MoR 03 - Günstlinge der Götter
Zicklein aber, welche die Szene oben auf der Treppe des Senatsgebäudes entsetzt beobachtet hatten, zogen sich geschlagen zurück. Gaius Julius Caesars Verbrechen würde keine juristischen und disziplinarischen Konsequenzen haben, denn die Stadt Rom stimmte ihm von ganzem Herzen zu.
»Es war einfach genial«, sagte Hortensius kurze Zeit später zu Catulus. »Er hat nicht nur die Gesetze Sullas und des Senats mit Füßen getreten, sondern auch die Gelegenheit benutzt, der Menge bis zum letzten Mann klarzumachen, daß er selbst von Königen und Göttern abstammt.«
»Du bist wirklich damit durchgekommen, Caesar«, sagte Aurelia am Ende dieses äußerst langen Tages.
»Ich wußte es«, sagte Caesar und ließ seine schwarze Toga mit einem erschöpften Seufzer zu Boden gleiten. »Der konservative Block im Senat mag zwar dieses Jahr die Macht haben, aber keines seiner Mitglieder weiß, wie sich die Wähler beim nächsten Mal entscheiden. Die Römer lieben es, ihre Regierung zu wechseln. Und sie lieben Männer, die mutig für ihre Überzeugung eintreten. Besonders, wenn sie den alten Marius wieder auf das Podest heben, von dem die Menschen dieser Stadt ihn nie heruntergeholt haben, gleichgültig, wie viele seiner Statuen man umgestürzt hat.«
In diesem Moment schleppte sich Cinnilla ins Zimmer. Sie bewegte sich wie eine alte gichtkranke Frau und ließ sich vorsichtig neben Caesar auf die Liege sinken. »Es war wundervoll«, sagte sie und schob ihre Hand in die seine. »Ich bin froh, daß ich mich stark genug fühlte, den Nachruf zu hören, auch wenn ich danach nicht mehr dabeisein konnte. Und wie gut du gesprochen hast!«
Caesar nahm ihr Gesicht in beide Hände und strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. »Meine arme Kleine«, sagte er zärtlich, »es wird jetzt nicht mehr lange dauern!« Er hob ihre Füße vom Boden auf und legte sie auf seinen Schoß. »Du solltest deine Füße nicht hängen lassen, das weißt du.«
»O Caesar, es dauert so lange!« sagte sie mit Tränen in den Augen. »Als ich mit Julia schwanger war, hatte ich überhaupt keine Probleme, aber diesmal ist es einfach schrecklich. Ich verstehe es selbst nicht.«
»Aber ich«, sagte Aurelia. »Diesmal bekommst du einen Jungen. Ich hatte bei meinen beiden Mädchen auch überhaupt keine Probleme, aber du, Caesar, du warst wirklich eine Plage!«
»Ich glaube«, sagte Caesar, wobei er Cinnillas Füße auf den Boden stellte und sich erhob, »ich werde heute in meiner eigenen Wohnung übernachten.«
»Bitte nicht, Caesar!« bat seine Frau und verzog das Gesicht. »Bleib heute nacht hier. Ich verspreche dir, daß wir nicht von Babys und Frauenproblemen reden. Tu etwas, Aurelia, sonst verläßt er uns.«
»Pah«, sagte Aurelia und stand auf. »Wo ist Eutychus? Wir könnten alle eine kleine Mahlzeit vertragen.«
»Er hilft Strophantes ins Bett«, sagte Cinnilla traurig. Aber ihr Gesicht hellte sich auf, als sich Caesar resigniert wieder auf seine Liege zurücksinken ließ. »Der arme alte Mann. Die andern sind alle tot.«
»Er wird ihnen bald folgen«, sagte Caesar.
»Das darfst du nicht sagen!«
»Es steht in seinem Gesicht geschrieben, Frau. Und es wird eine Gnade sein.«
»Ich hoffe«, sagte Cinnilla, »daß ich nicht als letzte übrigbleibe. Das ist am schlimmsten, glaube ich.«
»Noch schlimmer ist es, wenn man nur von unheilvollen Dingen redet«, sagte Caesar, der nicht an schmerzliche Ereignisse erinnert werden wollte.
»Es liegt nur an Rom«, sagte Cinnilla und lächelte, so daß die kleine rosa Falte auf der Innenseite ihrer Lippen sichtbar wurde. »Dir geht es besser, sobald du nach Spanien fährst. In Rom bist du nie so glücklich wie auf Reisen.«
»In neun Tagen ist es soweit. Am Winteranfang steche ich in See. Du hast ganz recht, in Rom fühle ich mich nicht wohl. Wie wäre es, wenn du das Baby irgendwann in den nächsten neun Tagen bekommen könntest? Ich würde meinen Sohn gerne sehen, bevor ich abreise.«
Er sah seinen Sohn, bevor er abreiste, aber das Kind, das die Hebamme und Lucius Tuccius schließlich aus dem Geburtskanal zogen, war schon seit mehreren Tagen tot. Und Cinnilla, aufgequollen, von Krämpfen geschüttelt und durch einen schweren Schlag halbseitig gelähmt, starb fast im gleichen Moment, als sie das tote Kind gebar.
Alle waren fassungslos. Schon Julias Tod war ein schrecklicher Schlag gewesen, aber Cinnillas Tod war ein unerträglicher Verlust. Caesar weinte, wie er nie zuvor in seinem Leben geweint hatte,
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