MoR 04 - Caesars Frauen
Machte er später bei der strafrechtlichen Untersuchung seine Aussage, brauchte er kein schlechtes Gewissen zu haben, war er doch schließlich zu genau dem Zweck angeworben worden, ehe er Geld annahm. Aus diesem Grund war es den meisten Männern, die man wegen Wahlbestechung strafrechtlich verfolgte, gelungen, gewählt zu werden: von Publius Sulla über Autronius bis zu Murena. Ungern vergeudete man die Gerichtszeiten für Versager.
Normalerweise gab es bis zu zehn Kandidaten für das Amt des Konsuls, im Durchschnitt aber sechs oder sieben, wovon mindestens die Hälfte aus den berühmten Familien stammte. Die Wähler hatten daher eine recht breite und facettenreiche Auswahl. Doch in dem Jahr, in welchem Caesar für das Amt des Konsuls kandidierte, waren Bibulus und die boni von Fortuna begünstigt. In den meisten Provinzen war die Amtszeit der Prätoren verlängert worden; sie hielten sich daher nicht in Rom auf, um für eine Wahl zu kandidieren, die so klar zugunsten eines Mannes verlaufen würde: Jeder politisch denkende Römer wußte, daß Caesar nicht verlieren konnte. Und diese Tatsache verringerte die Aussichten aller anderen Bewerber. Nur ein Mann außer Caesar konnte Konsul werden, und er würde den Platz des Zweiten Konsuls einnehmen. Caesar würde zweifelsohne mit Abstand die meisten Wahlstimmen erringen und daher Erster Konsul werden. Aus diesem Grunde entschieden sich viele Männer, die das Konsulamt anstrebten, gegen eine Kandidatur im selben Wahljahr wie Caesar. Jede Niederlage war schädlich.
Und so beschlossen die boni, alles auf einen Mann, nämlich Marcus Calpurnius Bibulus, zu setzen; sie versuchten, potentielle Kandidaten aus alten oder vornehmen Familien zu überreden, nicht gegen Bibulus zu kandidieren. Er mußte Zweiter Konsul werden! Als Zweiter Konsul würde er sich in einer Position befinden, in der er seinem Mitkonsul Caesar das Leben schwermachen konnte.
Schließlich blieben vier Kandidaten übrig, von denen nur zwei aus vornehmen Familien stammten — Caesar und Bibulus. Die beiden anderen waren neue Männer, und nur einer hatte eine Chance — Lucius Lucceius, ein bekannter Advokat und treuer Anhänger des Pompeius. Lucceius würde zweifellos bestechen, da er Pompeius’ Reichtum hinter sich und außerdem ein ansehnliches eigenes Vermögen hatte. Die Summe, die Lucceius als Bestechungsgeld zur Verfügung stand, gab ihm eine gewisse, wenn auch kleine Chance. Bibulus war ein Capurnius, er hatte die boni im Rücken und würde ebenfalls auf Bestechung setzen.
Caesar überschritt Roms Stadtgrenze bei Tagesanbruch. Mit Balbus als einzigem Begleiter ging er die Via Lata bis zum Hügel der Bankiers entlang und betrat die Stadt durch die porta Fontinalis; dann stieg er hinab zum Forum, das Lautumiae-Gefängnis zu seiner Rechten, die Basilica Porcia zur Linken. Er überraschte den kurulischen Wahlbeamten Metellus Celer dabei, wie er vor seiner Wahlkabine stand, völlig versunken in den Anblick eines Adlers, der auf dem Dach des Castor-Tempels thronte, und ohne jede Aufmerksamkeit für die aus der Richtung des Gefängnisses kommenden Passanten.
»Ein interessantes Omen«, sagte Caesar.
Celer schnappte nach Luft, erstickte fast daran, türmte all seine Papiere zu einem Stapel und sprang auf. »Du kommst zu spät, die Wahlkabine ist bereits geschlossen«, rief er.
»Komm schon, Celer, derart verfassungswidrig wagst du dich doch wohl nicht zu verhalten. Ich bin hier, um an den Nonen des Juni offiziell meine Kandidatur für das Amt des Konsuls zu erklären. Heute hast du geöffnet, das ist Senatsbeschluß. Und deshalb wirst du meine Kandidatur entgegennehmen. Ich sehe keinen Hinderungsgrund dafür.«
Mit einemmal hatte sich das untere Forum mit Menschen gefüllt; alle Klienten Caesars waren plötzlich da, darunter einer, der so prominent war, daß Celer es nicht wagte, seine Wahlkabine zu schließen. Marcus Crassus kam mit großen Schritten auf Caesar zu und stellte sich neben ihn.
»Gibt es Probleme, Caesar?« knurrte er.
»Nicht, daß ich wüßte, oder, Quintus Celer?«
»Du hast die Rechenschaftsberichte deiner Provinzen noch nicht vorgelegt.«
»Doch, Quintus Celer. Sie sind gestern morgen im Schatzamt eingetroffen, zusammen mit der Anweisung, sie schnellstmöglich prüfen zu lassen. Willst du mich zum Saturn-Tempel begleiten, um zu sehen, ob es Unstimmigkeiten gibt?«
»Ich nehme deine Kandidatur für das Amt des Konsuls an«, sagte Celer, lehnte sich vor und knurrte wütend: »Du
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