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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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nun folgenden grausamen Folterungen sehen und die Schmerzensschreie ihrer Kameraden hören konnte. Doch nach dem Schrecken der decimatio fürchteten Crassus’ Legionen ihren Feldherrn mehr, als daß sie Mitleid mit ihren armen, mit Feuer und Eisen gefolterten Kameraden empfunden hätten. Sie überstanden diese Szenen, indem sie den Blick abwandten und sich Wolle in die Ohren stopften. Als letztes Mittel führte Spartacus seinen wertvollsten Gefangenen vor — den ranghöchsten Zenturio aus Gellius’ alter zweiten Legion. Er ließ ihn durch Hände und Füße aufs Kreuz nageln und verwehrte ihm die Gnade der zerbrochenen Beine, die sein Sterben beschleunigt hätte. Crassus’ Antwort bestand darin, seine besten Bogenschützen auf dem Befestigungswall zu postieren; der Zenturio starb in einem Hagel wohlgezielter Pfeile.
    Anfang März schickte Spartacus schließlich seine Frau Aluso in Crassus’ Lager. Sie sollte um Bedingungen für eine Kapitulation nachsuchen. Crassus empfing sie im Feldherrenzelt in Gegenwart seiner Legaten und Militärtribunen.
    »Warum ist Spartacus nicht selbst gekommen?« fragte Crassus.
    Auf diese Frage lächelte Aluso nur milde. »Weil die Armee ohne meinen Mann auseinanderfallen würde«, sagte sie, »und weil er dir, Marcus Crassus, auch unter einem Waffenstillstand nicht traut.«
    »Dann ist er klüger geworden. Früher hat er sich von Piraten um zweitausend Talente Silber prellen lassen.«
    Aluso war mit solchen Bemerkungen nicht aus der Fassung zu bringen. Sie antwortete nicht, auch nicht mit einem Blick. Sie hatte ihr Auftreten, das begriff Caesar sogleich, ganz darauf abgestellt, eine zivilisierte Empfangsdelegation zu verunsichern. Sie sah genau so aus, wie sich ein Römer eine barbarische Hexe vorstellen mochte. Das flachsblonde Haar floß ihr strähnig über Schultern und Rücken, sie trug eine schwarze Felltunika mit langen Ärmeln und darunter enganliegende Beinkleider. An Fuß- und Armgelenken blinkten goldene Ketten und Reife, an den Ohrläppchen hing noch mehr Goldgeschmeide, und ihre hennagefärbten Finger zierten zahlreiche Ringe. Um den Hals trug sie eine Kette aus kleinen Vogelschädeln, während an dem schweren Goldgürtel um ihre schmale Taille mehrere schaurige Trophäen prangten: eine eingeschrumpfte Hand, die noch Fingernägel und Hautfetzen aufwies, ein Kinderschädel sowie das Rückgrat einer Katze oder eines Hundes samt Schwanz. Ihre Tracht wurde von einem prächtigen Wolfspelz vervollständigt. Dessen Vorderläufe lagen ihr verschlungen auf der Brust, und der zähnebleckende Wolfsschädel, in dessen Augenhöhlen funkelnde Edelsteine steckten, prangte über ihrer Stirn.
    Sie machte durchaus Eindruck auf die Männer, die sie schweigend betrachteten, wenn auch keiner von ihnen sie als schön bezeichnet hätte; dazu wirkte ihr Gesicht mit den hellen, irre funkelnden Augen zu verstörend.
    Auf Crassus machte sie jedoch nicht den erhofften Eindruck. Für ihn gab es keine Reize außer dem des Geldes. Er schaute sie daher mit der gleichen Miene an, mit der er alle Menschen ansah, nämlich mit sanfter Gelassenheit.
    »Du hast das Wort, Frau«, sagte er nur.
    »Ich bin gekommen, um nach den Bedingungen für eine Kapitulation zu fragen, Marcus Crassus. Unsere Nahrungsvorräte sind erschöpft. Frauen und Kinder hungern, damit unsere Soldaten noch etwas zu essen haben. Mein Ehemann gehört nicht zu denen, die ungerührt zusehen können, wie hilflose Menschen leiden. Eher will er sich und seine Armee aufgeben. Nenne mir deine Bedingungen, dann teile ich sie ihm mit. Morgen bringe ich dir dann seine Antwort.«
    Der Feldherr würdigte sie keines Blickes. Über die Schulter sagte er ihr in einem Griechisch, das besser als das ihre war: »Sag deinem Ehemann, daß es für ihn keine Bedingungen für eine Kapitulation gibt. Ich bin nicht bereit, seine Kapitulation anzunehmen. Er hat diese Rebellion angezettelt. Nun soll er sie bis zum bitteren Ende ausfechten.«
    Aluso stockte der Atem. Auf alles war sie gefaßt gewesen, nur nicht darauf. »Das kann ich ihm unmöglich berichten! Du mußt seine Kapitulation annehmen!«
    »Nein«, sagte Crassus, ihr immer noch den Rücken kehrend. Er schnippte mit den Fingern seiner rechten Hand. »Geleite sie hinaus, Marcus Mummius, und führe sie durch unsere Linien.«
    Caesar mußte sich eine Weile gedulden, ehe er Crassus allein sprechen konnte. Er brannte darauf, ihm seine Meinung über die Begegnung mit Aluso mitzuteilen.
    »Das hast du großartig

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