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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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gemacht«, sagte er gleich zu Beginn. »Sie war sich so sicher, daß sie Eindruck auf dich machen würde.«
    »Törichtes Weib! Ich habe Erkundigungen über sie einziehen lassen. Danach ist sie eine Priesterin der Besser, obwohl ich sie eher eine Hexe nennen würde. Die meisten Römer sind abergläubisch — selbst an dir habe ich Züge von Aberglauben bemerkt, Caesar! —, aber ich nicht. Ich glaube nur an das, was ich sehe, und das war in diesem Fall eine Frau von mäßigem Verstand, die sich so kostümiert hat, wie ihrer Vorstellung nach eine Gorgo aussieht.« Er lachte auf. »Mir fällt eine Geschichte ein, die man sich über den jungen Sulla erzählt. Er soll einmal als Medusa verkleidet auf eine Gesellschaft gegangen sein. Auf dem Kopf trug er eine Perücke aus lebenden Schlangen, mit der er den Gästen einen gehörigen Schreck einjagte. Aber du und ich, wir beide wissen, daß es nicht der Anblick der Schlangen war, vor dem sich alle entsetzten. Nein, es war Sulla selbst. Hätte sie ebenfalls solch einen furchterregenden Zug in ihrem Wesen gehabt, hätte ich vielleicht auch vor ihr gezittert.«
    »Zugegeben. Aber sie besitzt das zweite Gesicht.«
    »Viele Leute besitzen das zweite Gesicht. Ich habe liebe alte Großmütter gekannt, deren Hände zitterten, aber die das zweite Gesicht besaßen. Auch stolz aussehende Advokaten, von denen du nie angenommen hättest, daß außer solidem juristischem Verstand noch etwas anderes in ihrem Kopf Platz haben könnte. Wie dem auch sei, weshalb glaubst du, daß sie das zweite Gesicht besitzt?«
    »Weil sie mit größerer Furcht vor dir zu dieser Begegnung gekommen ist, als du je vor ihr gehabt hättest.«

    Einen Monat lang hatte sich das schöne Wetter gehalten. Nachts fiel die Temperatur unter den Gefrierpunkt, tagsüber war es kaum wärmer, aber immer blauer Himmel und Schnee, unter dem der Boden gefroren blieb. Doch nach den Iden des März kam ein schrecklicher Sturm, der mit Graupelschauern begann und in anhaltende Schneefälle überging. Bald türmte sich überall Schnee auf. Spartacus sah seine Chance.
    Dort, wo Wall und Graben in die Schlucht nahe bei Scyllaeum übergingen — Spartacus’ erfahrenste Truppen hatten an dieser Stelle ihr Lager —, erhob sich die hunderttausend Mann starke Rebellenarmee und stürmte mit dem Mut der Verzweiflung gegen die römischen Befestigungen an. Sie warfen Baumstämme, Steine, tote Kämpfer und Tierkadaver, ja sogar große Teile der mitgeführten Kriegsbeute in den Graben, bis er aufgefüllt war, dann kletterten sie über die Palisade. Gleich einer Armee von Schatten wogten die Rebellen in immer neuen Wellen über den zugeschütteten Graben und flohen geradewegs ins Herz des Sturmes. Keiner hinderte sie daran; Crassus hatte angeordnet, die dort liegende Legion solle sich ihnen nicht entgegenstellen, sondern ruhig im Lager bleiben.
    Die planlose Flucht der Rebellen offenbarte, wie wenig Halt es unter den Spartacani noch gab und daß kaum Hoffnung bestand, sie wieder zusammenzuschweißen. Während Spartacus mit seiner kämpfenden Truppe, die noch über eine gewisse Disziplin verfügte, auf der Via Popillia nach Norden eilte, schlugen sich Castus und Gannicus mit ihren Truppen, gefolgt vom Gros der Frauen, Kinder und nicht waffenfähigen Männer in die Wälder des Silagebirges durch. Von Hunger und der Anstrengung erschöpft, legten sich viele der Spartacani im Dickicht auf felsigem Grund nieder und erfroren. Diejenigen, welche die Flucht überstanden und wärmeres Wetter erlebten, erreichten schließlich die ersten Siedlungen in Bruttium. Hier wurden sie sofort als Spartacani erkannt und erschlagen.
    Nicht, daß für Crassus das Schicksal dieser Zivilisten irgendeine Bedeutung gehabt hätte. Als der Schneefall nachließ, brach er das Lager ab und folgte mit seinen acht Legionen der Rebellenarmee auf der Via Popillia nach. Mit der Unerschütterlichkeit eines Ochsen bewegte sich der Heereszug voran. Crassus hatte eine Taktik ausgeheckt. Es bestand kein Grund zur Eile. Von Kälte und Hunger gebeutelt und ohne rechtes Ziel vor Augen, würden die Rebellen immer langsamer und auch zahlenmäßig immer kleiner werden. Es war daher klüger, den Troß in die Mitte der Heereskolonne zu nehmen, wo er nicht Gefahr lief, überfallen zu werden. Früher oder später würde er die Rebellen einholen.
    Seine Kundschafter waren dafür um so emsiger. Ende März meldeten sie Crassus, daß die Spartacani sich am Silarus in zwei Teile geteilt hätten. Der

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