MoR 03 - Günstlinge der Götter
warteten darauf, daß der Stadtprätor Lucius Cotta die Volksversammlung einberief. Crassus war der amtierende Konsul im Dezember und zur Anwesenheit verpflichtet. Pompeius aber dachte nicht im Traum daran, ein Ereignis von solcher Tragweite nicht mit seiner Anwesenheit zu krönen. Da die Konsuln nicht gut an entgegengesetzten Enden der Tribüne stehen konnten, ohne in der Menge große Unruhe auszulösen, standen sie notgedrungen nebeneinander. Sie schwiegen zwar, aber sie erweckten zumindest den Anschein, als seien sie Freunde.
Auch Caesars leiblicher Vetter, Gaius Cotta, der Sohn des verstorbenen Konsuls gleichen Namens, war zu der Versammlung gekommen. Er war zwar noch kein Senator, aber nichts hätte ihn davon abhalten können, in den Tribuskomitien seine Stimme abzugeben; schließlich ging es um das Gesetz seines Onkels Lucius. Als Gaius Cotta sah, daß Pompeius und Crassus einträchtig beieinanderstanden und das erste Mal seit Monaten wieder wie Kollegen wirkten, stieß er einen Schrei aus, der so laut war, daß sich aller Augen auf ihn richteten.
»Oh«, schrie er noch einmal und noch lauter. »Mein Traum! Mein Traum hat sich erfüllt!«
Und er sprang so plötzlich auf die Tribüne, daß Pompeius und Crassus automatisch einen Schritt auseinander machten. Der junge Gaius Cotta trat zwischen sie, legte ihnen die Arme um die Schultern und sah mit Tränen in den Augen auf die Menschenmenge hinunter, die sich auf dem Platz versammelt hatte.
»Quirites«, schrie er, »letzte Nacht hatte ich einen Traum! Jupiter Optimus Maximus sprach zu mir. Er sprach aus einer Wolke von Wasser und Feuer, die mich zugleich durchnäßte und verbrannte! Weit unter mir konnte ich die Gestalten unserer beiden Konsuln Gnaeus Pompeius Magnus und Marcus Licinius Crassus erkennen. Sie standen jedoch nicht nebeneinander wie heute. Der eine stand im Osten und der andere im Westen, und sie blickten trotzig in entgegengesetzter Richtung. Und die Stimme des Großen Gottes sprach zu mir aus der Wolke von Feuer und Wasser: >Sie dürfen nicht als Feinde aus ihrem Amt scheiden! Sie müssen es als Freunde tun!<«
Auf dem Forum war es totenstill geworden; alle Augen waren auf die drei Männer gerichtet. Gaius Cotta nahm seine Arme von den Schultern der Konsuln, machte einen Schritt nach vorn, drehte sich um und blickte ihnen ins Gesicht.
»Gnaeus Pompeius und Marcus Licinius«, sagte er mit Donnerstimme, »wollt ihr nicht Freunde werden?«
Einen Moment lang rührte sich keiner der drei. Weder Pompeius noch Crassus verzogen auch nur eine Miene.
»Na los!« schrie Gaius Cotta. »Reicht euch die Hände! Seid Freunde!«
Die Konsuln rührten sich noch immer nicht. Schließlich aber machte Crassus eine Vierteldrehung und streckte seine massige Hand aus.
»Es ist mir eine Ehre«, brüllte er, »als erster einem Manne die Versöhnung anzubieten, der bereits Magnus genannt wurde, als er noch keinen Bart hatte, und der nicht nur einen, sondern zwei Triumphe gefeiert hat, bevor er Senator wurde.«
Pompeius stieß einen Laut aus, der irgendwo zwischen einem Quietschen und einem Jaulen anzusiedeln war, griff mit beiden Händen zu und quetschte mit verzerrtem Gesicht Crassus’ Pranke und seinen Oberarm. Beide machten einen Schritt nach vorn und fielen sich um den Hals. Die Menge tobte. In Windeseile hatte sich die Neuigkeit von der Versöhnung im Velabrum, in der Subura und in den Werkstätten jenseits der sumpfigen Palus Ceroliae verbreitet. Von allen Seiten rannten die Menschen herbei, um sich zu vergewissern, daß die Konsuln wirklich wieder Freunde waren. Den Rest des Tages spazierten die beiden gemeinsam durch Rom, schüttelten Hände, erlaubten, daß man sie berührte, und ließen sich beglückwünschen.
»Es gibt solche und solche Triumphe«, sagte Caesar zu seinem Onkel Lucius und seinem Vetter Gaius. »Der heutige war von der besseren Art. Vielen Dank für eure Hilfe.«
»War es schwer, sie von der Notwendigkeit einer Versöhnung zu überzeugen?« fragte der junge Gaius Cotta.
»Nicht wirklich. Wenn dieses Paar auch sonst nichts versteht, sie wissen, wie wichtig es ist, populär zu sein. Keiner von beiden ist beschlagen in der Kunst, Kompromisse zu schließen; aber ich habe die Last auf beide Schultern verteilt, und das hat sie zufriedengestellt. Crassus mußte seinen Stolz als erster hinunterschluk- ken und all die ekelhaften Eigenschaften vergessen, die er an unserem lieben Pompeius haßt. Aber er hat den Beifall dafür eingeheimst, daß
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