MoR 03 - Günstlinge der Götter
in Sinope war übrigens bereit, sie mir gegen Verpflegung und Besoldung der Besatzungen von fünfhundert Mann pro Schiff zu überlassen, da der König von Pontos im Augenblick keine Verwendung für sie hat. Die Rechnung füge ich auf einem getrennten Blatt bei.«
Von Abydos am Hellespont bis zur anatolischen Küste vor der Insel Lesbos nördlich von Mytilene waren es dem ersten Steuermann zufolge rund hundert Meilen. Für diese Strecke benötigte man zwischen fünf und zehn Tagen, wenn das Wetter blieb, wie es war, und sich alle Schiffe als seetüchtig erwiesen.
»Dann überprüfen wir besser, ob sie das auch sind«, sagte Caesar.
Der Steuermann war es zwar nicht gewohnt, daß ihn der Admiral — als solcher verstand Caesar sich bis zu seiner Ankunft auf Lesbos — alle Schiffe vor Beginn einer Expedition auf ihre Seetüchtigkeit überprüfen ließ, aber er versammelte gehorsam die Schiffsbauer von Abydos und ließ jedes Schiff sorgfältig untersuchen. Caesar sah den Männern dabei über die Schulter und belästigte sie ständig mit Fragen.
»Wirst du seekrank?« fragte der Steuermann hoffnungsvoll.
»Nicht, daß ich wüßte«, sagte Caesar verschmitzt.
Zehn Tage vor den Kalenden des November segelte die Flotte von vierzig Schiffen in den Hellespont hinaus. Die Strömung vom Schwarzen Meer in die Ägäis trug die Schiffe stetig zur südlichen Ausfahrt der Meerenge, zwischen dem Vorgebirge Mastusia auf der thrakischen Seite und der Mündung des Skamandros auf der kleinasischen Seite. Nur wenig flußaufwärts lag jenes sagenumwobene Troja, aus dessen brennenden Ruinen Caesars Vorfahre Aeneas einst vor Agamemnon geflohen war. Schade, dachte Caesar, daß er keine Zeit hatte für einen Besuch dieser ehrwürdigen Stätte. Dann zuckte er die Achseln. Später vielleicht.
Das Wetter hielt sich, so daß die Flotte nach sechs Tagen die Nordspitze von Lesbos erreichte. Da Caesar nicht schon vor den Kalenden des November am Ziel eintreffen wollte, ließ er die Schiffe auf den Rat des Steuermanns in der Bucht der Insel Kydonia ankern, wo sie von Lesbos aus nicht zu sehen waren. Er wollte die römischen Belagerer überraschen und über Thermus triumphieren.
»Du hast ein phänomenales Glück«, sagte der Steuermann, als die Flotte am Tag vor den Kalenden des November wieder in See stach.
»Inwiefern?«
»Ich habe um diese Jahreszeit noch nie so gutes Wetter erlebt — und das Wetter dürfte noch mehrere Tage anhalten.«
Caesar nickte. Dann befahl er: »Wir laufen bei Einbruch der Nacht eine schützende Bucht auf Lesbos an. Morgen bei Tagesanbruch suche ich dann die Armee auf. Es ist sinnlos, die ganze Flotte in Bewegung zu setzen, solange nicht klar ist, wo der Befehlshaber sie stationieren will.«
Am nächsten Tag kurz nach Sonnenaufgang ließ Caesar sich zum Ufer rudern, um Thermus oder Lucullus aufzusuchen. Wie sich herausstellte, war nur Lucullus anwesend; Thermus weilte noch immer in Pergamon.
Caesar traf sich mit Lucullus an der schmalen, hügeligen Landzunge, auf der Mytilene lag. Lucullus hatte dort soeben einen Wall und einen Graben anlegen lassen.
Caesar sah der Begegnung mit Spannung entgegen. Lucullus dagegen hatte lediglich gehört, ein junger Tribun wolle ihn sprechen, und er war gereizt, da er Gespräche mit jungen, unbekannten Offizieren für Zeitverschwendung hielt. Das Ansehen dieses Mannes war unaufhaltsam gestiegen, seit er Sullas treuer Quästor gewesen war und als einziger Legat jenen ersten Marsch des Konsuls Sulla auf Rom gebilligt hatte. Er genoß bei Sulla seither größtes Vertrauen und hatte Aufgaben erhalten, die eigentlich nur ehemaligen Prätoren übertragen wurden. Lucullus hatte König Mithridates bekriegt und nach Sullas Rückkehr nach Italien die Stellung in der Provinz Asia gehalten, während Murena, der Statthalter der Provinz, unerlaubt Krieg gegen Mithridates in Kappadokien führte.
Der Mann, auf den Caesar zuging, war schlank, kräftig und von durchschnittlicher Größe. Lucullus hatte einen etwas steifen Gang, der aber nicht von einer Mißbildung der Knochen, sondern von einer Steifheit des Gemüts herrührte. Er war nicht schön, aber interessant anzusehen mit seinem blassen länglichen Gesicht, auf dem ein Schopf borstiger Haare eines undefinierbaren Brauns saß. Als Caesar vor ihm stand, sah er in klare und kalte graue Augen.
Der Truppenbefehlshaber runzelte die Stirn. »Ja?«
»Ich bin der Militärtribun Gaius Julius Caesar.«
»Der Statthalter schickt
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