MoR 03 - Günstlinge der Götter
Prozesse mit Fremden zuständig war.
Catulus war in Rom geblieben, um das Ergebnis der Wahlen abzuwarten. Als das Ergebnis feststand, bot er den neuen Konsuln sogleich das Oberkommando im Krieg gegen Lepidus an. Wie erwartet, lehnte Decimus Brutus aus Altersgründen und wegen mangelnder militärischer Erfahrung ab; aber Mamercus mußte annehmen. Der vierundvierzigjährige Mamercus hatte an sämtlichen Feldzügen Sullas teilgenommen und konnte auf eine ausgezeichnete militärische Karriere zurückblicken. Aber unvorhergesehene Ereignisse und Philippus machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Am Tag nach seinem Rücktritt vom Amt des ersten Interrex starb Lucius Valerius Flaccus Princeps Senatus — Mitkonsul des Gaius Marius in dessen vorletzter Amtszeit —, und Philippus schlug vor, Mamercus zum vorläufigen Princeps Senatus zu ernennen.
»Wir können gegenwärtig nicht ohne Senatsvorsitzenden auskommen«, erklärte Philippus, »obwohl es bislang immer die Aufgabe der Zensoren war, ihn zu ernennen. Üblicherweise ist er der ranghöchste Patrizier im Senat, aber rechtlich gesehen können die Zensoren irgendeinen patrizischen Senator ernennen, der ihnen am geeignetsten erscheint. Unser ranghöchster patrizischer Senator ist derzeit Appius Claudius Pulcher, mit dessen Gesundheit es allerdings nicht gerade zum besten steht und der sowieso nach Mazedonien unterwegs ist. Wir brauchen einen Senatsvorsitzenden, der jung und gesund ist — und der sich in Rom aufhält! Bis zur Wahl der beiden Zensoren schlage ich vor, Mamercus Aemilius Lepidus Livianus zum geschäftsführenden Princeps Senatus zu ernennen. Außerdem schlage ich vor, daß er in Rom bleibt, bis die Lage sich beruhigt hat. Folglich muß Quintus Lutatius Catulus sein Kommando gegen Lepidus behalten.«
»Aber ich gehe doch als Statthalter ins diesseitige Spanien!« rief Catulus.
»Unmöglich«, sagte Philippus frei heraus. »Ich schlage vor, wir weisen unseren guten Pontifex Maximus Metellus Pius an, außer Hispania Ulterior auch noch Hispania Citerior zu verwalten, bis wir die Möglichkeit haben, einen neuen Statthalter zu entsenden.«
Da den Senatoren jede Maßnahme recht war, um den stotternden Pontifex Maximus von Rom fernzuhalten, bekam Philippus seinen Willen. Der Senat beauftragte Metellus Pius zusätzlich mit der Verwaltung von Hispania Citerior, ernannte Mamercus zum vorläufigen Princeps Senatus und bestätigte Catulus in seinem Kommando gegen Lepidus. Enttäuscht machte Catulus sich auf, um seine Legionen in der Campania aufzustellen, während der gleichfalls enttäuschte Mamercus in Rom blieb.
Drei Tage später wurde gemeldet, daß Lepidus seine vier Legionen mobilisiere und daß sein Legat Brutus sich ins italische Gallien begeben habe, um seine beiden stehenden Legionen in Bononia an der Kreuzung der Via Aemilia und der Via Annia zu postieren, wo sie Lepidus den besten Rückhalt bieten könnten. Da Clusium und Arretium noch immer mit dem Gedanken spielten, sich wegen des Verlustes ihrer gesamten Ländereien zu erheben, war zu erwarten, daß sie Brutus auf jede nur erdenkliche Weise unterstützten, damit er sich Lepidus anschließen und jeden Versuch von Catulus, dies zu verhindern, unterbinden konnte.
Philippus war verblüfft.
»Unser Oberbefehlshaber Quintus Lutatius Catulus hält sich noch immer südlich von Rom auf und hat die Campania noch nicht verlassen. Lepidus hingegen ist bereits von Saturnia aus nach Süden aufgebrochen und wird versuchen, Catulus daran zu hindern, seine Soldaten ins italische Gallien zu schicken, um dort auf Brutus zu treffen. Außerdem denke ich, wird unser Oberbefehlshaber alle vier Legionen benötigen, um Lepidus aufzuhalten.
Was können wir also in bezug auf Brutus tun, der den Schlüssel zu Lepidus’ Erfolg in Händen hält? Wir müssen Brutus aufhalten, und zwar rasch! Aber wie? Im Augenblick haben wir keine weiteren Legionen in Italien, und die beiden Legionen im italischen Gallien gehören Brutus. Nicht einmal Lucullus — wäre er noch in Rom anstatt unterwegs in die Provinz Africa — könnte schnell genug auch nur zwei Legionen aufstellen und mobilisieren, um Brutus gegenüberzutreten.«
Die Senatoren hörten mit düsteren Mienen zu. Sie hatten endlich begriffen, daß die Zeit der Unruhen nicht vorbei war, nur weil Sulla sich zum Diktator ernannt und sich bemüht hatte, mit Hilfe seiner Gesetze zu verhindern, daß jemand gegen Rom marschierte. Sulla war noch kein Jahr tot, da wollte schon einer
Weitere Kostenlose Bücher