MoR 04 - Caesars Frauen
erhalten hatte, ist hinausgegangen.«
»Trink deinen Wein.«
Sie trank den Kelch leer. »Es war ein sonderbares Gefühl, aber nicht so wie damals, als ich ein Kind war und so viele Menschen sterben mußten. Und auch nicht so, wie ich mich gefühlt habe, als Pornpeius Magnus mir aus Mutina Brutus’ Asche geschickt hatte.«
»Deine Kindheit war ein einziger Horror«, sagte er, stand auf und kam zu ihr herüber. »Aber deinen ersten Ehemann hast du weder geliebt noch erwählt. Er war nichts weiter als der Mann, der dir deinen Sohn gemacht hat.«
Sie hob das Gesicht seinen Lippen entgegen. Noch nie war ihr so bewußt gewesen, was Caesars Kuß ausmachte, denn sie hatte sich immer viel zu sehr danach verzehrt, um ihn genießen und analysieren zu können. Die vollkommene Verschmelzung von Verstand und Gefühl, dachte sie und legte die Arme um seinen Hals. Seine Haut war wettergegerbt, ein wenig kratzig, und er roch ganz schwach nach einem Opferfeuer, nach Asche in einem erkalteten Kamin. Vielleicht, fragte ihr Verstand trotz der Berührung und des Geruchs weiter, geht es mir darum, mir für immer etwas von seiner Kraft zu sichern, und das bekomme ich nur auf diese Weise; wenn unsere Körper sich aneinanderschmiegen, wenn er in mir ist, sind wir beide für ein paar Augenblicke allen Wissens um andere Dinge enthoben und existieren nur einer im anderen...
Keiner von beiden sagte mehr etwas. Sie waren beide kurz eingeschlafen, und als sie erwachten, war sie plötzlich wieder da: die Welt mit ihren schreienden Kindern, kreischenden Frauen, hustenden Männern, dem Geholpere der Karren auf den Pflastersteinen, dem dumpfen Hämmern von Werkzeugen in einer nahe gelegenen Fabrik, dem zarten Zittern des Volcanus aus tiefster Erdentiefe.
»Nichts dauert ewig«, sagte Servilia.
»Auch wir nicht, wie ich dir gesagt habe.«
»Aber wir haben unsere Namen, Caesar. Wenn die nicht vergessen werden, ist das auch eine Art Unsterblichkeit.«
»Die einzige, nach der ich strebe.«
Ein Groll stieg in ihr auf, sie wandte sich von ihm ab. »Du bist ein Mann, du hast die Möglichkeit dazu. Aber was ist mit mir?«
»Was soll mit dir sein?« fragte er und zog ihr Gesicht zu sich her.
»Das war keine philosophische Frage«, sagt sie.
»Nein, war es nicht.«
Sie setzte sich auf und umschlang ihre Knie mit den Händen, der zarte, dunkle Flaum zwischen ihren Schultern wurde von der Fülle des herabfallenden schwarzen Haars verdeckt.
»Wie alt bist du, Servilia?«
»Ich werde dreiundvierzig.«
Auch Caesar setzte sich auf. »Willst du wieder heiraten?«
»Ja, gern.«
»Wen?«
Sie sah ihn aus großen Augen an. »Wen wohl, Caesar?«
»Ich kann dich nicht heiraten, Servilia.«
Ihre Erschütterung war deutlich zu spüren; sie zuckte zusammen. »Warum nicht?«
»Zum einen sind da unsere Kinder. Es wäre nicht gegen das Gesetz, wenn wir heiraten und auch unsere Kinder eine Ehe eingehen. Der Verwandtschaftsgrad wäre zulässig. Aber es wäre zu beschämend, und ich will es ihnen nicht antun.«
»Das ist eine Ausrede«, erwiderte sie verkniffen.
»Nein, ist es nicht. Damit ist es mir sehr ernst.«
»Und was noch?«
»Du hast doch gehört, was ich gesagt habe, als ich mich von Pompeia scheiden ließ? >Caesars Frau muß über jeden Verdacht erhaben sein!<«
»Bin ich das nicht?«
»Nein, das bist du nicht.«
»Caesar, das ist nicht wahr! Man sagt mir nach, ich sei zu stolz, um mich mit Jupiter Optimus Maximus zusammenzutun.«
»Aber du warst nicht zu stolz, dich mit mir zusammenzutun.«
»Natürlich nicht!«
Er zuckte die Achseln. »Da siehst du’s.«
»Was?«
»Daß du nicht über jeden Verdacht erhaben bist. Du bist eine untreue Ehefrau.«
»Bin ich nicht.«
»Aber sicher! Jahrelang hast du deinen Mann betrogen.«
»Aber nur mit dir, Caesar, mit niemandem sonst! Nicht ein einziges Mal davor, und auch dich habe ich nicht betrogen, nicht einmal mit Silanus!«
»Was sollte es für eine Rolle spielen«, sagte Caesar gleichgültig, »daß du es nur mit mir getan hast? Du bist eine untreue Ehefrau.«
»Aber dir war ich nicht untreu!«
»Woher soll ich das wissen? Du warst Silanus untreu. Warum nicht auch mir?«
Es war ein Alptraum; um eine Antwort auf seine ungeheuerlichen Äußerungen bemüht, holte Servilia tief Luft. »Vor dir waren alle Männer schal«, sagte sie, »und alle, die nach dir kommen, werden auch schal sein.«
»Ich heirate dich nicht, Servilia. Du bist über keinen Verdacht und über keinen Vorwurf
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