MoR 04 - Caesars Frauen
damit sie ihm Möbel oder Schmuck daraus anfertigen.«
»Und was ist mit dem Diebstahl des goldenen Sarkophags von Alexander dem Großen?« fragte Caesar provokativ. »Der erste Ptolemäer, der sich Alexander nannte, muß so arm gewesen sein, daß er ihn zu Goldmünzen schmelzen und durch einen kristallenen Sarkophag ersetzen ließ.«
»Da haben wir’s wieder!« empörte sich Crassus. »Diese lächerlichen Ammenmärchen sterben nicht aus! Dieser Ptolemäer hat sich ganze fünf Tage in Alexandria aufgehalten, bevor er fliehen mußte. Willst du mir tatsächlich weismachen, er habe innerhalb von fünf Tagen ein Objekt aus massivem Gold im Werte von viertausend Talenten wegtransportieren und in so kleine Stücke schneiden lassen, daß sie in den bechergroßen Schmelztiegel eines Goldschmieds paßten, um sie dann eines nach dem anderen zu mehreren Millionen Münzen verabeiten zu lassen? Das hätte länger als ein Jahr gedauert! Und nicht nur das. Wo ist dein gesunder Menschenverstand geblieben, Caesar? Ein transparenter Sarkophag aus Felskristall, der groß genug für einen menschlichen Körper ist — auch wenn ich wohl weiß, daß Alexander der Große ein kleiner Mann war —, würde zehnmal soviel kosten wie ein Sarkophag aus massivem Gold. Und wenn man ein passendes Stück gefunden hat, dauert es Jahre, ihn daraus herzustellen. Nein, die Logik sagt mir, daß irgend jemand dieses passende Stück gefunden hat, und zufällig wurden die Sarkophage gerade in der Zeit ausgetauscht, als der Ptolemäer Alexander in der Stadt war. Die Priester des Sema wollten, daß die Menschen Alexander den Großen tatsächlich sehen konnten.«
»Igitt!« sagte Caesar.
»Nein, nein, sie haben ihn perfekt konserviert. Er soll heute noch so schön sein, wie er im Leben war.« Der Enthusiasmus riß Crassus mit sich fort.
»Einmal abgesehen von dem unerquicklichen Thema, wie gut konserviert Alexander der Große ist, Marcus — es gibt keinen Rauch ohne Flamme. Immer wieder hört man von Ptolemäern, die ohne ihr letztes Hemd fliehen mußten. Es kann dort unten nicht annähernd soviel Geld und Schätze geben, wie du behauptest.«
»Diese Märchen basieren auf einem Irrtum«, rief Crassus triumphierend. »Die Leute wollen einfach nicht begreifen, daß die Schätze der Ptolemäer und die Reichtümer des Landes nicht in Alexandria aufbewahrt werden. Alexandria ist ein aufgepfropfter Schößling auf dem uralten ägyptischen Baum. Über die Schätze Ägyptens wachen die Priester in Memphis. Dort werden sie gehortet. Und wenn ein Ptolemäer — oder eine Kleopatra — fliehen muß, glaubst du im Ernst, daß sie dann das ganze Delta hinunter nach Memphis reisen? Die segeln direkt aus dem Hafen von Alexandria nach Zypern oder Syrien oder Kos. Deshalb können sie nur so viel mitnehmen, wie sie in Alexandria finden.«
Caesar machte ein äußerst feierliches Gesicht, seufzte, lehnte sich in seinen Sessel zurück und legte die Hände hinter den Kopf. »Mein lieber Crassus, du hast mich überzeugt.«
Jetzt erst hatte sich Crassus so weit beruhigt, daß er die Ironie in Caesars Blick bemerkte. Er mußte laut lachen. »Elender! Du machst dich über mich lustig!«
»Was Ägypten betrifft, stimme ich voll und ganz mit dir überein«, sagte Caesar. »Schade nur, daß Catulus sich ein solches Abenteuer niemals einreden lassen wird.«
Catulus ließ es sich nicht einreden und tat im übrigen sein Bestes, um es dem Senat auszureden. Mit dem Ergebnis, daß das gemeinsame Magistrat der Zensoren Catulus und Crassus nach weniger als drei Monaten ein jähes Ende fand, lange bevor sie die Listen des Ritterstandes revidieren, geschweige denn eine Volkszählung durchführen konnten. Crassus trat öffentlich zurück, und er hatte vieles — wenn auch wenig Schmeichelhaftes — über Catulus zu sagen. Es war nur eine kurze Amtszeit gewesen. Der Senat entschied, im nächsten Jahr zwei neue Zensoren wählen zu lassen.
Wie es sich für ihn als guten Freund gehörte, unterstützte Caesar im Senat beide Vorschläge des Crassus — die Erteilung des Bürgerrechts für die Gallier jenseits des Padus und die Annexion Ägyptens. Sein Hauptinteresse lag in diesem Jahr jedoch woanders: Er war zu einem der beiden kurulischen Ädilen gewählt worden, was bedeutee, daß er im kurulischen Elfenbeinsessel Platz nehmen durfte und zwei Liktoren ihm die fasces voraustrugen. Er hatte dieses Amt »in seinem Jahr« erreicht, ein Zeichen dafür, daß er auf dem cursus honorum der
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