MoR 03 - Günstlinge der Götter
machten, eine schroffe Abfuhr. Dann verschaffte er sich den Namen der berühmtesten Kurtisane von Byzanz, suchte sie auf und liebte sie, bis sie vor Entzücken schrie.
»Er ist so groß wie ein Esel und geil wie ein Bock«, berichtete sie ihren Freunden und regelmäßigen Liebhabern danach erschöpft. Dann seufzte sie lächelnd und streckte sich lüstern. »Aber er ist wunderbar! Seit Jahren habe ich keinen solchen Mann mehr gehabt!«
Damit hatte Caesar erreicht, was er wollte, und dies, ohne König Nikomedes zu kränken. Die Byzantiner wußten jetzt, was das Verhältnis des Königs zu dem jungen Römer war: eine hoffnungslose Leidenschaft.
Die Reisenden kehrten nach Nikomedia zurück, zu Königin Oradaltis, dem Hund Sulla und dem Palast mit seinen unzähligen Dienern und zänkischen und intriganten Beamten.
»Ich gehe ungern«, sagte Caesar, als er zum letzten Mal mit dem König und der Königin aß.
»Und wir lassen dich ungern gehen«, sagte Königin Oradaltis rauh und kraulte Sullas Bauch mit dem Fuß.
»Kommst du wieder, wenn Mytilene unterworfen ist?« fragte der König. »Es würde uns so sehr freuen.«
»Ich komme wieder«, versprach Caesar.
»Gut!« Nikomedes machte ein zufriedenes Gesicht. »Und jetzt erkläre mir bitte ein Rätsel der lateinischen Sprache, das ich nie habe lösen können: Warum ist das grammatische Geschlecht von cunnus männlich und das von mentula weiblich?«
Caesar sah den König erstaunt an. »Keine Ahnung!«
»Aber es gibt doch sicher einen Grund.«
»Ganz ehrlich, ich habe nie darüber nachgedacht. Doch jetzt, wo du es sagst... Ja, es ist wirklich seltsam.«
»Cunnus müßte cunna heißen, wo es doch das weibliche Geschlechtsteil ist. Und mentula müßte mentulus heißen, schließlich ist der Penis männlich. Hinter dem ganzen Männlichkeitskult verbirgt sich bei euch Römern ein heilloses Durcheinander! Eure Frauen sind Männer und eure Männer Frauen.« Der König lehnte sich zurück und strahlte triumphierend.
»Du hast für unsere Geschlechtsteile nicht gerade die nettesten Bezeichnungen gewählt«, sagte Caesar. »Cunnus und mentula sind obszöne Wörter.« Ohne eine Miene zu verziehen, fuhr er fort: »Die Lösung ist doch ganz einfach. Das Geschlecht des Werkzeugs gibt das Geschlecht an, mit dem es sich paaren soll: Der Penis soll sich ein weibliches Zuhause suchen, die Vagina soll einen Mann willkommen heißen.«
»Unsinn!« sagte der König, sein Lachen mühsam unterdrük- kend.
»Sophisterei!« sagte die Königin mit zuckenden Schultern.
»Was sagst du dazu, Sulla?« fragte König Nikomedes den Hund, mit dem er seit Caesars Ankunft sehr viel besser auskam, was vielleicht aber auch daran lag, daß Oradaltis ihn nicht mehr mit ihm ärgerte.
Caesar lachte laut los. »Wenn ich nach Hause komme, frage ich ihn!«
Nach Caesars Abreise wurde es einsam im Palast. Das betagte Königspaar verspürte eine gewisse innere Leere, und selbst der Hund trauerte.
»Er war der Sohn, den wir nie hatten«, sagte Nikomedes.
»Nein!« widersprach Oradaltis heftig. »Einen solchen Sohn hätten wir nie haben können. Nie.«
»Wegen der Veranlagung meiner Familie?«
»Nein! Weil wir keine Römer sind. Er ist ein Römer.«
»Vielleicht sollte man besser sagen, er ist er selbst.«
»Glaubst du, er kommt wieder, Nikomedes?«
Die Frage munterte den König offensichtlich auf. »Ja«, sagte er bestimmt. »Das glaube ich.«
Als Caesar an den Iden des Oktober in Abydos eintraf, lag die versprochene Flotte im Hafen: zwei massige pontische Sechzehner, acht Quinqueremen, zehn Triremen und zwanzig schnittige, aber weniger kriegstaugliche Ruderschiffe.
»Da du die Schiffe für eine Blockade und nicht für eine Seeschlacht brauchst«, schrieb Nikomedes Caesar in einem Brief, »gebe ich dir anstelle der gewünschten zwanzig ungedeckten Kriegsschiffe breite gedeckte Handelsschiffe, die für deine Zwek- ke umgerüstet worden sind. Wenn du Mytilene über Winter vom Hafen abschneiden willst, brauchst du robustere Schiffe als leichte Ruderer, die bei jedem Sturm sofort an Land gezogen werden müssen. Die Handelsschiffe werden jeden Seegang, bei dem sich ein Schiff noch hinauswagen kann, heil überstehen. Die beiden pontischen Sechzehner werden sich meiner Meinung nach schon deshalb als nützlich erweisen, weil sie durch ihre wuchtige Erscheinung Angst und Schrecken verbreiten. Außerdem sprengen sie die dicksten Hafenketten und werden deshalb beim Angriff gute Dienste leisten. Der Hafenmeister
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