MoR 03 - Günstlinge der Götter
los.
Das große Unternehmen war fehlgeschlagen. Spartacus war nur der Teil der Armee geblieben, der mit ihm zu den Quellen des Tanagrus hinaufzog. Mit ihm wanderte Aluso und sein Sohn.
Spartacus mußte erkennen, daß die Niederlage, die er Quinctius und Scrofa beigebracht hatte, ohne Wert für ihn war. Ihre Reiterei hatte ihre Schnelligkeit ausgespielt, sich rasch wieder formiert und den Rückzug der römischen Fußtruppen gesichert. Danach versuchte Spartacus gar nicht mehr, erneut das Kampfgebiet zu wechseln. Seine Männer hatten sich in drei kleinen Städten vorerst ausreichend mit Nahrung versehen können. Was aber das nächste und übernächste Tal bereithielt, wußte er nicht. Der Frühling nahte; die Getreidespeicher waren fast leer, und Gemüse war nach dem strengen Winter noch nicht gewachsen. Ihre mitgeführten Hühner waren mager, und ihre Schweine — schlaue Tiere! — hatten Reißaus in die Wälder genommen. Ein abstoßender Mensch, ein Bürger aus dem nahen Potentia, hatte sich ein Vergnügen daraus gemacht, zu Spartacus zu gehen und ihm die Nachricht zu bringen, Varro Lucullus sei mit seinen Legionen aus Mazedonien unterwegs nach Brundisium, man erwarte jeden Tag seine Landung. Er habe vom Senat den Befehl erhalten, als Verstärkung zu Crassus’ Heer zu stoßen.
»Deine Tage sind gezählt, Gladiator!« sagte der Mann schadenfroh. »Rom ist unbesiegbar!«
»Ich sollte dir die Kehle durchschneiden«, entgegnete der Gladiator bedrückt.
»Tu es doch! Genau das erwarte ich von dir!«
»In diesem Fall gebe ich dir nicht die Genugtuung, einen ehrenhaften Tod zu sterben. Verschwinde!«
Aluso hatte zugehört. Nachdem der Mann weggegangen war, suchte sie Spartacus’ Nähe und legte ihre Hand auf seinen Arm.
»Das Ende naht«, flüsterte sie.
»Ich weiß, Aluso.«
»Ich sehe dich in der Schlacht fallen, aber ich sehe dich nicht tot.«
»Wenn ich in der Schlacht falle, ist das mein Ende.«
Er fühlte sich so müde, das Fiasko im Hafen von Scyllaeum lastete immer noch auf ihm. Wie konnte er seinen Männern ins Gesicht sehen, wo er doch wußte, daß seine mangelnde Voraussicht schuld daran war, daß Crassus sie eingeschlossen hatte? Die Frauen und Kinder waren fort, doch sie würden nicht wiederkommen. Sie waren alle irgendwo in den Lucaner Bergen verhungert.
Zwar hatte er keine Anhaltspunkte, ob das, was der Mann aus Potentia ihm über Varro Lucullus gesagt hatte, wahr oder falsch war, aber er wußte, daß ihm der Weg nach Brundisium dennoch versperrt war. Crassus beherrschte die Via Popillia; die Nachricht von Castus’ und Gannicus’ vernichtender Niederlage hatte ihn erreicht, noch ehe er den Hinterhalt für Quinctius und Scrofa legte. Ihm stand kein Weg mehr offen außer jenem zum letzten Gefecht. Bei diesem Gedanken überkam ihn bittere Freude... Weder seine Herkunft noch seine Talente hatten ihn für eine solch erdrückende Verantwortung prädestiniert, für das Leben und die Wohlfahrt eines ganzen Volkes einzustehen. Er war nur ein ganz gewöhnlicher römischer Bürger aus italischer Familie, der am Fuß des Vesuv zur Welt gekommen war und dort zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder ein Leben in Bescheidenheit hätte verbringen sollen. Wer war er denn, daß er sich anmaßte, einem neuen Volk zur Geburt zu verhelfen? Dazu fehlte ihm der Adel, die Bildung und die Größe. Doch es war ehrenhaft, als freier Mann auf dem Schlachtfeld zu sterben. Nie wieder würde er sich gefangennehmen lassen.
Bald hieß es, Crassus sei im Anmarsch. Spartacus nahm Aluso und seinen Sohn und setzte sie in einen mit sechs Maultieren bespannten Wagen, den er weit genug entfernt von der Stätte seines letzten Kampfes bereitgestellt hatte. Dies tat er, damit Frau und Kind der Verfolgung durch die Römer entgingen. Er hätte es lieber gesehen, wenn sie sogleich abgefahren wären, doch Aluso weigerte sich: Sie müsse den Ausgang der Schlacht abwarten. Hinten im Wagen lagen Gold, Silber, kostbare Gegenstände und Münzen versteckt als Sicherheit für ein Leben in Wohlstand für Frau und Kind. Daß sie getötet werden könnten, war Spartacus bewußt, doch ihr Schicksal lag im Schoß der Götter, und die Götter hatten ihr Leben bisher verschont.
Vierzigtausend Spartacani versammelten sich zur Begrüßung ihres Anführers. Spartacus hielt keine Ansprache vor der Schlacht, aber sie jubelten ihm laut zu, als er auf dem prächtigen Apfelschimmel Batiatus vorbeiritt. Er nahm seinen Platz ein neben dem Feldzeichen
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