MoR 03 - Günstlinge der Götter
ließ sie alle hinrichten und schwor sich, in Zukunft nur noch seine eigenen Picenter als Kundschafter einzusetzen. Besser, er schickte Männer los, denen er traute und welche die Landschalt nicht kannten, als Männer, die zwar die Landschaft kannten, denen er aber nicht trauen konnte. Dies war die erste Lektion des spanischen Krieges, die er wirklich gelernt hatte, aber es würde nicht die letzte sein. Er dachte nämlich nicht im Traum daran, nach Picenum zurückzukehren. Er wollte in Spanien bleiben und die Sache mit Sertorius zu Ende bringen, und wenn es ihn das Leben kostete! Er würde Feuer mit Feuer, Stein mit Stein, Eis mit Eis bekämpfen. Gleichgültig, wie viele Fehler ihm noch unterlaufen und wie oft diese Personifikation des Bösen, dieser geniale Antirömer, ihn noch in einen Hinterhalt locken sollte, er würde niemals aufgeben. Er hatte sechzehntausend Soldaten und fast seine gesamte Reiterei verloren, aber er würde nicht aufgeben, bis der letzte Mann und das letzte Pferd tot waren.
Der Gnaeus Pompeius Magnus, der sich gegen Ende des Monats Sextilis langsam von Lauro zurückzog, wobei ihm die Schreie der sterbenden Stadt in den Ohren gellten, war ein völlig anderer Mann als der junge Feldherr, der im Frühling in den Süden hinabstolziert war, so überzeugt von seiner eigenen Wichtigkeit, so zuversichtlich und so entsetzlich unvorsichtig. Der neue Gnaeus Pompeius hörte sogar den sertorianischen Herolden höchst aufmerksam zu, die ihm auf dem Fuße folgten und seinen Soldaten das schreckliche Los verkündeten, das auf die Frauen von Lauro warten werde, sobald sie bei ihren neuen Herren im fernen Westen Lusitaniens eingetroffen wären. Außer den Herolden interessierte sich kein Sertorianer mehr für Pompeius, als er hastig Saguntum, Sebelaci und Intibili passierte und den Ebro überquerte. In weniger als dreißig Tagen hatte er seine erschöpften, halbverhungerten Männer in das Winterlager bei Emporiae geführt; und er würde es in diesem unheilvollen Jahr nicht mehr verlassen. Ein Entschluß, der ihm um so leichter fiel, als er hörte, daß Metellus Pius die einzige Schlacht gewonnen hatte, die er hatte schlagen müssen, und zwar auf geniale Art.
Als der ältere Balbus Metellus Pius den Brief des Memmius überbracht hatte, dachte Metellus sofort darüber nach, wie er Memmius aus seiner mißlichen Lage in Neu-Karthago befreien konnte. Auch der Mann, den Sertorius verächtlich das alte Weib nannte, hatte sich verändert. Daß der Senat ausgerechnet den kleinen Schlächter mit einem gleichrangigen Imperium versehen hatte, war für seinen Stolz ein schwerer Schlag gewesen. Vielleicht hatte es tatsächlich dieser monumentalen Beleidigung bedurft, damit der starke Panzer Risse bekam, mit dem sich Metellus gegen Herausforderungen schützte, und damit der edle Kern sichtbar wurde, der sich darunter verbarg. Das Ferkel hatte schwer an dem Fluch — oder Segen — eines überaus selbstherrlichen Vaters zu tragen gehabt, dessen Mut und Arroganz unglaublich war und dessen Starrköpfigkeit an Debilität grenzte. Metellus Numidicus hatte sich von Marius um seinen Krieg gegen Jugurtha betrogen gefühlt, und auch danach hatte ihn dieser Emporkömmling, wie er meinte, immer wieder um die wohlverdienten Ehren betrogen. Er selbst wiederum hatte seinem Sohn keine andere Möglichkeit gelassen, als sich in unerschütterlicher Treue dafür einzusetzen, daß der vergötterte Vater aus dem Exil zurückkehren durfte, an dem ebenfalls Gaius Marius schuldig war. Schließlich war der Sohn doch noch aus dem Schatten des Vaters getreten und im Begriff gewesen, Sullas Lieblingsfeldherr zu werden. Doch da war der zweiundzwanzigjährige Pompeius aufgetaucht und hatte ihn mit einer größeren und besseren Armee ausgestochen.
Da Metellus Pius peinlich genau darauf achtete, sich immer wie ein römischer Adliger zu verhalten, mußte er sich die Befriedigung versagen, seinen Quälgeist Pompeius durch irgendwelche heimlichen Machenschaften in ein schlechtes Licht zu setzen. So geschah es, daß Metellus Pius, ohne daß er es selbst bemerkt hätte, die alte Haut des stotternden Ferkels abstreifte und ein neuer und besserer Feldherr darunter zum Vorschein kam. Nur indem er mehr entscheidende Schlachten gewann als Pompeius, konnte er sich an diesem picentischen Emporkömmling auf eine Weise rächen, die eines römischen Adligen würdig war!
Bezüglich der Kundschafter hatte Metellus Pius seine Lektion schon sehr früh gelernt. Er wählte
Weitere Kostenlose Bücher