MoR 04 - Caesars Frauen
als außerhalb. Schließlich nimmt er an allen ihren Versammlungen teil — und ist eng mit Bibulus befreundet. Ich habe jahrelang darauf gewartet, daß jemand diese Falschmeldung wieder ausgräbt. Bibulus machte vor langer Zeit viel Aufhebens darum, dann schien das Interesse abzuflauen.« Ein Lächeln blitzte in seinem Gesicht auf, aber es lag keine Heiterkeit darin. »Freunde, ich kann euch jetzt schon sagen, daß dies eine äußerst schmutzige Wahl werden wird.«
»Die Senatssitzung war beklemmend«, sagte Crassus. »Man hätte eine Nadel fallen hören können. Nepos muß begriffen haben, daß er sich selbst mehr Schaden zugefügt hat als dir, denn als Afranius die Strafe verkündete, beschimpfte er ihn ähnlich rüde wie dich und verließ wutentbrannt den Raum.«
»Ich bin enttäuscht von Nepos. Ich dachte, er sei klüger.«
»Vielleicht kaschiert er ja auf diese Weise gewisse eigene Neigungen«, polterte Crassus. »Es war äußerst komisch damals, wenn er — als er noch Tribun war — bei Plebejischen Versammlungen mit seinen Wimpern klapperte oder ungeschlachten Klötzen wie Thermus Kußhändchen zuwarf.«
»All das«, erwiderte Caesar und erhob sich gleichzeitig mit Crassus, »gehört nicht zur Sache. Nepos hat meine dignitas angegriffen. Das bedeutet, daß ich Nepos angreifen muß.«
Als Caesar das Zimmer wieder betrat, nachdem er Crassus hinausbegleitet hatte, sah er, wie Balbus sich die Augen wischte.
»Kummer wegen eines nichtswürdigen Kerls wie Nepos?« fragte er.
»Ich kenne deinen Stolz und weiß, wie es dich trifft.«
»Ja«, seufzte Caesar, »ja, es tut weh, Balbus, auch wenn ich das nie gegenüber einem Römer meiner eigenen Klasse zugeben würde. Es wäre etwas anderes, wenn es die Wahrheit wäre, aber das ist es nicht. Der Vorwurf, homosexuell zu sein, ist in Rom eine Schmach. Die dignitas leidet darunter.«
»Ich finde, Rom ist da im Unrecht«, sagte Balbus liebenswürdig.
»Der Meinung bin ich auch. Doch die ist hier nicht von Belang. Maßgeblich ist nur das mos maiorum — unsere jahrhundertealten Traditionen und Gebräuche. Aus irgendeinem, mir unbekannten Grund ist Homosexualität bis heute nie gebilligt worden. Warum, glaubst du, hat sich vor zweihundert Jahren ein derartiger Widerstand gegen alles Griechische entwickelt?«
»Aber es gibt doch Homosexuelle auch in Rom.«
»Scharenweise, Balbus, und nicht nur in den Kreisen außerhalb des Senats. Cato der Zensor unterstellte Scipio Africanus, homosexuell zu sein, und Sulla war es ohne Zweifel ebenfalls. Wie dem auch sei, wäre das Leben ohne Schwierigkeiten, wie würden wir uns langweilen!«
Der Erste Konsul und Wahlbeamte Quintus Caecilius Metellus Celer hatte seine Wahlkabine im unteren Teil des Forums nahe dem Tribunal des Stadtprätors errichtet, und dort saß er nun, um die zahlreichen Bewerbungen für das Amt der Prätoren oder Konsuln zu prüfen. Sein Aufgabenbereich umfaßte ferner die anderen beiden Wahlen, die erst im Quinctilis stattfinden würden und Cato daher als Vorwand dienen konnten, den Bewerbungsschluß für die kurulischen Ämter vorzuverlegen. Auf diese Weise, meinte Cato, sei der Wahlbeamte in der Lage, seine kurulischen Kandidaten die angemessene Aufmerksamkeit angedeihen zu lassen, ehe er sich mit der Volks- und der Plebejischen Versammlung abzugeben habe.
Die Magistratskandidaten trugen die toga candida, ein Gewand von strahlendem Weiß, dessen Intensität dadurch erreicht wurde, daß man es tagelang in der Sonne bleichen und anschließend mit Kreide einreiben ließ. Im Gefolge der Kandidaten befanden sich all ihre Klienten und Freunde, je angesehener, desto besser. Wer kein gutes Gedächtnis besaß, der pflegte einen nomenclator anzustellen; seine Aufgabe war es, den Namen aller Männer, die ihnen auf ihrem Weg begegneten, in die unablässig gespitzten Ohren des Kandidaten zu wispern — was neuerdings ein wenig heikel war, da die nomenclatores offiziell für ungesetzlich erklärt worden waren.
War ein Kandidat schlau, faßte er sich in Geduld, und lieh jedem, der ihn sprechen wollte, sein Ohr, egal, wie weitschweifig sich dieser auch auslassen mochte. Traf er auf eine Mutter mit ihrem Säugling, schenkte er der Mutter ein Lächeln, den Säugling küßte er — hier waren selbstverständlich keine Stimmen zu erwarten, doch es war durchaus denkbar, daß die Frau den Ehemann dazu bewegen würde, ihn zu wählen. Ein Kandidat lachte stets laut, wenn es die Situation verlangte, weinte mitfühlend über
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