MoR 03 - Günstlinge der Götter
Opfer zu lösen. Später wunderte sich mancher aus der Zuschauermenge, daß die neun Volkstribunen keine Anstalten gemacht hatten, Hybrida zu helfen.
»Die Klage ist abgewiesen«, schrie Varro Lucullus aus voller Kehle. »Ich, Marcus Terentius Varro Lucullus erkläre, daß die Voraussetzungen für die Hauptverhandlung nicht gegeben sind. Das Verfahren ist damit beendet! Kläger, nehmt eure sponsio zurück. Ihr anderen geht alle nach Hause!«
»Die sponsio gehört Gaius Antonius!« rief eine andere Stimme: Es war Gaius Aelius Staienus.
»Nein, sie gehört nicht Hybrida!« widersprach Cethegus. »Die Klage ist vom Prätor für Fremdenrecht abgewiesen worden, in dessen Zuständigkeit der Fall liegt. Die zweitausend Talente gehen an ihre Besitzer zurück, da keine sponsio gilt.«
»Nehmt jetzt endlich euren Angehörigen der Plebs und verlaßt meinen Gerichtshof!« fauchte Varro Lucullus die Volkstribunen an. »Schert euch weg! — Und laßt euch gesagt sein, daß ihr mit eurem skandalösen Mißbrauch dieser Institution der Sache des Volkstribunats keinen Dienst erwiesen habt! Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um euch ein für allemal einen Maulkorb zu verpassen!«
Die neun Tribunen gingen fort, hinter ihnen Staienus, der noch immer der entgangenen sponsio nachtrauerte, und Hybrida, der sich vorsichtig an die malträtierte Kehle langte.
Während die erregte Menge noch hin und her wogte, schauten sich Varro Lucullus und Caesar an.
»Wenn es nach mir gegangen wäre, hättest du dieses Ungeheuer ruhig erwürgen können, aber du wirst verstehen, daß ich es nicht zulassen konnte«, sagte Varro Lucullus.
»Ich verstehe«, erwiderte der noch immer vor Erregung bebende Caesar. »Ich dachte immer, ich sei ein beherrschter Mann! Ansonsten bin ich kein Heißsporn, aber ich konnte einfach nicht ertragen, daß mich solch ein Schurke wie Hybrida Päderast nennt.«
»Das leuchtet ein«, bemerkte Varro Lucullus trocken, denn er erinnerte sich daran, was sein Bruder zu diesem Thema gesagt hatte.
Auch Caesar erinnerte sich nun, wessen Bruder er hier gegenüberstand, sagte sich aber, daß Varro Lucullus durchaus zu einem selbständigen Urteil fähig war.
»Hat man schon soviel Bosheit gesehen?« empörte sich Cicero, der nun, da sich der Aufruhr gelegt hatte, ebenfalls hinzutrat. »Verlangt dieses Aas doch die sponsio, bei den Göttern!«
»Es braucht ein gerütteltes Maß an Bosheit«, sagte Caesar und deutete auf den verstümmelten Mann und seine Frau, »um Menschen so etwas anzutun.«
»Abscheulich!« rief Cicero und setzte sich auf die Stufen des Gerichtshofes.
Caesar wandte sich nun an Iphikrates, der unsicher von einem Fuß auf den anderen trat. »Nun, wenigstens haben wir die zweitausend Talente gerettet. Außerdem ist es uns gelungen, in Rom für allgemeine Empörung zu sorgen. Der Senat wird künftig sehr genau überlegen, welchen Mann er als Statthalter nach Mazedonien schickt. Geh nun in dein Gasthaus zurück und nimm diese unglücklichen Opfer mit. Ich bedaure nur, daß die Bürger ihrer Heimat weiterhin für sie aufkommen müssen. Aber ich hatte dich gewarnt.«
»Ich bedaure nur eins«, sagte Iphikrates, schon zum Gehen gewandt, »daß wir Gaius Antonius Hybrida nicht seiner gerechten Strafe haben zuführen können.«
»Sicher, wir haben es nicht geschafft, ihn finanziell zu ruinieren. Aber er muß Rom verlassen, und es wird eine ganze Weile dauern, bis er sich wieder in diese Stadt traut.«
»Glaubst du wirklich«, fragte Cicero, »daß Hybrida neun Volkstribunen bestochen hat?«
»Da bin ich ganz sicher!« schaltete sich der dabeistehende Cethegus ein, der sich immer noch nicht beruhigen konnte. »Abgesehen von Sicinius, obwohl ich den auch nicht in mein Herz geschlossen habe, sind die Volkstribunen dieses Jahres ein elendes Pack!«
»Wie sollten sie auch glänzende Tugenden haben?« fragte Caesar, schon wieder ganz gelassen. »Heutzutage ist in öffentlichen Ämtern kein Ruhm zu erwerben. Das ist eine Sackgasse.«
»Ich frage mich«, sagte Cicero, »wieviel Hybrida die neun Volkstribunen gekostet haben.«
Cethegus spitzte kennerisch die Lippen. »Etwa vierzigtausend jeder.«
Varro Lucullus’ Augen funkelten. »Du scheinst dir absolut sicher zu sein, Cethegus! Woher weißt du das?«
Der König der Hinterbänkler vergaß seinen Zorn. Dieses Aufbrausen paßte sowieso nicht zu seinem sonstigen Stil, wenn es auch, wie er behauptete, durchaus verzeihlich sei. Dann antwortete er mit
Weitere Kostenlose Bücher