MoR 03 - Günstlinge der Götter
haben, die ihr zu dem Zeitpunkt ausgezahlt werde, zu dem Drusus’ Waisen die Volljährigkeit erreichen. Und das haben sie mittlerweile. Marcus Porcius Cato, der jüngste der Nachkommen, ist gerade achtzehn geworden, wohnt in seines Vaters Haus und hat seine Unabhängigkeit erklärt.
Als der zwanzigjährige Appius Claudius Pulcher um Servilia Gnaea warb, griff sie sofort zu. .Sie ist jetzt zweiunddreißig Jahre alt und durch und durch alte Jungfer. Allerdings glaube ich dem Gerücht nicht, wonach sie sich rasieren soll. Das macht nur ihre Mutter, wie jeder weiß. Das Beste an Appius Claudius’ Handel ist wohl, daß seine Schwiegermutter, die genannte Porcia Liciniana, sich in ein geräumiges Haus am Meer zurückgezogen hat, das Scaurus und Mamercus am gleichen Tag gekauft haben sollen, an dem sie die Tochter anstellten. Deshalb braucht Appius Claudius nun nicht mit seiner Schwiegermutter zusammenzuleben. Die zweihundert Talente kommen ihm sicherlich sehr gelegen.
Aber das Tollste kommt noch, Marcus. Appius Claudius hat es geschafft, Clodilla, die jüngste seiner Schwestern, mit keinem anderen als Lucullus zu verheiraten! Gerade fünfzehn soll sie sein — sagen er und Lucullus. Ich würde ihr eher vierzehn geben, aber ich kann mich täuschen. Eine glänzende Partie! Dank Sulla ist Lucullus unerhört reich geworden und verwaltet außerdem noch das Vermögen der Himmlischen Zwillinge. Damit will ich nicht etwa andeuten, unser rechtschaffener Lucullus könne Gelder von Faustus und Fausta veruntreuen, aber was hindert ihn daran, die
Zinsen in seine Tasche zu stecken?
Dem unternehmerischen Sinn dieses zwanzigjährigen Jünglings ist es also zuzuschreiben, daß sich die Vermögenslage der Familie Appius Claudius Pulcher dramatisch zum Besseren gewendet hat. Ganz Rom lacht über ihn, aber nicht ohne ihn insgeheim zu bewundern. Diesen Appius Claudius muß man im Auge behalten! Der vierzehnjährige Publius Clodius soll schon ein richtiger Schwerenöter sein, und sein großer Bruder zügelt ihn in keiner Weise. Er ist ein hübscher, frühreifer Junge und zu Streichen jeder Art aufgelegt. Ich glaube aber, daß er ein heller Kopf ist und sich daher mit der Zeit mäßigen und ein musterhafter patrizischer Römer wird.
Was kann ich Dir sonst noch berichten? Ach ja. Es ist kürzlich ans Licht gekommen, daß Gnaeus Sicinius jahrelang bei Crassus tief verschuldet war. Die Römer erfuhren davon, weil Sicinius ruiniert ist und Crassus nicht das Geld zurückzahlen kann. Ich wußte gar nicht, daß Crassus Geld geliehen hat, aber ihm ist nichts vorzuwerfen. Er leiht nur Senatoren Geld und erhebt keine Zinsen. Das ist seine Art, sich Klienten unter den Senatoren zu schaffen. Ich werde Freund Crassus beobachten lassen. Leihe Dir auf keinen Fall Geld von ihm, Marcus! Zinsfreie Kredite sind eine große Versuchung, aber Crassus fordert sein Geld zurück, wann es ihm gerade paßt, ohne jede Vorwarnung und ohne weitere Stundung. Wer nicht zahlen kann, ist ein ruinierter Mann. Und die Zensoren, wenn wir welche hätten, könnten nichts für ihn tun, denn er verlangt ja keine Zinsen. Kurz und gut: Er kann nicht des Wuchers geziehen werden, er ist nur ein grundehrlicher netter Kerl, der seinen .Senatorenfreunden ein wenig mit Geld aushilft. Das mag für heute genügen. Terentia ist wohlauf, ebenso die kleine Tullia. Was für ein hübsches Kind Deine Tochter doch ist! Dein Bruder hat sich nicht verändert. Ich wünschte mir sehr, er würde besser mit meiner Schwester auskommen. Aber in dieser Hinsicht haben wir beide wohl keine große Hoffnung mehr. Pomponia ist ein Drachen und Quintus ein Landadliger von altem Schrot und Korn: dickköpfig, genügsam und stolz, und er läßt sich in seinem Haus von niemandem dreinreden.
Lebe wohl. Ich schreibe Dir noch, ehe ich Rom verlasse und zurück nach Epirus gehe, wo meine Rinderzucht floriert. Für Schafhaltung ist die Gegend zu naß, die Zehen der Tiere bekämen die Fäule. Alle haben sich jetzt so sehr auf die Wollerzeugung verlegt, daß sie ganz vergessen, wieviel Rindsleder in der Welt gebraucht wird. Rinderzucht wird als Geldanlage unterschätzt.
Gegen Ende des Sextilis erhielt Caesar eine Eilbotschaft aus Bithynien. König Nikomedes lag im Sterben und wünschte ihn noch einmal zu sehen. Caesar kam diesem Ruf gern nach, zumal ihm in Rom allmählich die Luft zum Atmen ausging und die Arbeit bei Gericht in Routine versank. Zwar war die Nachricht nicht erfreulich, aber man hatte mit ihr rechnen
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