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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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hochgezogener Braue und der ihm eigenen gedehnten Aussprache. »Mein verehrter praetor peregrinus, was die Begehrlichkeiten der Senatoren betrifft, so gibt es für mich keine Geheimnisse. Für jeden Senator könnte ich dir auf den Sesterz genau die entsprechende Bestechungssumme angeben. Für das schäbige Volkstribunenpack sind es vierzigtausend für jeden.«
    Eben diese Summe, so mußte Hybrida entdecken, hatte auch Gaius Aelius Staienus gezahlt; neunzigtausend Sesterzen hatte er in die eigene Tasche gesteckt.
    »Heraus damit!« forderte der Mann, der seine Mitmenschen gern folterte und verstümmelte. »Gib das Zugeld heraus, Staienus, oder ich reiße dir eigenhändig die Augen aus! Ich bin jetzt schon dreihundertsechzigtausend Sesterzen los — du und deine zweitausend Talente!«
    Doch Staienus ließ sich nicht beeindrucken. »Vergiß nicht«, sagte er boshaft grinsend, »daß es meine Idee war, auf das ius auxilii ferendi zurückzugreifen. Ich behalte die neunzigtausend. Du dagegen solltest den Göttern danken, daß du nicht dein ganzes Vermögen verloren hast.«
    Das Aufsehen, das der abgesetzte Prozeß erregt hatte, legte sich allmählich, nicht ohne für einige nachhaltige Folgen zu sorgen. Eine davon war, daß das Kollegium der Volkstribunen dieses Jahres als das schändlichste überhaupt in die Annalen der politischen Geschichtsschreiber einging. Mazedonien blieb in der Hand verantwortlich handelnder — allerdings militärischer — Statthalter; Gnaeus Sicinius beschwor auf dem Forum nicht mehr die Rückkehr zu den alten Rechten der Volkstribunen; Caesars Ruhm als Anwalt wuchs weiter; Gaius Antonius Hybrida schließlich mied mehrere Jahre lang Rom und die Orte, wo Römer verkehrten. Er zog sich auf die Insel Cephallenia im Ionischen Meer zurück, wo er der einzige Zivilisierte — wenn er als solcher gelten konnte - unter lauter Barbaren war. Dort entdeckte er auch mehrere alte Grabhügel, die wahre Schätze bargen: erlesene verzierte Dolche, Masken aus purem Gold, Kannen aus Elektrum, Bergkristallschalen und Haufen von Edelsteinen. Der Wert dieser Schätze überstieg bei weitem zweitausend Talente. Mit ihnen hätte er sich das Konsulat nach seiner Heimkehr sichern können, selbst wenn er jede einzelne Stimme hätte kaufen müssen.
    Kein Vorfall erregte im folgenden Jahr die Aufmerksamkeit Caesars, der in Rom blieb und sich mit großem Erfolg als Anwalt betätigte. Cicero war in diesem Jahr nicht in Rom. Nach der Wahl zum Quästor zog er bei der Verlosung der Amtssitze die Stadt Lilybaeum in Westsizilien, wo er unter dem Statthalter Sextus Peducaeus arbeiten sollte. Da er als Quästor nun Mitglied des Senats geworden war, nahm er in Kauf, Rom verlassen zu müssen, wenn er auch eher auf einen Einsatz innerhalb Italiens gehofft hatte. Er stürzte sich mit Begeisterung in die neue Arbeit, bei der es vor allem um die Getreideversorgung ging. Die Ernte war in diesem Jahr schlecht ausgefallen, doch die Konsuln hatten Vorkehrungen für den zu erwartenden Getreidemangel getroffen, indem sie große Mengen des noch in Sizilien gelagerten Getreides aufgekauft hatten. Diese Vorräte wurden nun in Rom dank einer vorsorglich erlassenen lex frumentaria billig verkauft.
    Cicero liebte es wie jeder andere Literat auch, Briefe zu schreiben und zu erhalten. Schon lange vor seinem jetzigen, dem einunddreißigsten Lebensjahr war er ein eifriger Briefschreiber gewesen. Doch erst in seine Zeit in Sizilien fällt der Höhepunkt seiner Leidenschaft für das Briefeschreiben, die in einem ständigen Strom von Briefen zwischen ihm und dem gelehrten Plutokraten Titus Pomponius Atticus ihren Niederschlag fand. Dank Atticus blieb er auch in den Monaten seiner insularen Einsamkeit in Lilybaeum über das gesellschaftliche Leben in Rom stets auf dem laufenden.
    So schrieb Atticus in einem Brief gegen Ende von Ciceros Zeit im fernen Sizilien:
    Zu den befürchteten Hungeraufständen ist es dank Roms klugen Konsuln nicht gekommen. Ich hatte neulich eine Aussprache mit Gaius Cottas Bruder Marcus, dem designierten Konsul des nächsten Jahres. Warum, so fragte ich ihn, müssen in einem Volk, das von so klugen Männern regiert wird, die einfachen Leute in regelmäßigen Abständen immer noch von Hirse und Rüben leben? Es sei höchste Zeit, daß Rom gegen die privaten Getreideanbauer in Sizilien oder in unseren anderen Provinzen vorgehe und ihnen vorschreibe, ihre Ernte an den Staat zu verkaufen und nicht auf höhere Preise von den privaten

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