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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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zur Wahl stellen wollten, warben ganz aufgeregt und in aller Eile um Stimmen. Der Interrex sandte Lepidus eine kurze Botschaft, worin er ihn aufforderte, seine Armee zu verlassen und unverzüglich nach Rom zurückzukehren. Außerdem erinnerte er ihn daran, daß er einen Eid abgelegt habe, seine Legionen nicht gegen seinen Kollegen zu führen.
    Am Mittag des dritten Tages der Amtszeit von Flaccus Princeps Senatus traf Lepidus’ Antwort ein.
    Ich möchte Dich daran erinnern, Princeps Senatus, daß ich jetzt nicht mehr Konsul, sondern Prokonsul bin, und daß ich mich als Konsul an meinen Eid gehalten habe, an den ich jetzt als Prokonsul nicht mehr gebunden bin. Ich bin zwar froh, meine konsularische Armee aufgeben zu können, möchte Dich aber daran erinnern, daß mir auch als Prokonsul eine Armee zusteht, und deshalb werde ich diese Armee nicht aufgeben. Da meine konsularische Armee aus vier Legionen bestand und meine prokonsularische Armee ebenfalls aus vier Legionen besteht, ist es offensichtlich, daß ich nichts aufgeben muß.
    Ich bin jedoch bereit, unter folgenden Bedingungen nach Rom zurückzukehren: daß ich als Konsul wiedergewählt werde; daß jeder Morgen beschlagnahmten Landes in Italien dem ursprünglichen Besitzer zurückgegeben wird; daß die Söhne und Enkel der Proskribierten wieder in ihre Rechte eingesetzt werden und ihr Eigentum zurückbekommen und daß die Volkstribunen ihre volle Machtbefugnis zurückerhalten.
    »Und damit«, erklärte Philippus den Mitgliedern des Senats, »müßte selbst dem größten Dummkopf unter den Senatoren klar sein, was Lepidus vorhat! Um seine Bedingungen zu erfüllen, müßten wir die ganze Verfassung umstürzen, die Lucius Cornelius Sulla so mühsam aufgebaut hat, und Lepidus weiß genau, daß wir das nicht tun werden. Seine Antwort kommt einer Kriegserklärung gleich. Deshalb bitte ich den Senat inständig, einen senatus consultum de re publica defendenda, einen Beschluß zum Schutz des Staates, zu erlassen.«
    Aber das erforderte eine leidenschaftliche Debatte, und so faßte der Senat seinen Beschluß erst am letzten Tag von Flaccus’ Amtszeit als erster Interrex. Catulus wurde offiziell ermächtigt, Rom gegen Lepidus zu verteidigen; er sollte zu seiner Armee zurückkehren und sich zum Krieg rüsten.
    Am sechsten Tag des Januar endete die Amtszeit von Flaccus Princeps Senatus, und der Senat ernannte Appius Claudius Pulcher, der sich in Rom immer noch von seiner langen Krankheit erholte, zum zweiten Interrex. Und da es Appius Claudius besser ging, machte er sich mit Eifer daran, die Zenturiatskomitien einzuberufen und die kurulischen Wahlen abzuhalten. Diese sollten, so verkündete er, in zwei Tagen innerhalb der Servianischen Mauer auf dem Aventin stattfinden. Der Platz lag zwar außerhalb des Mauerangers, war aber vor einem Angriff des Lepidus sicher.
    »Es ist seltsam«, sagte Catulus kurz vor seiner Abreise in die Campania zu Hortensius, »daß es uns nach so vielen Jahren, in denen wir uns nicht des Privilegs erfreuen durften, unsere Magistrate frei zu wählen, so schwer fällt, überhaupt eine Wahl abzuhalten. Es ist fast so, als hätten wir uns daran gewöhnt, daß man alles für uns erledigt, wie eine Mutter für ihre Kinder.«
    »Das ist doch völlig kurioses Gewäsch, Quintus«, meinte Hortensius eisig. »Es ist höchstens ein seltsamer Zufall, daß ausgerechnet in dem Jahr, in dem die ersten freien Wahlen stattfinden sollen, ein Konsul die Grundregeln seines Amtes mißachtet. Aber ich mache dich darauf aufmerksam, daß wir jetzt die Wahlen abhalten, und künftig wird das Regieren vonstatten gehen, wie es schon immer vonstatten gehen sollte!«
    »Dann wollen wir hoffen«, meinte Catulus beleidigt, »daß die Wähler zumindest so weise entscheiden, wie Sulla es immer getan hat!«
    Aber Hortensius hatte das letzte Wort. »Du scheinst zu vergessen, mein lieber Quintus, daß Sulla Lepidus ausgewählt hat!«
    Insgesamt waren die führenden Männer des Senats — einschließlich Catulus und Hortensius — mit der Entscheidung der Wähler zufrieden. Erster Konsul wurde Decimus Junius Brutus, ein älterer, aber fähiger Mann, und zweiter Konsul wurde kein geringerer als Mamercus. Offenbar hatten die Wähler eine ebensohohe Meinung von der Familie Cotta wie Sulla, denn im Jahr zuvor hatte Sulla Gaius Aurelius Cotta zum Prätor ernannt, und dieses Jahr wurde sein Bruder Marcus Aurelius Cotta zum Prätor gewählt; das Los machte ihn zum praetor peregrinus, der für

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