MoR 04 - Caesars Frauen
nichts geändert.«
»Pompeius würde es niemals ertragen, verhaßt zu sein wie Sulla; ich jedoch möchte, offen gesagt, lieber gehaßt werden als in Vergessenheit geraten. Man weiß nie, was die Zukunft bringen wird. Man kann nur auf das Schlimmste gefaßt sein.«
»Und handeln«, sagte Aurelia.
»Das sowieso. Ist das Essen schon bereitet? Ich bin immer noch dabei, mir die fehlende Energie zuzuführen, die ich beim Rudern verbraucht habe.«
»Eigentlich kam ich, um dir zu sagen, daß es fertig ist.« Sie stand auf. »Mir gefällt Balbus. Ein Aristokrat durch und durch, nicht wahr?«
»Er kann, genau wie ich, die Spur seiner Ahnen um tausend Jahre zurückverfolgen. Er ist Punier. Sein wirklicher Name ist erstaunlich — Kinahu Hadasht Byblos.«
»Drei Namen? Ja, dann ist er Aristokrat.«
Sie traten auf den Gang hinaus und gingen auf die Tür des Speisezimmers zu.
»Und zwischen den Vestalinnen gibt es keine Schwierigkeiten?« fragte er.
»Überhaupt keine.«
»Und meine kleine Amsel?«
»Wächst und gedeiht.«
In diesem Augenblick kam Julia auf sie zu, und Caesar hatte die Muße, sie eingehend zu betrachten. Wie erwachsen sie in seiner Abwesenheit geworden war! Und wie schön! Oder war dies nur das Urteil des voreingenommenen Vaters?
Nein, sicher nicht. Julia hatte Caesars Knochenbau geerbt, der wiederum dem seiner Mutter glich. Der transparente Schimmer ihrer Haut und das helle füllige Haar verliehen Julia eine erlesene Zerbrechlichkeit, die sich in ihren großen blauen, von zartvioletten Schatten umspielten Augen widerspiegelte. Hochgewachsen wie ein Mann von durchschnittlicher Größe, war ihre Figur vielleicht ein wenig zu schlank, waren ihre Brüste wohl zu klein für manchen männlichen Geschmack; aber ihr Vater nahm wahr, daß sie ihre eigenen, ganz besonderen Reize hatte und viele Männer entzücken würde. Ob ich sie wohl begehren würde, wenn ich nicht ihr Vater wäre? Ich weiß es nicht, doch ich bin sicher, daß ich sie lieben würde. Sie ist eine wirkliche Julierin, und sie wird ihre Männer glücklich machen.
»Du wirst siebzehn im Januar«, sagte er, nachdem er ihr und Aurelia gegenüber auf dem locus consularis Platz genommen hatte, auf den sich jetzt Balbus setzte.
»Wie geht es Brutus?«
Caesar bemerkte, daß ihr Gesicht sich nicht aufgehellt hatte, als er den Namen ihres Verlobten nannte, und sie antwortete gelassen: »Es geht ihm gut, tata.«
»Beginnt er denn, im Forum auf sich aufmerksam zu machen?«
»Eher in Verlagskreisen. Er bekommt Preise für seine Epitome.« Sie lächelte. »Im Grunde interessiert er sich mehr für das Geschäftsleben, deshalb ist es auch schade, daß er Senator werden wird.«
»Mit Marcus Crassus als Vorbild? Der Senat wird ihm keinerlei Beschränkungen auferlegen, wenn er schlau ist.«
»Er ist schlau.« Julia atmete tief durch. »Er würde sich im öffentlichen Leben wesentlich besser bewähren, wenn seine Mutter ihn in Ruhe ließe.«
Caesars Lächeln zeigte keine Spur von Ärger. »Da stimme ich dir aus ganzem Herzen zu, meine Tochter. Wie oft habe ich ihr schon gesagt, sie solle achtgeben, daß sie keinen Hasenfuß aus ihm macht. Aber Servilia läßt sich nicht dreinreden.«
Der Name erregte die Aufmerksamkeit Aurelias. »Ich wußte doch, daß ich dir noch etwas auszurichten hatte, Caesar: Sie wünscht, dich zu sehen.«
Doch zunächst einmal war es Brutus, den Caesar zu Gesicht bekam; er war gerade eingetroffen, um Julia zu besuchen, als die vier aus dem Speisezimmer traten.
Die Zeit hatte den armen Brutus nicht eben anziehender gemacht. So jämmerlich wie eh und je reichte er Caesar seine schlaffe Hand; dabei war er nicht in der Lage, Caesars Blick standzuhalten, eine Eigenschaft, die diesen immer schon irritiert hatte, weil er sie für den Ausdruck von Unsicherheit hielt. Brutus’ schlimme Akne schien sich noch verschlechtert zu haben, obwohl sie — immerhin war er dreiundzwanzig Jahre — allmählich hätte nachlassen sollen. Wären die ungepflegten, dunklen Stoppeln auf Wangen, Kinn und Kiefer nicht gewesen, so hätte er vielleicht weniger unordentlich gewirkt; kein Wunder, daß er lieber an seinem Schreibtisch vor sich hinkritzelte, als öffentliche Reden zu schwingen. Hätte er nicht all das Geld und einen untadeligen Familienstammbaum im Hintergrund, wer in aller Welt würde ihn ernst nehmen?
Er war jedoch ganz offensichtlich noch ebenso verliebt in Julia wie einst. Liebenswürdig, sanft, treu und zärtlich. Wenn seine Augen auf ihr
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