MoR 03 - Günstlinge der Götter
er als erster nachgab und die Hand ausstreckte. Also hat Crassus gewonnen, was das Duell um die Sympathie der Leute betrifft. Zum Glück weiß das Pompeius nicht. Er denkt, er habe gewonnen, weil er sich vornehm zurückhielt und seinen Kollegen zwang, seine Überlegenheit anzuerkennen.«
»Hoffen wir, daß Magnus nicht herausfindet, wer wirklich gewonnen hat, bevor das Jahr zu Ende ist«, sagte Lucius Cotta.
»Ich fürchte, ich habe deine Versammlung gestört, Onkel«, sagte Gaius Cotta. »Du wirst die Menge heute nicht mehr so beruhigen können, daß sie in der Lage ist abzustimmen.«
»Morgen ist auch noch ein Tag«, sagte Lucius Cotta gleichmütig.
Caesar verließ mit den beiden das Forum Romanum über die Vestalische Treppe, die zum Palatin hinaufführte, blieb jedoch auf halbem Wege stehen und blickte zurück. Da standen sie, Pompeius und Crassus, umgeben von Horden glücklicher Römer. Und auch sie waren glücklich; der Bruch war vergessen.
»Dieses Jahr ist ein Wendepunkt gewesen«, sagte Caesar, als er die Treppe weiter hinaufstieg. »Jeder von uns hat eine Art Grenze überschritten. Ich habe das seltsame Gefühl, daß keiner von uns je wieder dasselbe Leben genießen wird.«
»Ja«, sagte Lucius Cotta, »ich verstehe, was du meinst. Ich habe mich dieses Jahr mit meinem Gesetz in den Geschichtsbüchern verewigt. Wenn ich je beschließen sollte, als Konsul zu kandidieren, wird das, fürchte ich, eher ein Abstieg sein.«
»Ich hatte keineswegs an einen Abstieg gedacht«, sagte Caesar lachend.
»Was werden Pompeius und Crassus tun, wenn das Jahr um ist?« fragte Gaius Cotta. »Es heißt, keiner von beiden will abreisen und Provinzstatthalter werden.«
»Stimmt«, sagte Lucius Cotta. »Sie wollen beide ins Privatleben zurückkehren. Warum auch nicht? Beide haben erst kürzlich große Feldzüge angeführt, beide sind so reich, daß sie es nicht nötig haben, eine Provinz auszuplündern, und sie haben ihr gemeinsames Konsulat mit Gesetzen gekrönt, die sie von jedem Verdacht des Hochverrats freisprechen und ihren Veteranen Land verschaffen, soviel sie wollen. Auch ich würde an ihrer Stelle das Land nicht verlassen, um eine Provinz zu regieren.«
»Ihre Lage ist nicht so einfach, wie du denkst«, sagte Caesar. »Was sollen sie jetzt tun? Pompeius sagt, er will in sein geliebtes Picenum zurückkehren und den Senat nie wieder mit seiner Anwesenheit belästigen. Und Crassus ist besessen von dem Gedanken, die tausend Talente zurückzugewinnen, die er dieses Jahr ausgegeben hat.« Caesar stieß einen gewaltigen und glücklichen Seufzer aus. »Ich aber gehe als Quästor nach Hispania Ulterior, unter einem Statthalter, den ich zufällig sehr schätze.«
»Gaius Antistius Vetus, Pompeius’ früherer Schwager«, sagte Gaius Cotta grinsend.
Caesar hatte seinen sehnlichsten Wunsch nicht erwähnt, nämlich nach Spanien aufzubrechen, bevor Tante Julia starb.
Doch sein Wunsch erfüllte sich nicht. Mitte Februar wurde Caesar in einer stürmischen Nacht an ihr Bett gerufen; seine Mutter war schon einige Tage zuvor in Julias Haus gezogen.
Julia war bei Bewußtsein und konnte noch sehen; als er erschien, trat ein schwaches Leuchten in ihre Augen. »Ich habe auf dich gewartet«, sagte sie.
Seine Brust schmerzte, so sehr mußte er sich beherrschen, aber er schaffte es zu lächeln, als er sie küßte und sich wie immer auf ihren Bettrand setzte. »Ich hätte dich bestimmt nicht im Stich gelassen«, sagte er leichthin.
»Ich wollte dich unbedingt sehen«, sagte sie. Ihre Stimme war ziemlich klar und fest.
»Hier bin ich, Tante Julia. Was kann ich für dich tun?«
»Was würdest du für mich tun, Gaius Julius?«
»Was immer du verlangst«, sagte er, und er meinte es ernst.
»Dann fällt mir ein Stein vom Herzen, weil du mir sicher verzeihen wirst.«
»Was hätte ich dir zu verzeihen?« fragte er erstaunt. »Es gibt nichts, was du mir angetan hättest. Absolut nichts!«
»Verzeih mir, daß ich Marius nicht daran gehindert habe, dich zum Jupiterpriester zu machen«, sagte sie.
»Tante Julia, niemand konnte Marius daran hindern zu tun, was er tun wollte«, rief Caesar aus. »Der Stadtrand von Rom ist gesäumt von den Gräbern der Männer, die es versuchten! Ich war nie auch nur einen Augenblick versucht, dich dafür verantwortlich zu machen! Und du darfst es auch nicht tun.«
»Wenn du es nicht tust, dann tue ich es auch nicht.«
»Ich tue es nicht. Du hast mein Wort.«
Ihre Augen schlossen sich, und Tränen
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