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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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mit den spitzen Wangenknochen und der aufgeworfenen römischen Nase sahen schon von selbst hochmütig aus. Der Mund wirkte mürrisch, die Augenbrauen über den leicht hervorquellenden blaßgrauen Augen waren gerade Striche. Mit seinen stumpfen blonden Haaren und Brauen sah er älter aus als seine einundzwanzig Jahre.
    Es geschieht nur selten, daß zwei Menschen gleich bei der ersten Begegnung ohne bestimmte Ursache eine instinktive und unauslöschliche Abneigung gegeneinander haben. Eine solche Abneigung flammte zwischen Gaius Julius Caesar und Marcus Calpurnius Bibulus auf, als sie sich zum ersten Mal sahen. Caesar war überzeugt, daß Bibulus einer der Feinde war, vor denen König Nikomedes ihn gewarnt hatte.
    Gabinius holte einen achten Stuhl und stellte ihn zwischen sich und Octavius.
    »Setz dich und iß.«
    »Ich setze mich gerne, bitte aber um Entschuldigung, wenn ich nichts esse.«
    »Aber du trinkst doch Wein!«
    »Ich mag keinen Wein.«
    Octavius kicherte. »Dann wird es dir hier gefallen! Der Wein hier wird oft wieder ausgekotzt.«
    »Du bist der Jupiterpriester!« rief Philippus’ Sohn.
    »Ich war der Jupiterpriester«, sagte Caesar und wollte es dabei belassen. Dann überlegte er es sich anders. »Ich erkläre euch jetzt, warum, dann braucht ihr nicht mehr zu fragen.« Er erzählte seine Geschichte lebendig und geschickt, und die anderen, von denen keiner besonders belesen war, merkten bald, daß sie es mit einem Intellektuellen, wenn nicht mit einem Gelehrten zu tun hatten.
    »Eine abenteuerliche Geschichte«, sagte Gabinius, als Caesar fertig war.
    »Du bist also immer noch mit Cinnas Tochter verheiratet«, stellte Bibulus fest.
    »Ja.«
    Octavius lachte laut. »Und wir sind jetzt vier zu vier, Gabinius! Mit Caesar sind es vier Patrizier! Krieg bis zum bitteren Ende!«
    Die anderen warfen ihm vernichtende Blicke zu, und er schwieg verlegen.
    »Kommst du direkt aus Rom?« fragte Rufus.
    »Nein, aus Bithynien.«
    »Was hast du in Bithynien gemacht?« fragte Lentulus.
    »Ich habe eine Flotte für die Belagerung von Mytilene beschafft.«
    »Ich wette, die alte Schwuchtel Nikomedes hat Gefallen an dir gefunden.« Bibulus grinste höhnisch. Obwohl er wußte, daß seine Bemerkung geschmacklos war und bei den meisten Anwesenden auf Mißfallen stoßen würde, hatte er der Versuchung nicht widerstehen können.
    »Das war in der Tat der Fall«, sagte Caesar kühl.
    »Und hast du deine Flotte bekommen?« bohrte Bibulus weiter.
    »Natürlich«, sagte Caesar ruhig.
    Bibulus lachte schrill. »Natürlich? Meinst du nicht eher widernatürlich?«
    Keiner sah genau, was als nächstes geschah. Als die sechs anderen sich von ihrer Verblüffung erholt hatten, war Caesar um den Tisch gesprungen und hatte Bibulus gepackt und zu Boden geworfen. Dort hielt er ihn mit ausgestreckten Armen fest. Der Anblick war ebenso lächerlich wie komisch: Bibulus schlug mit seinen zu kurzen Armen wie wild nach Caesars lächelndem Gesicht, ohne ihn zu treffen — es war eine Szene aus einer Posse.
    »Wenn du nicht ein unbedeutender Floh wärst, ein Pulex«, sagte Caesar, »würde ich deinen Kopf jetzt draußen auf das Pflaster schlagen. Doch das wäre leider Mord, Pulex. Und du bist zu unbedeutend, als daß es sich lohnte, dich zu Brei zu schlagen. Bleib mir also vom Leib!« Während er Bibulus noch immer auf den Boden drückte, sah er sich im Raum um, bis sein Blick schließlich auf einen sechs Fuß hohen Schrank fiel. Ohne sichtbare Mühe hob er Bibulus hinauf und wich dabei geschickt seinen Fußtritten aus. »Hier darfst du noch eine Weile strampeln, Pulex.«
    Dann ging er auf die Straße hinaus.
    »Pulex paßt gut zu dir, Bibulus!« lachte Octavius. »Ich nenne dich von jetzt an so, du hast es verdient. Und du, Gabinius? Nennst du ihn auch Pulex?«
    »Lieber Podex!« sagte Gabinius mit zornrotem Gesicht. »Was fällt dir ein, Bibulus? Warum sagst du so etwas? Das war völlig unpassend und ist für uns alle peinlich!« Er sah die anderen an. »Was ihr macht, ist mir egal, ich helfe Caesar beim Abladen.«
    »Helft mir runter!« rief Bibulus auf dem Schrank.
    »Ich helfe dir nicht!« sagte Gabinius verächtlich.
    Schließlich half ihm überhaupt keiner, und da der Schrank zu sehr schwankte, als daß er sich langsam hätte herunterlassen können, mußte er springen und landete auf allen Vieren. Bei all seiner Empörung verspürte auch er Betroffenheit und Zerknirschung. Gabinius hatte recht. Was fiel ihm ein? Er hatte sich benommen wie ein

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