MoR 04 - Caesars Frauen
will ja nicht mit Fulvia wetteifern.«
»Und was ist deiner Meinung nach geschehen, zwischen uns dreien, meine ich?«
Ihr Kinn fühlte sich eine Spur behaart an; sie mußte dringend damit anfangen, es zu zupfen. Servilia schob diesen Gedanken beiseite und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Caesars Frage.
»Daß du Pompeius auf die Rostra holtest, konnte ich noch als klugen Schachzug durchgehen lassen. Doch als ich Crassus sah, erstarrte ich. Ich fühlte mich an Crassus’ und Pompeius’ gemeinsame Zeit als Konsuln erinnert, nur mit dem Unterschied, daß sie sich diesmal rechts und links von dir aufgebaut hatten — und zwar ohne eine Spur von Unbehagen. Ihr drei zusammen wirktet wie ein Berg, der aus drei Teilen besteht. Äußerst beeindruckend! Ich gebe zu, ich war verblüfft. Caesar, du hast doch keinen Pakt mit Pompeius Magnus geschlossen, oder?«
»Ganz sicher nicht«, antwortete er nachdrücklich. »Ich habe einen Pakt mit Crassus und einer Reihe von Bankiers geschlossen. Doch Magnus ist kein Narr, selbst du mußt das einräumen. Er braucht mich, um an Land für seine Veteranen zu kommen und um seine Siedlungen im Osten zu genehmigen. Mein Hauptanliegen ist es andererseits, in das finanzielle Chaos, das er mit der Eroberung des Ostens angerichtet hat, Ordnung zu bringen. In vieler Hinsicht hat er Rom belastet, nicht bereichert. Es wird zuviel verschwendet, man macht zu viele Zugeständnisse an die Wähler. Meine Strategie in diesem Jahre wird darin bestehen, soviel arme Leute wie möglich aus der Stadt Rom herauszutreiben, um das Schatzamt von der Bürde der Getreidezuteilungen zu entlasten und die unerledigten Steuerverträge unter Dach und Fach bringen. Außerdem will ich noch weiter gehen als Sulla, indem ich jenen Statthaltern Beschränkungen auferlege, die ihre Provinzen so regieren, als handele es sich um private Ländereien. Du wirst sehen, ich werde zum Held der Ritter avancieren.«
Sie war besänftigt, denn seine Antwort klang vernünftig. Doch auf dem Heimweg spürte sie noch einen Rest von Unbehagen. Caesar war schlau und skrupellos. Wenn er es für diplomatisch hielt, so würde er sie anlügen. Er war wahrscheinlich der herausragendste Mann, den Rom je hervorgebracht hatte. Sie hatte ihn monatelang beobachtet, während er seine lex agraria entworfen hatte; seine geistige Schärfe war überwältigend. Er hatte hundert Schreiber im Domus Publica untergebracht, die unermüdlich damit beschäftigt waren, Abschriften von dem anzufertigen, was er, ohne zu stocken, einer Schar weiterer Schreiber auf ihre Wachstafeln diktierte. Und herausgekommen war ein Gesetz, das bahnbrechend sein würde.
Ja, sie liebte ihn. Nicht einmal die tiefe Kränkung, die er ihr durch seine Zurückweisung zugefügt hatte, hatte sie von ihm fernhalten können. Gab es denn überhaupt etwas, das dies vermochte? Und war dies nicht der Grund, weshalb sie ihn für brillanter, begabter, fähiger halten mußte als jeden anderen Römer? Die Vorstellung allein war Balsam für ihren verletzten Stolz. Sie, eine Servilia Caepionis, sollte zu einem Mann zurückgekrochen kommen, der nicht der beste war, den Rom je hervorgebracht hatte? Unausdenkbar! Nein, ein Mann wie Caesar würde sich nie und nimmer mit einem Emporkömmling wie Pompeius aus Picenum verbünden! Besonders, da Caesars Tochter mit dem Sohn eines Mannes verlobt war, den Pompeius ermordet hatte.
Brutus wartete schon auf sie.
Früher hatte sie ihren Sohn schroff abgewiesen, wenn ihr nicht danach war, sich mit ihm abzugeben. Zur Zeit ertrug sie ihn mit mehr Geduld, und nicht etwa, weil Caesar meinte, sie sei zu streng mit ihm; nein, vielmehr hatte Caesars Zurückweisung die Situation auf subtile Weise verändert. Ein einziges Mal war ihr Verstand nicht in der Lage gewesen, ihre Gefühle zu beherrschen; als sie von jenem furchtbaren Gespräch nach Hause zurückgekehrt war, hatte sie ihren ganzen Kummer, die Wut und den Schmerz hemmungslos herausgeschrien. Das ganze Haus hatte gebebt, erschüttert, die Sklaven waren geflohen, und Brutus hatte sich in seinen Räumen versteckt. Doch dann war sie ins Arbeitszimmer ihres Sohnes gestürmt und hatte ihm gesagt, was sie von Julius Caesar dachte, der sie nicht heiraten würde, weil sie ihren Mann betrogen hatte.
»Betrogen!« brüllte sie, riß sich die Haare büschelsweise aus und zerkratzte sich Gesicht und Brust mit ihren spitzen Nägeln. »Mit wem denn betrogen! Mit ihm, doch nur mit ihm! Ich bin nicht gut genug für einen Julius
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