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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Geschick und taktische Intelligenz gefragt sind. Aus den Abschürfungen, Schnitten und Striemen, die alle Gladiatoren davontragen, fließt genügend Blut, um die Sensationslust des Publikums zu befriedigen. Die Zuschauer wollen nicht sehen, wie sich zwei Männer gegenseitig umbringen oder sich die Arme abschlagen! Sie wollen Spiele sehen, Spartacus, Spiele! Einen athletischen Wettkampf! Wollten die Leute sehen, wie sich Männer gegenseitig niedermachen und verstümmeln, wäre ein Schlachtfeld der geeignete Ort, und die Götter wissen, daß es mehr als genug Schlachtfelder in unserer Campania gegeben hat!« Für einen Augenblick wandte er den Blick von Spartacus. »Geht das in deinen Schädel? Verstehst du jetzt das Ganze besser?«
    »Ja, Meister.«
    »Dann geh wieder und übe wie ein guter Junge! Laß deine Kampfwut an den Sandsäcken und Popanzen aus. Und wenn du wieder mit dem Holzschwert einem Fechtlehrer gegenüberstehst, dann übe dich in eleganten Bewegungen und vermeide dieses schauderhafte Geräusch brechender Knochen!«
    Da Spartacus genug Verstand besaß, um zu verstehen, was der Meister ihm klarmachen wollte, ließ er es sich nach ihrer Unterredung für eine Weile angelegen sein, nur auf die Bewegungsabläufe zu achten, ja er sah darin sogar eine Herausforderung, die einen Reiz für ihn hatte. Die umsichtigen, verständnisvollen Fechtlehrer, die gegen ihn antraten, stellten befriedigt fest, daß er nun nicht mehr ihre Gliedmaßen zerschmettern wollte, sondern seine Aufmerksamkeit auf die Bewegungsabläufe des Kampfes richtete, für die sich das Publikum so begeisterte. Der Meister war mißtrauischer und wollte noch nicht glauben, daß Spartacus von seiner Blutgier geheilt sei. Doch nach einem halben Jahr war auch er überzeugt und setzte seinen schwierigen Gladiator auf eine Liste von fünf Paaren, die bei Leichenspielen in den Guttae bei Capua auftreten sollten. Da die Spiele ganz in der Nähe stattfanden, konnte der Meister persönlich anwesend sein und selbst in Augenschein nehmen, welche Figur Spartacus in der Arena machte. Der Gallier, der gegen Spartacus antrat, war ihm durchaus ebenbürtig; noch ein Stückchen größer als er und ebenso athletisch gebaut. Nur mit einem knappen Schurz bekleidet, der gerade die Scham bedeckte, kämpfte er mit einem langen, leicht gewölbten Schild und einem geraden zweischneidigen Schwert. Das Prunkstück seiner Ausrüstung aber war sein Helm: eine glänzende Silberkappe mit Backenstücken und Seitenflügeln und bekrönt mit einem springenden emaillierten Fisch, der größer als der sonst übliche Helmbusch war.
    Spartacus hatte den Gallier vorher nie gesehen, geschweige denn gesprochen. In einem weitläufigen Gebäude wie Philippus’ Gladiatorenschule kannten die Insassen niemanden außer den Fechtlehrern, dem Meister und den Schülern ihrer Ausbildungsstufe. Er hatte lediglich vorher erfahren, daß sein erster Gegner ein erfahrener Gladiator mit vierzehn Kämpfen sei, der sich in der Arena von Capua, wo er gewöhnlich auftrat, großer Beliebtheit erfreue.
    Anfangs verlief alles gut. Spartacus bewegte sich mit seiner schweren Beinpanzerung in abgezirkelten Schritten stets knapp außerhalb der Reichweite des Galliers. Einige Frauen im Publikum waren von seinem hübschen Gesicht und seinem herkulesartigen Körper so hingerissen, daß sie laute Seufzer ausstießen und den Mund zu schmatzenden Küssen schürzten. Spartacus hatte sich im Handumdrehen eine Schar treuer Bewunderinnen erobert. Da aber der Meister einem Neuling keinen Umgang mit Frauen erlaubte, solange dieser nicht seine Sporen in der Arena abverdient hatte, verwirrten Spartacus die vielen weiblichen Gunstbezeugungen, so daß er einen Augenblick nicht auf den Gallier achtgab. Nur einen Fußbreit hob er seinen Rundschild zu hoch, aber das genügte seinem wieselflinken Gegner, um ihm eine klaffende Wunde am linken Gesäßteil beizubringen.
    Das war das Ende des Kampfes und das Ende des Galliers. Es geschah so schnell, daß keiner in der Menge mehr sah als eine huschende Bewegung. Spartacus drehte sich auf der linken Ferse und führte die Klinge seines Krummsäbels seitlich in den Hals seines Gegners. Der Stahl ging tief genug, um die Halswirbel zu durchtrennen; der Kopf des Galliers kippte zur Seite, stieß an seine Schulter und hing dort mit vor Entsetzen weitaufgerissenen Augen und offenem Mund. Im Publikum entstand heller Aufruhr; Frauen kreischten oder fielen in Ohnmacht, auch Männer schrien, manche

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