MoR 03 - Günstlinge der Götter
stürzten davon, andere mußten sich übergeben.
Unterdessen wurde Spartacus zu den Unterkünften zurückgebracht.
»Das reicht!« fuhr ihn der Meister an. »Aus dir wird nie im Leben ein Gladiator!«
»Aber er hat mich verwundet!« protestierte Spartacus.
Der Meister schüttelte nur den Kopf. »Wie kann jemand nur so schlau und gleichzeitig so dumm sein?« fragte er. »Mit deinem Aussehen und deiner Begabung hättest du der berühmteste Gladiator in ganz Italien werden können! Du hättest dir leicht einen Ruf erworben, mir hätte man auf die Schulter geklopft und Lucius Marcius Philippus hätte einen dicken Gewinn eingestrichen. Aber das geht offenbar in deinen Schädel nicht rein, Spartacus. Du bist eben zu dumm dazu! So schlau und gleichzeitig so dumm. Du fliegst heute noch raus!«
»Raus? Aber wo soll ich hin?« fragte der Beschimpfte. »Ich muß meine Zeit als Gladiator abdienen!«
»Oh, das wirst du auch«, sagte der Meister. »Aber nicht hier. Lucius Marcius Philippus besitzt noch eine andere Schule weiter draußen vor Capua. Dorthin schicke ich dich. Eine hübsche kleine Schule, ungefähr hundert Gladiatoren, zehn Fechtlehrer und der beste lanista im ganzen Geschäft. Gnaeus Cornelius Lentulus Batiatus, der Barbar. Der Alte stammt aus Illyrien. Nach mir, Spartacus, wird Batiatus das reine Gift für dich sein.«
»Das überstehe ich«, gab Spartacus unbeeindruckt zurück. »Ich muß ja.«
In der Morgendämmerung des folgenden Tages fuhr ein geschlossener Karren für den Ausgestoßenen vor. Spartacus stieg rasch ein, doch kaum war der Türriegel wieder vorgeschoben, mußte er feststellen, daß ein paar Spalten zwischen schlecht vernagelten Brettern die einzige Verbindung zur Außenwelt bildeten. Er war eingesperrt und wußte noch nicht einmal, wohin er gebracht wurde! Gefangener zu sein war eine so entsetzliche Vorstellung für jeden Römer, daß Spartacus, als der Karren schließlich durch das hohe eisenbeschlagene Tor der Gladiatorenschule des Gnaeus Cornelius Lentulus Batiatus rumpelte, halb wahnsinnig und übel zugerichtet war, so oft hatte er sich gegen die Bretterwände seines Gefängnisses geworfen.
Das war nun schon ein Jahr her. Seinen fünfundzwanzigsten Geburtstag hatte er noch in der anderen Schule begangen, seinen sechsundzwanzigsten erlebte er in den Mauern der Anstalt, die von ihren Insassen Villa Batiatus genannt wurde. Hier wurde niemand gehätschelt! Die Größe der Belegschaft schwankte bisweilen, doch die Anstaltsbücher sprachen gewöhnlich von rund hundert Gladiatoren — fünfzig Thraker und fünfzig Gallier. Alle waren aus anderen Schulen hierhergekommen, weil sie etwas auf dem Kerbholz hatten, zumeist Disziplinverstöße zusammen mit Körperverletzung oder Meuterei. Man hielt sie wie Bergwerksklaven, nur daß sie innerhalb der Villa Batiatus keine Ketten trugen und daß sie mit gutem Essen, einem sauberen Lager und sogar mit Frauen versorgt wurden.
Dennoch war es Sklaverei. Jeder Gladiator wußte, daß er bis ans Ende seines Lebens in der Villa Batiatus bleiben würde, selbst wenn er die Kämpfe in der Arena überlebte. Wer zu alt zum Kämpfen war, wurde als Fechtlehrer oder Diener weiterbeschäftigt. Sie erhielten keinen Lohn. Auch reichten die Pausen zwischen den Kämpfen nicht, um die davongetragenen Wunden auszuheilen, denn wenn bei Batiatus die Nachfrage rege war — und das war fast immer der Fall —, waren sie stets im Einsatz. Batiatus war der Mann, der jeden Preis unterbot, so daß jeder, der ein paar Sesterzen übrig hatte und einen verstorbenen Verwandten mit Leichenspielen ehren wollte, sich bei ihm ein paar Männer mieten konnte.
Aus der Villa Batiatus gab es so gut wie kein Entrinnen. Das Anwesen war in viele kleine Areale aufgeteilt, die alle mit Mauern und Gittern voneinander abgetrennt waren. Keines der Areale, in denen sich Gladiatoren aufhielten, stieß unmittelbar an die hohen, mit Eisenspitzen bewehrten Außenmauern. Auch bei auswärtigen Auftritten war eine Flucht so gut wie unmöglich; bei Reisen im geschlossenen Karren hatte jeder Mann Ketten an Händen und Füßen, und der Kopf steckte in Halseisen. Gingen sie zu Fuß, bewachte sie eine Schar Bogenschützen, die ihre Pfeile stets schußbereit hielten. Nur kurz bevor sich für den Gladiator das Tor zur Arena öffnete, wurden ihm die Ketten abgenommen, aber auch dann blieben Bogenschützen stets in seiner Nähe.
Wie anders sah doch das Leben eines gewöhnlichen Fechters aus! Er durfte seine
Weitere Kostenlose Bücher