MoR 03 - Günstlinge der Götter
guten Tagesmarsch entfernt waren. Also trieb Hirtuleius seine Truppen zur Eile an, damit ihm seine Beute nicht über den breiten und tiefen Fluß entschlüpfte.
Der Monat Quinctilis war angebrochen, und Südspanien hatte unter der ersten großen Hitzewelle des Sommers zu leiden. Die Sonne ging hinter dem Solorius-Gebirge auf und brannte unbarmherzig auf das Land herunter, das sich von der Hitze des vorigen Tages noch kaum erholt hatte, denn die windstille, schwüle Nacht hatte ihm kaum Erleichterung verschafft. Metellus Pius ging ausgesprochen fürsorglich mit seinen Truppen um. Er brachte sie im Schatten großer luftiger Zelte unter, achtete darauf, daß sie reichlich kühles Quellwasser tranken, und ließ sie Stirn und Nacken mit Tüchern kühlen, die mit demselben kühlen Quellwasser getränkt waren. Außerdem gab er seinen Männern einen neuen Ausrüstungsgegenstand mit in die Schlacht — einen Schlauch kalten Wassers, den sie an ihrem Gürtel befestigen mußten.
Selbst als sich die Armee des Hirtuleius auf der Straße nach Norden rasch näherte und man die unbarmherzige Sonne schon auf den Speerspitzen seiner Männer aufblitzen sah, ließ Metellus Pius seine Soldaten noch im Schatten ihrer Zelte ruhen und sorgte dafür, daß die Wannen, in die sie ihre kalten Kompressen tauchten, stets mit frischem Wasser gefüllt waren. Erst im allerletzten Moment gab er den Befehl, sich zur Schlacht zu formieren. Daher gingen seine Soldaten ausgeruht und kampflustig in Stellung und unterhielten sich vergnügt darüber, wie sie einander während der Schlacht zu einem dringend benötigten Schluck aus dem Wasserschlauch würden verhelfen können.
Die spanische Armee hingegen hatte bereits zehn harte Meilen unter der brennenden Sonne zurückgelegt. Sie führte zwar reichlich Wasser auf Lasteseln mit, fand aber vor der Schlacht nicht mehr die Zeit, eine Pause zu machen und zu trinken. Hirtuleius hatte keine Chance, mit seinen ausgetrockneten Männern die Schlacht zu gewinnen. Einmal wurden die feindlichen Feldherren sogar in einen Kampf Mann gegen Mann verwickelt — ein Ereignis, das seit den Tagen Homers kaum mehr vorgekommen war —, und obwohl Hirtuleius jünger und stärker war als Metellus Pius, gewann sein gut getränkter und gekühlter Gegner die Oberhand. Sie wurden im Schlachtgetümmel wieder voneinander getrennt, bevor der Kampf wirklich entschieden war, aber Hirtuleius hatte eine Wunde am Schenkel davongetragen und Metellus Pius den Ruhm. Nach einer Stunde war alles vorbei. Die spanische Armee löste sich auf, floh nach Westen und ließ viele tote und erschöpfte Männer auf dem Schlachtfeld zurück. Erst als Hirtuleius die Guadiana überquert und Lusitanien erreicht hatte, konnte er seinen Männern erlauben, eine Rast einzulegen.
»Ist das nicht ein wunderbarer Anblick?« sagte Metellus Pius zu seinem Sohn, als sie der kleiner werdenden Staubwolke im Westen Italicas nachblickten.
»Papa, du warst einfach toll!« schrie der junge Mann, der in seiner Begeisterung ganz vergessen hatte, daß er viel zu erwachsen war, um diese kindliche Bezeichnung zu benutzen.
»Und jetzt«, sagte das Ferkel mit stolzgeschwellter Brust, wobei er im Geiste schon die Briefe an Pompeius und den Senat formulierte, »nehmen wir alle ein kühles Bad im Fluß und schlafen uns ordentlich aus, bevor wir morgen nach Gades aufbrechen.«
Metellus Scipio blieb der Mund offen stehen. »Nach Gades? Warum denn nach Gades?«
»Natürlich nach Gades!« Metellus Pius versetzte seinem Sohn einen Stoß zwischen die Schultern. »Komm mit in den Schatten, Junge! Ich kann es mir nicht leisten, daß einer von meinen Leuten einen Sonnenstich bekommt, denn ich brauche euch bis zum letzten Mann. Würde es dir nicht gefallen, dieser Hitze durch eine lange Seereise zu entkommen?«
»Eine lange Seereise? Wohin?«
»Nach Neu-Karthago natürlich, um Gaius Memmius zu befreien.«
»Du bist einfach genial, Vater!«
Dieser Satz klang Metellus Pius mindestens ebenso angenehm in den Ohren wie der donnernde Jubel und die »Imperator«-Rufe, mit denen ihn sein Heer nach der Schlacht geehrt hatte. Ich habe es geschafft! dachte er, während er seinen Sohn in den Schatten des Feldherrenzeltes schob. Ich habe Quintus Sertorius’ bestem Feldherrn eine entscheidende Niederlage beigebracht.
Die Flotte, die von Gades aus in See stach, war gewaltig, und sie war hervorragend bewacht von allen Kriegsschiffen, die der Statthalter hatte auftreiben können. Die Frachtschiffe
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