MoR 03 - Günstlinge der Götter
bestanden aus guten Soldaten und wurden von erfahrenen Zenturionen geführt. Sie kämpften verbissen, auch wenn ihnen die Zunge vor Durst am Gaumen klebte und sie mit Grauen reststellen mußten, daß ihr wunderbarer junger Feldherr, den sie so lange für unbesiegbar gehalten hatten, schon wieder übertölpelt worden war. Schließlich gelang es Pompeius und seinen Legaten doch, ihr Karree zu formen und sogar ein Lager zu errichten.
In der Abenddämmerung zog sich Sertorius zurück, und sie konnten das Lager befestigen. Es war von Leichenbergen umgeben und von Hohngeschrei überschüttet, das jetzt nicht mehr nur von den Soldaten des Sertorius, sondern auch von den Bürgern Lauros kam. Pompeius war zu stolz, sich den scharlachroten Feldherrenmantel über den Kopf zu ziehen und über die Niederlage zu weinen. Statt dessen zwang er sich, zwischen seinen halbverdursteten Soldaten umherzugehen und sie mit einem Lächeln hier und ein paar freundlichen Worten da aufzumuntern. Außerdem dachte er darüber nach, wie er Wasser auftreiben konnte, denn er mochte nicht daran denken, wie er sich von dieser Schande je würde reinwaschen können.
Im ersten Licht der Morgendämmerung schickte er Boten zu Sertorius und bat um Zeit, die Toten zu bestatten. Seiner Bitte wurde so großzügig entsprochen, daß er das leichenbedeckte Schlachtfeld verlassen und sein Lager an einen Ort verlegen konnte, wo es reichlich Trinkwasser gab. Danach jedoch überfiel ihn eine tiefe Depression, und er überließ es seinen Legaten, die Leichen zu zählen und sie in tiefen Gräben zu bestatten. Es gab kein Holz in der Nähe, um sie zu verbrennen, und Öl war auch nicht vorhanden. Pompeius zog sich in sein Zelt zurück, während die unverwundeten Soldaten ein stabiles Lager errichteten, das ihm Sertorius vom Leib halten sollte, wenn der Waffenstillstand zu Ende war.
Erst als die Sonne am Tag nach der Schlacht unterging, wagte es Afranius, um eine Audienz zu bitten. Er kam allein.
»Es wird bis zum nächsten Markttag dauern, bis wir mit den Bestattungen fertig sind«, sagte der Erste Legat ohne Umschweife.
Auch Pompeius kam gleich zur Sache. »Wie viele Tote sind es, Afranius?«
»Zehntausend Fußsoldaten und siebenhundert Reiter.«
»Verwundete?«
»Fünftausend sind ziemlich schwer verwundet, und fast alle haben irgendwelche Schnittwunden, blaue Flecken oder Kratzer. Die überlebenden Reiter sind unverletzt, aber sie haben nicht genug Pferde. Sertorius hatte es auf die Pferde abgesehen.«
»Mir bleiben also vier Legionen Fußsoldaten, von denen eine aus Schwerverwundeten besteht, und achthundert Reiter, die nicht genügend Pferde haben.«
»So ist es.«
»Er hat mich verprügelt wie einen Hund.«
Afranius starrte auf die lederne Zeltwand und schwieg.
»Er ist ein Vetter von Gaius Marius, nicht?«
»Das stimmt.«
»Vielleicht ist das der Grund.«
»Vielleicht.«
Beide Männer sagten längere Zeit nichts. Dann brach Pompeius das Schweigen. »Wie soll ich das dem Senat erklären?« sagte er leise. Es klang wie ein Wimmern.
Afranius riß seinen Blick von der Zeltwand los und sah seinem Feldherrn ins Gesicht. Er hatte einen hundertjährigen Greis vor sich. Das Herz wurde ihm schwer. Er liebte Pompeius aufrichtig, als Freund und als Feldherrn. Mehr noch als das normale Mitleid, das man für einen Freund empfindet, schmerzte ihn die plötzliche Erkenntnis, daß Pompeius innerlich verfallen und absterben würde, wenn niemand ihm half, sein Selbstvertrauen zurückzugewinnen. Dieser graugesichtige alte Mann war ihm völlig fremd.
Also sagte er: »Wenn ich du wäre, würde ich die Sache auf Metellus Pius schieben. Sag einfach, er habe seine Provinz nicht verlassen, um dir zu helfen. Außerdem würde ich die Größe von Sertorius’ Armee in meinem Bericht verdreifachen.«
Pompeius schreckte entsetzt zurück. »Nein, Aframus. Das kommt überhaupt nicht in Frage!«
»Warum?« fragte Afranius verblüfft; moralische Skrupel hatte er bei Gnaeus Pompeius Magnus noch nie erlebt.
»Erstens«, erklärte Pompeius geduldig, »werde ich Metellus Pius brauchen, wenn überhaupt noch etwas bei dieser spanischen Mission herauskommen soll; ich habe fast ein Drittel meiner Truppen verloren, und ich kann den Senat nicht um Nachschub bitten, bevor ich nicht mindestens einen Sieg vorzuweisen habe. Zweitens ist es möglich, daß jemand aus Lauro nach Rom entkommt, und man würde ihm glauben, was er erzählt. Und drittens bin ich zwar kein Weiser, aber ich glaube
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