MoR 03 - Günstlinge der Götter
fest mit einem neuen Feldzug rechnete. Daß er geplant hatte, sich vor diesem Feldzug zum Konsul wählen zu lassen, hatte allerdings keiner geahnt. Nun war er mehrere Tage in so gedrückter Stimmung, daß selbst Varro seine Gesellschaft mied.
Warum habe ich diese Nachricht nicht erhalten, als ich noch in Gallia Transalpina stand? dachte Pompeius bitter. Nun werde ich mit meiner noch nicht entlassenen Armee drohen müssen, aber ich habe mit ihr schon die Grenze Italiens überschritten und Sullas Verfassung verletzt. Und Crassus hat seine Armee auch noch nicht entlassen. Wenn ich noch in Gallia Transalpina wäre, hätte ich einfach abwarten können, bis Crassus seinen Triumph gefeiert hätte und seine Truppen wieder ins Zivilleben zurückgekehrt wären. Ich hätte die mir hörigen Senatoren einsetzen können, um die kurulischen Wahlen zu blockieren, bis ich meine Kandidatur bekanntgegeben hätte. Nun aber stehe ich in Italien. Also werde ich mit meiner Armee drohen müssen.
Die gedrückte Stimmung hielt jedoch nur einige Tage vor. Als Pompeius seine Männer in das Lager bei Sena Gallica führte, pfiff er zwar noch nicht wieder vergnügt vor sich hin, aber seine Depression war verflogen. Er hatte nachgedacht und sich eine wichtige Frage gestellt: Aus was für Männern bestand eigentlich Crassus’ Armee? Die Antwort war schnell gefunden: aus dem Abschaum Italiens, zu feige, sich einem Kampf zu stellen. An dieser Tatsache konnte auch der Sieg des Crassus nichts geändert haben. Die sechstausend Flüchtlinge, die Pompeius bei Forum Popilii niedergemacht hatte, waren ein kläglicher Haufen gewesen. Vielleicht hatte die decimatio Crassus’ Männern tatsächlich ein wenig das Rückgrat gesteift, aber wie lange würde die Wirkung vorhalten? Und hatte sie die Truppen des Crassus seinen Männern ebenbürtig gemacht, die sich in Spanien jahrelang durch Hitze und Kälte geschleppt hatten, ohne Sold, ohne Beute, ohne ordentliche Nahrung und ohne Dank des erhabenen Senats? Nein. Die Antwort war ein uneingeschränktes, unwiderrufliches NEIN!
Als Rom immer näher kam, kehrte die alte Hochstimmung des Pompeius allmählich zurück.
»Was geht in deinem Kopf vor?« wollte Varro wissen, als er neben Pompeius auf der Straße dahinritt.
»Daß man mir ein Staatspferd schuldet. Das Schatzamt hat mir nie Ersatz für mein geliebtes weißes Staatspferd geleistet.«
»Ist das denn kein Staatspferd?« sagte Varro und zeigte auf Pompeius’ kastanienbraunen Wallach.
»Diese Schindmähre?« grunzte Pompeius verächtlich. »Mein Staatspferd muß ein Schimmel sein.«
»Das ist keine Schindmähre«, sagte Varro, der einen Teil der Rosea Rura sein eigen nannte und ein anerkannter Pferdekenner war. »Es ist wirklich ein sehr gutes Tier.«
»Nur weil es früher Perperna gehört hat?«
»Nein, weil es eben ein gutes Pferd ist.«
»Mag sein. Aber es ist nicht gut genug für mich.«
»Woran hast du wirklich gedacht?«
»Was denkst du, daß ich gedacht habe?«
»Das habe ich dich gefragt. Nun sag schon!«
»Warum riskierst du nicht eine Vermutung?«
Varro runzelte die Stirn. »Ich dachte, ich hätte eine, als wir bei Forum Popilii in diese Spartacusanhänger hineinrannten, nämlich daß du auf ein weiteres Spezialkommando gehofft hattest und sehr enttäuscht warst, als Spartacus bereits vernichtet war. Jetzt aber bin ich einfach ratlos.«
»Dann zerbrich dir nur weiter den Kopf, Varro«, sagte Pompeius. »Ich werde meine Gedanken vorerst für mich behalten.«
Die Kohorte, die Pompeius nach Rom eskortierte, bestand aus Männern, die aus Rom stammten. Diese Art gesunder Menschenverstand war typisch für Pompeius — warum sollte er Männer nach Rom schleppen, die lieber an einem anderen Ort gewesen wären? Nachdem er an der Via Recta ein kleines Lager aufgeschlagen hatte, erlaubte er den Soldaten, Zivilkleidung anzulegen und in die Stadt zu gehen. Afranius, Petreius, Gabinius, Sabinus und die anderen Legaten verloren keine Zeit, ihrem Beispiel zu folgen, und auch Varro hatte es eilig, Frau und Kinder wiederzusehen.
Damit war Pompeius der alleinige Herr des Marsfelds, zumindest was seinen Teil betraf. Zu seiner Linken, mehr in der Nähe der Stadt, befand sich nämlich ein zweites Lager: das Lager des Marcus Crassus. Er hatte sich, wie es schien, ebenfalls von einer Kohorte eskortieren lassen, und wie Pompeius hatte auch er die scharlachrote Flagge gesetzt, welche die Anwesenheit des Feldherrn verkündete. So ein Pech... Warum mußte
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