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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Angelegenheit, durch einen Boten angekündigt und gekleidet in das Gewand des Pontifex Maximus. Hatte er alles verdorben, weil er darum gebeten hatte, Julia ein Jahr früher als vereinbart heiraten zu dürfen? Warum nur wurde er das Gefühl nicht los, all dies habe mit Julia zu tun? Und warum sah er nicht wie Caesar aus? Makelloses Gesicht, makelloser Körper. Mama würde schon lange das Interesse an Caesar verloren haben, wenn es anders wäre.
    Der Pontifex Maximus setzte sich nicht, machte jedoch einen ruhigen und gefaßten Eindruck.
    »Brutus«, wandte er sich an ihn, »ich weiß nicht, wie man eine schlechte Nachricht schonungsvoll überbringen kann; deshalb werde ich offen zu dir sprechen. Ich breche deinen Verlobungsvertrag mit Julia.« Er legte eine schmale Schriftrolle auf den Tisch. »Dies ist eine Zahlungsanweisung für meine Bankiers über die Summe von einhundert Talenten, wie vereinbart. Es tut mir aufrichtig leid.«
    Brutus war so schockiert, daß er in einen Sessel niedersank.
    Dort saß der Arme nun mit offenem Mund, unfähig, ein Wort des Protestes auszustoßen. Der Ausdruck seiner großen, ruhelosen Augen erinnerte an einen alten Hund, der weiß, daß sein geliebter Herr ihn töten lassen wird, weil er ihm nicht mehr von Nutzen ist. Sein Mund schloß sich, wollte Worte formulieren, doch er brachte keine Silbe hervor. Und dann erlosch der Glanz in seinen Augen so rasch wie der einer erstickten Kerze.
    »Es tut mir wirklich leid«, sagte Caesar noch einmal und mit mehr Wärme als vorher.
    Der Schreck hatte Servilia aus ihrem Sessel hochspringen lassen, doch auch sie fand lange keine Worte. Ihre Augen wanderten zu Brutus, sahen den Glanz in seinen Augen vergehen; doch sie verstand nicht, was in Brutus wirklich vorging, waren sie doch beide charakterlich so verschieden wie Antiochus und Olisippo.
    Es war Caesar, der den Schmerz von Brutus fühlte, nicht Servilia. Er selbst war nie von einer Frau so eingenommen gewesen wie Brutus von Julia; und doch verstand er nur zu gut, was sie für ihn bedeutet hatte. Er fragte sich, ob er den Mut besessen hätte, Brutus so zu vernichten, wenn er vorher darum gewußt hätte. Doch, Caesar, auch dann hättest du es getan, mußt er sich eingestehen. Du hast schon vor ihm andere vernichtet und wirst es weiterhin tun. Doch selten so wie jetzt. Der arme, arme Junge! Er wird nie wieder ganz der Alte sein. Seit seinem vierzehnten Lebensjahr wollte er meine Tochter haben, nie war er wankelmütig oder zögernd. Und ich habe ihn vernichtet — zumindest jenen lebendigen Teil in ihm, den er vor seiner Mutter retten konnte. Wie grauenhaft, der Spielball zweier skrupelloser Menschen wie Servilia und mir zu sein. Silanus war auch ein Opfer, doch nicht in demselben Maße wie Brutus. Ja, wir haben ihn vernichtet. Von jetzt an wird er als ein Gespenst durchs Leben gehen.
    »Warum?« fragte Servilia rauh; sie rang noch immer nach Luft.
    »Es tut mir leid, doch ich brauche Julia, um eine andere Verbindung einzugehen.«
    »Eine bessere Partie als ein Caepio Brutus? Das gibt es nicht!«
    »Ganz sicher nicht, was seine Vorzüge angeht, seine Freundlichkeit und Zärtlichkeit, sein Ehrgefühl und seine Integrität. Es war ein Privileg für mich, deinen Sohn so viele Jahre lang als Gast in meiner Familie empfangen zu dürfen. Doch es bleibt eine Tatsache, daß ich Julia brauche, um ein anderes Bündnis einzugehen.«
    »Meinst du damit, du opferst meinen Sohn um deiner politischen Ziele willen, Caesar?« fragte sie scharf.
    »Ja. Genauso, wie du meine Tochter opfern würdest, wenn es deinen Zwecken diente, Servilia. Wir setzen Kinder in die Welt, um unseren Ruhm an sie weiterzuvererben. Der Preis, den unsere Kinder dafür zahlen müssen, ist es, unseren Bedürfnissen und denen unserer Familie zu dienen. Sie kennen keine Armut, sie kennen keine Not. Es mangelt ihnen weder an Bildung noch an kaufmännischen Fähigkeiten. Doch es wären törichte Eltern, die ihr Kind so erzögen, daß es nicht den Preis verstehen lernte, den man für noble Herkunft, Reichtum und Bildung zahlen muß. Die unterste Bürgerklasse kann ihre Kinder nach ihrem Gutdünken hätscheln und verziehen. Doch unsere Kinder sind Diener ihrer Familien, und wenn sie einmal an der Reihe sind, erwarten auch sie von ihren Kindern, was wir heute von ihnen erwarten. Familienbande sind unkündbar. Wir Römer erschaffen uns unsere eigenen Götter, Servilia, und alle wahrhaft römischen Götter sind Familiengötter. Götter des Herdes und

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