MoR 04 - Caesars Frauen
nicht. Ich bin Vollblutadvokat, und gesetzgebende Konsuln sind rar. Warum soll Cicero allein den Ruhm davontragen? Nein, ich will warten, bis ich ernsthaft Schwierigkeiten mit der lex agraria bekomme, dann lasse ich Vatinius und Alfius in Aktion treten — um den Fall verworrener zu machen.«
»Muß ich denn wirklich all den Papierkram lesen?« fragte Crassus.
»Gut wäre es, du könntest ja brillante Einfalle dazu haben. Aus deiner Sicht der Dinge allerdings gibt es an dem Entwurf nichts auszusetzen.«
»Mir kannst du nichts erzählen, Gaius. Mit keinem Trick der Welt wird es dir gelingen, achtzigtausend Menschen auf je zehn iugera ansiedeln, ohne den Ager Campanus und das capuanische Land hinzuzuziehen.«
»Ich hatte niemals vor, dir Märchen zu erzählen. Doch möchte ich den Schleier vor dem Raubtierkäfig noch nicht lüften.«
»Dann kann ich froh sein, daß ich nichts mehr mit der Latifundien-Landwirtschaft zu tun habe.«
»Und wie kam es dazu?«
»Zu viele Schwierigkeiten, unzureichende Profite. All diese Morgen Land mit den wenigen Schafen samt ihren Hirten; viel Ärger, um die Trupps zur Arbeit zu bewegen — die Männer leben in den Tag hinein, Gaius. Sieh dir doch Atticus an. So sehr ich den Mann auch verabscheue — er ist zu intelligent, um eine halbe Million iugera Weideland in Italia zu bewirtschaften. Sie hören sich recht gerne sagen: >Wir bewirtschaften eine halbe Million iugera!< — auf mehr läuft es aber nicht hinaus. Das beste Beispiel hierfür ist Lucullus. Mehr Geld als Verstand. Oder Geschmack, wiewohl er das bestreiten würde. Vom Staat gepachtetes Weideland zu bewirtschaften ist eine Freizeitgesaltung für Senatoren, keine Beschäftigung für Ritter. Vielleicht verschafft es einem Senator einen Zensus von einer Million Sesterzen, doch was sind eine Million Sesterzen, Caesar? Lumpige vierzig Talente! Die mache ich an einem Tag, wenn ich —« er grinste, zuckte die Achseln, »doch ich schweige lieber. Sonst plauderst du es noch an die Zensoren aus.«
Caesar nahm den Saum seiner Toga und begann, quer über das untere Forum, in Richtung des Velabrum, zu laufen. »Gaius Curio! Gaius Cassius! So wartet doch! Kommt doch zurück! Ich habe eine Meldung zu machen!«
Unter den gebannten Blicken mehrerer hundert Ritter und Forumsbesucher raffte auch Crassus seine Toga und nahm die Verfolgung auf. »Nein, nicht!« rief er dabei laut.
Caesar hielt an, ließ sich von Crassus einholen und beide brachen in brüllendes Gelächter aus, bevor sie ihren Weg zum Domus Publica fortsetzten. Zwei der berühmtesten Männer Roms liefen so ausgelassen durch die Straßen? Der Mond war doch noch nicht am Zunehmen, geschweige denn voll!
Während des gesamten Monats Februar hielt der Kampf zwischen Caesar und den boni wegen des Gesetzes zur Landreform unvermindert an. In jeder einzelnen Senatssitzung, in der es Thema war, betrieb Cato Obstruktion. Da Caesar wissen wollte, ob diese Taktik noch erfolgsversprechend war, ließ er Cato von seinen Liktoren ins Lautumiae-Gefängnis schaffen; Cato ging hocherhobenen Kopfes und mit dem Blick des Märtyrers auf seinem Pferdegesicht, gefolgt von seinen boni -Freunden, die ihm laut Beifall spendeten. Nein, es bewährte sich nicht mehr; Caesar gab seinen Liktoren Befehl, worauf Cato zu seinem Platz im Senat zurückkehrte und weiter Obstruktion betrieb.
So blieb Caesar nichts anderes übrig, als die Angelegenheit nicht dem Senat, sondern der Volksversammlung vorzulegen. Er würde den Entwurf jetzt in der contio den ganzen Februar hindurch zur Diskussion stellen müssen, gerade in dem Monat, in dem Bibulus die Amtsgeschäfte führte und sich dem Konsul auf legale Weise widersetzen konnte. So wußte niemand, ob die Abstimmung im Februar oder erst im März stattfinden würde.
»Wenn du so sehr gegen dieses Gesetz bist, Marcus Bibulus«, rief Caesar bei der ersten contio in der Volksversammlung, »dann nenne mir den Grund dafür! Es genügt nicht, einfach dazustehen und darüber zu zetern. Du mußt dieser rechtsgültigen Versammlung römischer Bürger mitteilen, welche Mängel du dem Gesetz unterstellst. Da biete ich den Chancenlosen unter uns eine Chance an und tue das, ohne den Staat zu ruinieren oder Landeseigentümer zu betrügen und unter Druck zu setzen. Doch alles, was dir dazu einfällt, ist, daß du dagegen bist. Sag uns, warum!«
»Ich bin dagegen, weil du es veröffentlichst, Caesar, aus keinem anderen Grunde! Was immer du auch tust, es ist verflucht, unheilig,
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