MoR 03 - Günstlinge der Götter
Hispania Citerior vertreiben. Die Versorgung meiner Truppen ist gesichert, denn die Küste ist fruchtbar, und es wird mir nicht schwerfallen, genügend Lebensmittel zu bekommen. Ich marschiere also im Frühjahr nach Süden, überquere den Ebro und stoße bis Neu-Karthago vor. Dazu müßte die Zeit bis Mittsommer bequem reichen. Gaius Memmius wird mit der Legion, die Du mir schuldest, vom Guadalquivir über Ad Fraxinum und Eliocroca nach Neu-Karthago marschieren. Neu-Karthago gehört natürlich immer noch uns, es ist nur durch die Truppen des Sertorius vom Rest der Provinz abgeschnitten. Wenn ich mich in Neu-Karthago mit Gaius Memmius vereinigt habe, kehren wir nach Emporiae ins Winterlager zurück. Auf dem Rückweg verstärken wir die verschiedenen Küstenstädte.
Im Jahr darauf werde ich Sertorius aus dem Binnenland von Hispania Citerior hinauswerfen und ihn nach Südwesten in das Gebiet der Lusitanier abdrängen. Im dritten Jahr, Quintus Caecilius, werden wir unsere Heere vereinigen und ihn am Tagus vernichten.
Als Metellus Plus den Brief Mitte Januar in Hispalis bekam, zog er sich in sein Arbeitszimmer zurück, um ihn ungestört zu lesen. Er lachte nicht, denn der Inhalt war zu ernst, aber ein säuerliches Lächeln konnte er sich doch nicht verkneifen. Er wußte nicht, daß auch Sulla einst einen ähnlichen Brief von Pompeius erhalten hatte, voller wichtigtuerischer Informationen über ein Land, das Sulla selbst viel besser kannte. Bei den Göttern, der kleine Schlächter strotzte nur so vor Selbstvertrauen. Und wie gönnerhaft er war!
Es war jetzt drei Jahre her, daß Metellus Pius mit seinen acht Legionen in Hispania Ulterior eingetroffen war, drei Jahre, in denen Sertorius ihn als Feldherr immer wieder an der Nase herumgeführt hatte. Niemand hatte größeren Respekt vor Quintus Sertorius und seinem Legaten Lucius Hirtuleius als Metellus Pius das Ferkel. Und niemand wußte besser, wie schwer es selbst für einen Pompeius sein würde, Sertorius und Hirtuleius zu schlagen. Metellus’ Pech war, daß Rom ihm nicht genug Zeit gelassen hatte. Laut Äsop gewann eine Kombination aus »langsam, aber stetig« das Rennen. Genau das war Metellus Pius. Er hatte seine Truppen neu organisiert, um den Verlust einer Legion wettzumachen, dann hatte er sich in seiner Provinz eingeigelt und jede Provokation Sertorius’ vermieden. Mit Absicht natürlich. Denn solange er wartete und die detaillierten Berichte seiner Kundschafter über die Truppenbewegungen des Sertorius auswertete, hatte er nachgedacht. Es war keineswegs unmöglich, Sertorius zu schlagen, aber nicht mit konventionellen militärischen Mitteln. Metellus war zu der Überzeugung gelangt, daß die Lösung wenigstens zum Teil in einer raffinierteren Art der Spionage lag — in einem Netz von Kundschaftern, das verhindern würde, daß Sertorius im voraus von seinen Truppenbewegungen erfuhr. Oberflächlich betrachtet eine sehr schwere Aufgabe, denn sowohl seine Kundschafter wie die des Sertorius stützten sich vor allem auf einheimische Quellen, aber keineswegs unlösbar! Metellus Pius hatte einen Plan.
Jetzt aber war Pompeius auf der spanischen Bühne erschienen, ausgestattet mit einem gleichberechtigten Imperium des Senats — oder besser gesagt, des Philippus — und fest davon überzeugt, fähiger zu sein als Sertorius, Hirtuleius und Metellus Pius zusammen. Nun ja, die Zeit würde Pompeius schon lehren, was er jetzt noch nicht hören wollte; die Zeit und ein paar Niederlagen. Zwar war der junge Mann zweifellos mutig wie ein Löwe, aber Metellus kannte auch Sertorius, seit er achtzehn war, und wußte, daß Sertorius ebenfalls den Mut eines Löwen hatte. Und viel wichtiger noch, Sertorius war militärisch der Erbe des Marius; er verstand sich so gut auf die Kriegskunst wie kaum ein anderer Feldherr der römischen Geschichte. Metellus Pius hatte jedoch begonnen, nach einer schwachen Stelle des Sertorius zu suchen, und er war fast sicher, sie in dessen Vorstellung von sich selbst gefunden zu haben; wenn er Sertorius’ großartiges, geradezu mythisches Selbstbild untergrub, konnte er ihn damit vielleicht besiegen.
Daß ihm jetzt auf dem Schlachtfeld Gnaeus Pompeius Magnus gegenüberstand, würde Sertorius’ Selbstvertrauen nicht einmal ankratzen.
Der Sohn des Metellus Pius klopfte und bat um Einlaß — Metellus Pius war ein Pedant, was gute Manieren betraf —, dann trat er ein. Allgemein Metellus Scipio genannt, von seinem Vater dagegen nur Quintus, war sein
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