MoR 03 - Günstlinge der Götter
Straße den ganzen Weg über von Kreuzen gesäumt. Alle hundert Fuß hing ein Rebell in den Stricken, die ihm die Arme an den Ellbogen und die Beine unterhalb der Knie fesselten. Crassus hatte ihnen gegenüber keine Gnade gezeigt, keinem Spartacanus wurden die Beine gebrochen. Von Capua bis zur Porta Capena war die Luft vom Stöhnen und Wimmern der Unglücklichen erfüllt, die eines langsamen und qualvollen Todes sterben mußten.
Das Schauspiel lockte auch Neugierige an. Manche brachten einen unbotmäßigen Sklaven mit, damit er Crassus’ Werk sehe, und machten ihm klar, daß es das Recht jedes Herrn sei, Sklaven ans Kreuz schlagen zu lassen. Viele machten bei diesem schauerlichen Anblick sogleich wieder kehrt, und Reisende, welche die Via Appia zwischen Capua und Rom nicht vermeiden konnten, waren dankbar dafür, daß die Kreuze nur auf einer Seite der Straße standen. Da der Anblick aus der Entfernung erträglicher ausfiel, wurde die Servianische Mauer auf beiden Seiten der Porta Capena zum beliebtesten Aussichtspunkt für alle, die in Rom wohnten und das Schauspiel lieber aus der Ferne sehen wollten. Der Blick reichte über viele Meilen, aber die Gesichter der Unglücklichen waren nicht zu erkennen.
Achtzehn Monate lang hingen die Gekreuzigten an der Via Appia. Was einmal aus Haut und Muskeln bestand, verfiel allmählich, bis nur noch klappernde Knochen übrigblieben. Crassus hatte verboten, sie vor dem letzten Tag seines Konsulats abzunehmen.
Caesar dachte nicht ohne Bewunderung, daß kein Feldzug in der ganzen Geschichte Roms so sauber und so erfolgreich geführt worden war: was mit einer decimatio begonnen hatte, endete mit einer Massenkreuzigung.
8. Teil
Mai 71 v. Chr. bis März 69 v. Chr.
Als Pompeius die Grenze am Rubicon erreichte, ließ er seine Armee nicht zurück. Sein Anteil des Ager Gallicus lag im italischen Gallien, und nach Italien würde er marschieren, gleichgültig, was Sullas Gesetze sagten. Seine Soldaten kamen fast um vor Heimweh, und die Mehrzahl seiner Truppen bestand noch immer aus picentischen und umbrischen Veteranen. Er errichtete vor Sena Gallica ein riesiges Lager, gab den Befehl, keiner dürfe sich ohne die Erlaubnis eines Militärtribuns daraus entfernen, und marschierte mit einer Kohorte Fußsoldaten als Begleitschutz die Via Flaminia hinunter nach Rom.
Kurz nachdem er den langen Marsch von Narbo zu seinem neuen Paß über die Alpen angetreten hatte, war ihm die lange verdrängte Antwort eingefallen, und er wunderte sich, daß er so blöd gewesen war, sie nicht früher zu sehen. Dreimal hatte er ein Spezialkommando erhalten, einmal von Sulla, zweimal vom Senat; zweimal mit den Vollmachten eines Prätors und einmal mit denen eines Konsuls. Er war unzweifelhaft der Erste Mann in Rom, das wußte er genau. Doch er wußte ebenfalls, daß niemand, auf den es ankam, diese Tatsache je zugeben würde. Also würde er einen unwiderlegbaren Beweis dafür liefern müssen, und der einzige Weg, dies zu tun, war ein Coup, so kühn und offensichtlich verfassungswidrig, daß danach niemand mehr bestreiten könnte, daß er den Titel des Ersten Mannes in Rom vollauf verdiente.
Er, der noch immer ein Ritter war, würde den Senat dazu zwingen, ihn zum Konsul zu machen.
Pompeius hatte den Senat noch nie gemocht, und seine Verachtung war mit der Zeit immer mehr gewachsen. Die Mitglieder des Senats waren so leicht zu kaufen wie die Kuchen in einer Bäckerei, und die Trägheit des Gremiums war so monumental, daß es nicht einmal über seinen Schatten springen konnte, um den eigenen Untergang zu verhindern. Als er seine Männer von Tarentum nach Rom in Marsch gesetzt hatte, um einen Triumph zu erzwingen, hatte selbst Sulla klein beigegeben! Pompeius hatte dies damals nicht erkannt — so magisch war die Wirkung gewesen, die Sulla auf seine Mitmenschen ausgeübt hatte. Inzwischen wußte er jedoch, daß er, Magnus, in dieser Angelegenheit gesiegt hatte, nicht Sulla. Sulla aber war als Gegner ungleich furchtbarer gewesen, als der Senat es je sein würde.
Während seines letzten Jahres im Westen hatte Pompeius fassungslos die Nachrichten über die Erfolge des Spartacus verfolgt. Auch wenn die Konsuln Gellius und Clodianus in seinem Sold standen und er ihre Schwächen kannte, fand er es doch unglaublich, wie unfähig sie sich als Feldherren erwiesen und daß sie ihre Niederlagen einzig mit der schlechten Moral ihrer Soldaten erklären konnten. Er hätte ihnen beinahe geschrieben, daß er selbst sogar
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