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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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wie eine Perle. Eine Perle? Ja, eine Perle! Das Ding, das Caesar ihr in den Schoß geworfen hatte, war eine Perle, groß wie die größte Erdbeere, die sich auf einer capuanischen Waldlichtung finden ließe — ein wahres Wunder.
    Servilia schätzte Juwelen sehr, doch Meeresperlen liebte sie mehr als alles andere. Langsam verebbte ihre Wut, als ob die kostbare, blaßrote Perle sie aufgesogen hätte. Wie sinnlich sie sich anfühlte, wie glatt und kühl, wie wollüstig!
    Ein Geräusch störte sie in ihren Gedanken. Servilia sah hoch. Brutus war ohnmächtig zu Boden gefallen.
    Nachdem der halb besinnungslose und verwirrte Brutus in sein Bett gebracht worden war und man ihm rasch einen einschläfernden Kräutertrank verarbreicht hatte, warf Servilia sich einen Umhang über und suchte Fabricius, den Perlenhändler, im Porticus Margaritaria auf. Er konnte sich noch gut an die Perle erinnern und wußte genau, woher sie stammte; er wunderte sich nur insgeheim, wie ein Mann ein solch erlesenes Exemplar an eine Frau verschenken konnte, die sich weder durch herausragende Schönheit noch durch Jugend auszeichnete. Er schätzte die Perle auf sechs Millionen Sesterzen und kam mit Servilia überein, sie in eine kleine Umhüllung aus feinstem Golddraht hineinzusetzen, die an einer schweren Goldkette befestigt werden sollte. Weder Fabricius noch Servilia waren dafür, die Vertiefung an dem oberen Ende der Perle zu durchbohren; ein solches Wunder mußte unversehrt bleiben.
    Vom Porticus Margaritaria waren es nur ein paar Schritte bis zum Domus Publica, wo Servilia darum bat, Aurelia sprechen zu dürfen.
    »Du bist selbstverständlich auf seiner Seite!« sagte sie böse zu Caesars Mutter.
    Aurelia hob die feinen schwarzen Augenbrauen, was ihr sehr große Ähnlichkeit mit ihrem Sohn verlieh. »Natürlich«, antwortete sie gelassen.
    »Aber Pompeius Magnus? Caesar verrät ja seine eigene Klasse!«
    »Ich bitte dich, Servilia, du solltest Caesar wirklich besser kennen! Caesar zieht es stets vor, seine Verluste abzuschreiben, bevor er sich ins eigene Fleisch schneidet. Er tut, was er will, weil das, was er will, auch das ist, was er tun sollte. Müssen Brauchtum und Sitte darunter leiden, so ist das bedauerlich. Er braucht Pompeius, und du verfügst über genügend politischen Scharfsinn, um es verstehen zu können. Du weißt auch, wie riskant es ist, sich von Pompeius abhängig zu machen, ohne ihn — sturmsicher — an einem Anker fest vertäut zu haben.« Aurelia verzog das Gesicht.
    »Die Auflösung der Verlobung kommt Caesar teuer zu stehen, nach allem, was ich von ihm hörte, als er von Brutus und dir zurückkehrte. Der beklagenswerte Zustand deines Sohnes hat ihn tief bewegt.«
    Es war Servilia nicht einmal in den Sinn gekommen, über Brutus’ nachzudenken, da sie ihn als ihr tödlich beleidigtes Eigentum, nicht als eigene Persönlichkeit betrachtete. Sie liebte Brutus ebenso wie Caesar, doch so, als stecke er in ihrer eigenen Haut, als fühle er genau wie sie. Gleichwohl wurde sie nie gänzlich schlau daraus, warum sein Verhalten schon seit Jahren nicht mehr dem ihren ähnelte. Seine Ohnmacht hatte sie ausgesprochen übertrieben gefunden.
    »Arme Julia!« sagte sie, in Gedanken ganz bei ihrer Perle.
    Julias Großmutter mußte lachen. »Arme Julia? Nichts weniger als das! Sie ist im siebten Himmel.«
    Das Blut wich aus Servilias Wangen.
    »Du willst doch nicht behaupten...?«
    »Hat Caesar euch denn nichts gesagt? Sein Mitleid mit Brutus muß zu groß gewesen sein! Es ist eine Liebesheirat, Servilia.«
    »Das kann nicht sein!«
    »Doch, glaube mir, Julia und Pompeius sind verliebt.«
    »Aber sie liebt doch Brutus!«
    »Nein, sie hat Brutus nie geliebt, das ist das Tragische daran. Sie war entschlossen, ihn zu heiraten, weil ihr Vater es von ihr verlangte. Weil wir es alle taten, und weil sie ein braves, fügsames Mädchen ist.«
    »Sie sucht in Pompeius ihren Vater«, sagte Servilia kategorisch.
    »Vielleicht.«
    »Aber Pompeius ähnelt Caesar ganz und gar nicht. Sie wird es noch bereuen.«
    »Ich glaube, daß sie glücklich wird. Sie weiß, daß Pompeius und Caesar unterschiedlich sind, doch sie besitzen auch Gemeinsamkeiten. Beide sind Soldaten, beide tapfer, beide heroisch. Julia ist sich ihrer noblen Herkunft niemals sonderlich bewußt gewesen, hat nie das Patriziat vergöttert. Was du an Pompeius verabscheuungswürdig findest, kann Julia nicht im geringsten aus der Fassung bringen. Ich denke, daß er durch sie ein wenig

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