MoR 03 - Günstlinge der Götter
unser Vorteil. Wenn er überhaupt eine Chance haben will, muß er sie straffen, wenn er uns kommen sieht. Und er glaubt, daß er eine Chance hat, sonst wäre er nicht mehr da. Wenn nötig, kann er nach Osten oder Westen zurückfallen und seine Truppen links und rechts der Stadtmauer zerstreuen. Wahrscheinlich wird er in beide Richtungen fliehen — das ist jedenfalls, was ich täte.«
Der letzte Satz war Pompeius herausgerutscht. Er wurde rot, sprach aber flüssig weiter. »Wir rücken mit vorgeschobenen Flügeln und zurückhängendem Zentrum vor. Die Reiterei wird geteilt und bildet die äußeren Spitzen der Flügel. Die Innenseiten der Flügel werden aus je einer Legion Fußsoldaten gebildet, die tiefgestaffelt links und rechts des Zentrums marschieren. Die restlichen vier Legionen bilden das Zentrum. Wenn ein Heer auf flachem Terrain angreift, ist schwer zu erkennen, wie weit die Flügel vorgeschoben sind, und ich werde sie immer weiter vorschieben, je näher wir dem Feind kommen. Wenn Sertorius mich unterschätzt — und das tut er mit Sicherheit —, dann wird er mir eine solche Kriegslist nicht zutrauen. Erst wenn er von meinen Flügeln eingeschlossen ist und nicht mehr nach Osten und Westen zurückfallen kann, wird er meinen Plan durchschauen. Dann hat er jedoch keinen Fluchtweg mehr, und wir können ihn vor der Stadtmauer aufrollen.«
»Es wird funktionieren«, riskierte Afranius eine Bemerkung.
»Es wird funktionieren«, nickte auch Petreius.
Das war alle Bestätigung, die Pompeius brauchte. Er ließ die Hörner am Fuß des Hügels »Tretet an und formiert euch« blasen, überließ es Afranius und Petreius, den anderen Legaten und den wichtigsten Zenturionen seine Befehle zu übermitteln, und ließ sechs berittene Herolde zu sich rufen.
Afranius und Petreius bekamen zunächst nicht mit, was er den Herolden auftrug, und als sie es schließlich hörten, waren zu viele Leute in der Nähe, als daß sie ihm die Sache noch hätten ausreden können. Außerdem war es zu spät. Sie konnten nur noch zusehen, wie die Herolde davonritten, und hofften verzweifelt für ihren Feldherrn, daß seine Strategie diesmal erfolgreich sein werde.
Während sich das Heer in Bewegung setzte, sprengten die Herolde mit einer weißen Fahne vor die äußeren Wälle von Sertorius’ Lager. Dort verkündeten sie den Bewohnern Lauros ihre Botschaft. »Heraus, ihr Bürger von Lauro, heraus!« riefen sie. »Strömt auf die Zinnen eurer Stadt und seht zu, wie Gnaeus Pompeius Magnus diesem wolfsköpfigen Renegaten den Garaus macht, der sich einen Römer schimpft. Er wird ihn lehren, was ein echter Römer ist. Kommt und seht, wie Gnaeus Pompeius Magnus Quintus Sertorius vernichtet!«
Es klappt! dachte Pompeius, der mutig genug war, abermals an der Spitze seines Heeres zu reiten. Die Flügel schoben sich wie geplant immer weiter nach vorn, als die Legionen vorrückten, und Sertorius hatte seinen Männern noch immer nicht befohlen, nach Osten oder Westen zu fliehen. Ich werde sie einschließen, dachte Pompeius. Sertorius wird sterben, mit all seinen Männern. O ja, er wird auf eine sehr schmerzhafte und endgültige Weise erfahren, was es heißt, Gnaeus Pompeius Magnus zu erzürnen!
Doch Sertorius hatte sechstausend Mann vor Pompeius’ Kundschaftern verborgen gehalten und sie so aufgestellt, daß dieser sie auf seinem Aussichtspunkt nicht sehen konnte. Diese Truppen fielen jetzt über die ungeschützte Nachhut des Pompeius her und hatten sie zerfetzt, bevor Pompeius in der Vorhut überhaupt etwas davon merkte. Als ihm der Angriff endlich gemeldet wurde, konnte er die Katastrophe nicht mehr aufhalten. Seine Flügel waren schon so weit voraus, daß er ihren Vormarsch nicht mehr bremsen konnte. Sie waren nach innen geschwenkt und hatten die Truppen des Sertorius in ein hartes Gefecht verwickelt — unter Lauros Zinnen. Diese waren dank der Herolde tatsächlich schwarz von Zuschauern, die nun allerdings Zeugen der Katastrophe des Pompeius wurden. Als es ihnen trotz mehrmaliger Versuche nicht gelang herumzuschwenken, versuchten Pompeius und seine Legaten verzweifelt, mit den vier Legionen des Zentrums ein Karree zu bilden. Um die Sache noch schlimmer zu machen, sprengten in diesem Augenblick mehrere Abteilungen der sertorianischen Reiterei hinter der Stadtmauer hervor, umritten die Flügel des Pompeius und nahmen sein Staatspferd an der Spitze des Zentrums aufs Korn.
Eine Katastrophe jagte die andere. Doch die Veteranenlegionen des Pompeius
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