MoR 03 - Günstlinge der Götter
sollten.
Anfangs war er vom Kriegsschauplatz und von der Art der Kriegführung begeistert und fügte seiner wachsenden Zahl von Auszeichnungen noch weitere armillae und phalerae hinzu. Dann aber geriet Cosconius in eine Belagerung hinein, die über zwei Jahre dauern sollte. Die Hafenstadt Salonae kämpfte nicht mehr, verweigerte aber die Kapitulation. Der zum jungen Mann gereifte Militärtribun empfand die Belagerung als unerträglich langweilig und reine Zeitverschwendung. Sein Lebensziel stand fest: Er wollte im römischen Heer eine Karriere als vir militaris machen. Gaius Marius hatte so seine Laufbahn begonnen, und wie weit hatte er es gebracht! Jetzt aber sah er sich monatelang zum Nichtstun und Ausharren verurteilt.
Er bat um seine Versetzung nach Spanien, denn wie viele seiner Kameraden war er fasziniert von den Kriegstaten des Sertorius. Doch der befehlshabende Legat seiner Legion zeigte kein Verständnis und schlug seine Bitte ab. Die Langeweile nahm kein Ende. Ein zweitesmal bat er um Versetzung nach Spanien, und wieder erhielt er eine abschlägige Antwort. Daraufhin ließ seine Disziplin rapide nach. Er verschaffte sich einen zweifelhaften Ruf durch Aufsässigkeit, Trunkenheit und unerlaubtes Fernbleiben von der Truppe. Damit war es schlagartig vorbei, als Salonae endlich fiel und der Feldherr Cosconius gemeinsam mit Gaius Scribonius Curio, dem Statthalter von Mazedonien, einen Vernichtungsfeldzug gegen die Dardaner begann. Das war eher nach seinem Geschmack!
Dann aber kam es zu einem Vorfall, welcher die Karriere des jungen Militärtribuns abrupt beendete. Es war von Rebellion die Rede, und der verständnislose Legat stellte sich als sein heimlicher Feind heraus. Der junge Mann wurde mit einigen anderen vor Cosconius’ Militärgericht gestellt und der Meuterei angeklagt. Das Gericht befand ihn für schuldig. Wäre er ein Angehöriger der Hilfstruppen oder ein anderer Nicht-Römer gewesen, hätte sein Urteil Auspeitschen mit anschließender Hinrichtung gelautet. Da er aber ein Römer und Offizier im Range eines Militärtribunanwärters war — und obendrein Träger zahlreicher Tapferkeitsmedaillen —, wurde er vor eine Wahl gestellt. Sein Bürgerrecht würde er in jedem Fall verlieren, aber er konnte sich aussuchen, entweder ausgepeitscht und danach auf Lebenszeit aus Italien verbannt zu werden oder aber Gladiator zu werden. Wie nicht anders zu erwarten, wählte er die zweite Möglichkeit, die ihm erlaubte, wenigstens nach Hause zurückzukehren. Als Campaner wußte er alles über Gladiatoren, denn die Gladiatorenschulen lagen alle in der Gegend von Capua.
Zusammen mit sieben anderen Männer, die ebenfalls der Meuterei für schuldig befunden worden waren und die wie er das Gladiatorendasein dem Exil vorgezogen hatten, wurde er auf dem Seeweg nach Aquileia gebracht. Dort kaufte ihn ein Händler und sandte ihn zu einer Auktion nach Capua. Der angehende Gladiator war keineswegs erpicht darauf, mit seinem früheren Römerstatus zu paradieren. Sein Vater und sein älterer Bruder mochten Gladiatorenkämpfe nicht und besuchten nie Leichenspiele. Er konnte daher in der Nähe des väterlichen Bauernhofs leben, ohne daß Vater und Bruder es je erfahren würden. Deshalb suchte er sich einen Gladiatorennamen aus, einen einprägsamen und kriegerischen, der Erinnerungen an strahlende Kämpfertugenden anklingen ließ: Spartacus. Ja, dieser Name zerging auf der Zunge. Er schwor sich, einmal ein berühmter Gladiator zu werden, einer, um den man sich in ganz Italien reißt, der zehn Mädchen an jedem Finger hat und der mit Einladungen zu Gelagen überhäuft wird.
Auf dem Markt in Capua wurde er an einen Fechtmeister jener berühmten Gladiatorenschule verkauft, die dem Konsular und ehemaligen Zensor Lucius Marcius Philippus gehörte. Das war nicht weiter erstaunlich, denn sein ganzes Aussehen prädestinierte ihn zum Gladiator: er war hochgewachsen, Waden, Schenkel, Brust, Schultern und Arme strotzten vor Muskeln, sein Nacken glich dem eines Stiers und seine Haut der eines sonnengebräunten Mädchens, ein paar sehr apart aussehende Narben ausgenommen; sein blondes Haar und seine grauen Augen verliehen ihm ein angenehmes Wesen; schließlich bewegte er sich mit der Anmut eines Prinzen, und er besaß die Haltung eines Königs. Der lanista, der ihn im Auftrag von Philippus für hunderttausend Sesterzen kaufte, erkannte in ihm sofort den geborenen Gladiator. Sein Auftraggeber, der selbstverständlich nicht dabei war — er
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