detaillierten Erklärungen voraus, die er noch lange würde abgeben müssen. Dann sagte er: »Ich bin neunzehn, aber das ist mein erster Feldzug. Ich war bis Juni Jupiterpriester.«
Lucullus wollte allerdings keine weiteren Einzelheiten; dazu war er zu beschäftigt und zu intelligent. Er nickte nur. »Caesar heißt du... War deine Tante Sullas erste Frau?«
»Ja.«
»Dann fördert er dich also.«
»Im Augenblick ja.«
»Eine gute Antwort! Ich bin sein treuester Anhänger, Tribun, und da du mit ihm verwandt bist, schulde ich dir diese Warnung: Ich erlaube nicht, daß ihn irgend jemand kritisiert.«
»Von mir wirst du keine Kritik hören, Lucullus.«
»Gut.«
Stille folgte, nur unterbrochen vom Keuchen der Ruderer, die ihre Ruder gleichzeitig ins Wasser tauchten. Dann sprach Lucullus wieder. Er klang amüsiert.
»Ich wüßte immer noch gerne, wie du König Nikomedes eine so gewaltige Flotte abgeluchst hast.«
Jetzt konnte Caesar seinen heimlichen Stolz nicht mehr verbergen, und unbeherrscht, wie er aufgrund seiner Jugend noch war, ließ er sich zu einer Indiskretion gegenüber dem wildfremden Lucullus hinreißen. »Es genügt wohl, wenn ich sage, daß ich mich über den Statthalter geärgert habe. Er wollte nicht glauben, daß ich in der Lage bin, bis zu
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