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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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die Chance, Roms Fängen eine Zeitlang zu entkommen. Aus der Distanz sah er manches, das vorher seiner Aufmerksamkeit entgangen war, in einem anderen Licht, und viele seiner Vorstellungen hatten sich gewandelt. Doch seine Ziele waren die gleichen geblieben: Er würde nicht nur Erster Mann in Rom sein, sondern der größte aller Ersten Männer, die Rom je gesehen hatte.
    Er hatte mittlerweile jedoch klar erkannt, daß diese Ziele unmöglich auf dem herkömmlichen, einfachen Weg zu erreichen waren. Männern wie Scipio Africanus und Gaius Marius war es noch gelungen, den gigantischen Schritt vom Amt des Konsuls zum militärischen Oberbefehlshaber zu machen und auf diese Weise Titel, Macht und bleibenden Ruhm zu erlangen. Dann aber hatte Cato der Zensor Scipio Africanus das Kreuz gebrochen, nachdem Scipio unbestreitbar Erster Mann in Rom geworden war; und Marius hatte sich von seinem Schlaganfall nie mehr erholt.
    Und doch hatte sich keiner von ihnen mit einer so organisierten und massiven Opposition wie den boni herumschlagen müssen. Die Präsenz der boni hatte die Situation radikal verändert.
    Caesar sah ein, daß er sein Ziel nicht im Alleingang erreichen konnte, daß er Verbündete mit mehr Macht benötigte, als ihm die Männer seiner Faktion — Männer wie Balbus und Publius Vatinius (dessen Reichtum und Intelligenz ihn unersetzlich machten), der große Bankier Gaius Oppius, Lucius Piso, der ihn vor den Geldverleihern gerettet hatte, Aulus Gabinius und Gaius Octavius (der Ehemann seiner Nichte, ein sehr wohlhabender Mann, der zudem noch Prätor war) — bieten konnten.
    Den Mann, den er jetzt brauchte, war Marcus Licinius Crassus. Wie erstaunlich, daß Fortuna ihm Crassus in die Arme gespielt hatte; die Steuerverträge setzten eine Entwicklung in Gang, die nicht vorhersehbar gewesen war. Wenn er als Erster Konsul eine Lösung für Crassus’ Angelegenheiten finden würde, so konnte er sich sämtlicher Beziehungen dieses Mannes für immer sicher sein.
    Aber er brauchte auch Pompeius den Großen. Doch wie konnte Caesar ihn an sich binden, wenn das Land für Pompeius’ Veteranen erst einmal sichergestellt war und man seine Siedlungen im Osten genehmigt hatte? Pompeius war weder ein treuer Römer noch eine dankbare Natur. Doch irgendwie mußte er ihn an seiner Seite haben, ohne sich seiner Dominanz zu unterwerfen.
    An diesem Punkt seiner Überlegungen drang Caesars Mutter in seine private Sphäre ein.
    »Du kommst genau im richtigen Moment«, sagte er lächelnd und erhob sich, um ihr in den Stuhl zu helfen, eine Höflichkeit, die er ihr nur selten erwies. »Mater, ich weiß jetzt, wohin mein Weg mich führen wird.«
    »Das überrascht mich nicht, Caesar. Zu den Sternen, versteht sich.«
    »Zumindest bis ans andere Ende der Welt.«
    Sie runzelte die Stirn. »Man hat dir wohl schon erzählt, was Metellus Nepos im Senat geäußert hat?«
    »Ja, Marcus Crassus tat es. Er war fassungslos.«
    »Nun, es mußte früher oder später wieder an die Oberfläche kommen. Wie wirst du damit umgehen?«
    Jetzt war es Caesar, der die Stirn runzelte. »Ich bin mir noch nicht sicher. Obwohl ich äußerst froh darüber bin, daß ich nicht selbst dort war, um ihn anzuhören — womöglich hätte ich ihn umgebracht, was meiner Laufbahn ganz und gar nicht förderlich gewesen wäre. Soll ich ihm vielleicht Kußhände zuwerfen, um den Verdacht von mir auf ihn zu lenken? Crassus meint ja, er habe gewisse Neigungen.«
    »Nein«, sagte sie bestimmt. »Das beste wäre es, ihn und die ganze Angelegenheit zu ignorieren. In deinem Kielwasser schwimmen mehr weibliche Leichen — bildhaft gesprochen —, als einst Adonis zu verzeichnen hatte. Du hattest weder eine heimliche Liebesgeschichte mit einem Mann, noch ist es deinen Feinden — trotz all ihrer Versuche — je gelungen, den Namen eines einzigen Mannes als Beweis anzuführen. Mehr als der arme alte König Nicomedes fällt ihnen doch nicht ein. Die Zeit wird Gras darüber wachsen lassen, Caesar. Ich weiß, daß du mit deiner Geduld langsam am Ende bist, doch ich bitte dich, zügle dich, wann immer dieses Thema zur Sprache kommt. Verschließe einfach deine Ohren.«
    »Ja, du hast recht.« Er seufzte. »Wie pflegte Sulla doch zu sagen? Kein anderer Mann habe einen so steinigen Weg zum Amt des Konsuls, eine so harte Amtszeit gehabt wie er. Ich fürchte, ich werde ihn noch in den Schatten stellen.«
    »Und das ist gut so. Sulla war allen anderen weit überlegen, und daran hat sich auch bis heute

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