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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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den Kalenden des November vierzig Schiffe zu beschaffen, die Hälfte davon gedeckt. Das hat mich in meinem Stolz verletzt, deshalb habe ich versucht, die Schiffe zu bekommen. Und ich habe sie bekommen! Ich hatte keine andere Wahl, weil der Statthalter meinem Wort nicht traute.«
    Lucullus ärgerte sich über diese Antwort. Er verabscheute übertrieben selbstsichere Männer, egal welchen Rang sie bekleideten, und er fand Caesars Äußerungen unerträglich arrogant. Er würde dieses Kind schon auf seinen Platz verweisen. »Ich kenne diese angemalte Tunte Nikomedes sehr gut«, sagte er mit eisiger Stimme. »Du bist ja ein besonders hübscher Knabe, und die Vorlieben des Königs sind bekannt. Hat er also Lust auf dich gehabt?« Und ohne Caesar Zeit zur Antwort zu geben, fuhr er fort: »Ja, natürlich hat er das! Gut gemacht, Caesar! Nicht jeder Römer hat so edle Absichten, daß er Rom über seine Keuschheit stellt. Dann war es also dein schönes Gesicht, das vierzig Schiffe vom Stapel laufen ließ. Oder sollte ich sagen, dein Arsch?«
    Der Zorn flammte so rasch in Caesar auf, daß er fast auf Lucullus losgegangen wäre. Schmerzhaft gruben sich seine Fingernägel in die Handflächen; niemals in seinem Leben hatte er so heftig um Beherrschung kämpfen müssen. Aber er blieb Sieger. Zu einem Preis freilich, den er niemals vergessen würde. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er Lucullus an. Und Lucullus, der solche Augen schon oft gesehen hatte, erbleichte. Wenn er gewußt hätte, wohin, wäre er weggegangen. So blieb er stehen — aber es kostete ihn große Überwindung.
    »Die erste Frau«, sagte Caesar mit ausdrucksloser Stimme, »hatte ich mit vierzehn; seither zähle ich die Frauen nicht mehr. Ich kenne Frauen sehr gut. Was du mir vorwirfst, Lucius Licinius Lucullus, ist ein Mittel, das nur Frauen einsetzen. Frauen haben keine andere Waffe als ihre Mösen, um zu bekommen, was sie wollen — oder was ein Mann durch sie bekommen will. Der Tag, an dem ich auf dieses Mittel zurückgreifen muß, um mein Ziel zu erreichen, ist der Tag, an dem ich mir ein Schwert in den Bauch stoße, Lucius Licinius Lucullus. Du trägst einen stolzen Namen, aber verglichen mit meinem ist er weniger als Staub. Du hast meine Würde verletzt. Ich werde nicht ruhen, bis ich diesen Makel ausgelöscht habe. Wie ich die Flotte bekommen habe, geht dich oder Thermus nichts an! Doch sei versichert, es ist auf ehrbare Weise geschehen, ich brauchte dafür weder mit dem König noch mit der Königin ins Bett zu gehen. Ich erreiche meine Ziele nicht mit solchen Methoden. Ich erreiche sie, indem ich meinen Verstand einsetze, eine Gabe, die, wie mir scheint, nur wenige besitzen.«
    Caesar wandte sich ab und sah auf die in immer weitere Ferne rückenden Wälle und Gräben der Belagerer, die das Gebiet um Mytilene verwüsteten. Und Lucullus, dem es den Atem verschlagen hatte, konnte froh sein, daß ihr Streit auf Latein stattgefunden hatte. Sonst hätten die Ruderer sie verstanden, und dann hätten bald alle davon gewußt. Besten Dank, Sulla! Welche Hornisse hast du uns geschickt, damit sie unsere Ruhe stört! Dieser Mann macht mehr Ärger als tausend Mytilenes.
    Die restliche Fahrt über herrschte eisiges Schweigen. Caesar hatte sich in sich selbst zurückgezogen, und Lucullus zermarterte sich das Hirn, wie er die Achtung Caesars wiedergewinnen könne, ohne die Selbstachtung zu verlieren — denn es war absolut undenkbar, daß er als Feldherr sich bei einem einfachen Tribun entschuldigte. Da ihm am Ende der kurzen Überfahrt noch immer keine befriedigende Lösung eingefallen war, tat er einfach so, als sei Caesar Luft, und kletterte, ohne sich nach ihm umzusehen, die Leiter zum Deck des nächsten Sechzehners hinauf.
    Droben angekommen, streckte er, als Caesar ihm folgen wollte, abwehrend die rechte Hand aus.
    »Das ist nicht notwendig, Tribun«, sagte er kalt. »Kehre ins Lager zurück und suche dein Quartier auf. Ich will dich nicht sehen.«
    »Kann ich meine Diener und Pferde holen?«
    »Ja.«

    Burgundus, der seinen Herrn besser kannte als jeder andere, merkte sofort, daß etwas Unangenehmes vorgefallen war, doch war er so klug, kein Wort über Caesars grimmige Miene oder seine starren Augen zu verlieren. Stumm begaben sie sich über Land zu Lucullus’ Lager.
    Caesar behielt von dem Ritt oder der Anlage des Lagers, in das sie einzogen, nichts in Erinnerung. Ein Wachposten wies dem neuen Tribun eine Unterkunft im zweiten Ziegelbau rechts der Hauptstraße

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